Die Tage vom 22. bis 28. Oktober sind Italienische Filmtage im Programmkino Central. Zehn neue Filme, die meisten aus dem letzten Jahr, laufen in Originalfassung mit deutschen Untertiteln. Das Organisationsteam erklärt, warum das so gut funktioniert: der langjährige Grünen-Stadtrat Antonino Pecoraro, Vorstandsmitglied Heidrun Podszus und der emeritierte Romanistik-Professor Richard Schwaderer.
Richard Schwaderer: Zunächst einmal hat der italienische Neorealismus nach dem Zweiten Weltkrieg den ersten Erneuerungsschub des europäischen Kinos gebracht. Daraus sind dann in den 1950er Jahren mit Fellini, Visconti , Antonioni, Pasolini die führenden Regisseure Europas hervorgegangen.
Heidrun Podszus: Zu einer Zeit, als hier noch der Heimatfilm den Ton angab.
Schwaderer: Dazu kommt eine weitere Besonderheit: Das Kino war und ist in Italien sehr populär, und zwar als Kunstform, nicht als Volksbelustigung. Es gibt natürlich schrecklich flache Streifen. Aber in meiner Einschätzung nach liegt das mittlere Niveau heute noch auf der Ebene von Arthouse-Produktionen. Und heutige Regisseure werden immer noch mit den ganz Großen der Vergangenheit verglichen. Da lastet schon ein ordentliches Gewicht auf ihren Schultern.
Podszus: Wir machen das inzwischen zum zwölften Mal, nach dem legendären Start, den die Italienischen Filmtage im ersten Jahr hingelegt haben. Dazu gab es anlässlich der Schließung des Corso-Kinos die Unterschriftenaktion mit der Forderung: Wir wollen ein Programmkino! So gesehen ist das Central ja sogar eine Entwicklung aus den Italienischen Filmtagen! Jedenfalls ist die Reihe bis heute unser bestlaufendes Sonderprogramm im Central.
In mehreren Jahren waren es jeweils über 1000. Jetzt können wir wegen Corona nur knapp 50 Sessel belegen. Bei 20 Vorstellungen geht sich das zum Glück auch heuer wieder aus. In Würzburg leben ja viele Leute mit italienischen Neigungen. Wir sind froh, dass wir dadurch so etwas Besonderes bringen können. Außerdem zeigen wir nach Möglichkeit sowieso jeden nicht-deutschsprachigen Film wenigstens einmal in Originalfassung.
Antonino Pecoraro: Im Programmheft wird der Inhalt von jedem Film in zwei Sprachen erklärt. Damit hat der Zuschauer etwas in der Hand, um entspannter zuzuschauen.
Podszus: Ein Film ist ein Film ist ein Film. Und Filme vermitteln einen großen Teil ihres Inhalts über Bilder. Da muss man nicht jeden Untertitel bis zum Ende lesen. Die deutschen Zuschauer mit ihrer Gewöhnung an die Synchronisation wollen im Kino zu sorgfältig sein. Man kann sich aber eine andere Technik angewöhnen und die Untertitel nur am Rande mitnehmen.
Schwaderer: Italienische Filme sind ja auch bei weitem nicht so dialoglastig wie ein Teil des französischen Kinos. Sie sind viel bildorientierter. Man wird nicht durch Dauerdialoge abgelenkt. Außerdem sprechen Italiener gar nicht so schnell. Man hat nachgemessen, dass in Spanien und Japan deutlich mehr Informationen in derselben Zeit vermittelt werden. Italiener sprechen oft laut und mit vielen Gesten – aber diese Energie darf man nicht mit Geschwindigkeit gleichsetzen.
Podszus: "Palazzo di giustitia" ist ein Film über die Flure und Räume und wartenden Menschen eines Gerichts, die sonst nicht beachtet werden. Ich mag es, wenn Filmemacher sich mit Nebensachen befassen.
Pecoraro: "Il sindaco del Rione Sanità” spielt in einem der ärmsten Viertel von Neapel und befasst sich mit der Kriminalität. Es ist wichtig, dass Italiener auch zur Selbstkritik fähig sind, um aus eigenem Impuls etwas ändern zu können.
Schwaderer: Ich habe vor vielen Jahren "La dolce vita" deutsch synchronisiert auf einer großen Leinwand gesehen, danach zwar im Original, aber nur auf dem kleinen Fernsehbildschirm. Jetzt kommt er im Großformat in Italienisch – das wird für mich ein ganz großes Erlebnis.
Podszus: Wir sind zum Glück ein neues Kino und können die Laufwege und getrennte Ein- und Ausgänge ziemlich leicht einrichten und die Abstände der Sitze großzügig auf Abstand einteilen. Die Lüftungsanlage führt Frischluft von unten heran und vom Publikum weg nach oben wieder ab – auch sehr günstig. Das Foyer wird einmal in der Stunde gründlich durchgelüftet. Und einiges mehr an kleinen Maßnahmen…
Pecoraro: Ich war zuerst skeptisch, ob die Italienischen Filmtage 2020 überhaupt stattfinden sollten. Aber dann habe ich mir das Hygienekonzept im Central genauer angeschaut und bin davon überzeugt. Man kann hier ohne Angst ins Kino gehen.
Kartenreservierungen www.central-bb.de oder 0931 78 011 057.