Zumindest laut der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen (AGfK) ist Würzburg seit vergangenen Donnerstag fahrradfreundlich. Damit wurde der Aufwand, den Politik und Behörden in den vergangenen drei Jahren betrieben haben, belohnt. Doch die Kommission wies auch darauf hin, dass der Weg noch nicht zu Ende sei.
Das finden auch die Leser dieser Zeitung. Sowohl eine Umfrage in den sozialen Medien, als auch eine Abstimmung im Artikel zur Entscheidung der Kommission zeigten: Zwei Drittel der insgesamt knapp 750 Teilnehmer empfinden Würzburg noch nicht als fahrradfreundlich. Nur knapp 20 Prozent bestätigten die Entscheidung der Kommission. Die Redaktion hat mit Vertretern verschiedener Interessengruppen gesprochen.
Christian Schuchardt, Oberbügermeister der Stadt Würzburg
Frage: Sind sie zufrieden mit dem Ergebnis?
Christian Schuchardt: Einerseits bin ich sehr zufrieden, es gibt aber andererseits noch viel zu tun. Das Gremium hat die erreichten Ziele und die Entwicklung ausdrücklich gelobt und auch die besonderen Herausforderungen, die sich durch Topographie und historische Altstadt ergeben, anerkannt.
Welchen Anteil am Gesamtverkehr soll der Radverkehr in Zukunft einnehmen?
Schuchardt: Wir hatten uns zum Ziel gesetzt, im vergangenen Jahr 16 Prozent zu erreichen. Unser Radverkehrsgutachten sagt, wir können im Jahr 2025 23 Prozent erreichen – wir wollen im Dienste der Umwelt und unserer Bevölkerung darüber liegen.
Heißt das nicht auch, dass andere Verkehrsteilnehmer eingeschränkt werden müssen?
Schuchardt: Ganz entschieden werde ich dafür eintreten, dass die einzelnen Verkehrsteilnehmer nicht gegeneinander ausgespielt werden und dass ganz ausdrücklich auch Fußgänger zu ihren Rechten kommen. Dass Würzburg zu lange alleine auf das Auto gesetzt hat, ist ein historischer Fakt. Aber man sollte auch auf dem Teppich bleiben und positive Entwicklungen zur Kenntnis nehmen und anerkennen.
Was sagen Sie zur Kritik, beispielsweise der Grünen Jugend, die ja während der Aktion mit Schildern auf Problemstellen aufmerksam gemacht hat?
Schuchardt: Ganz grundsätzlich begrüße ich es, wenn sich junge Menschen in die Politik einbringen. Aus politischer Taktiererei die in den letzten Jahren erzielten Erfolge zu diskreditieren, empfinde ich allerdings als vorgezogenen Wahlkampf: Ich habe den Eindruck, dass es bis zum März weniger darum geht, sachorientiert zu arbeiten, als die Verwaltung vor sich her zu treiben.
Patrick Friedl, Mitglied des Landtags und Stadtrat in Würzburg für die Grünen
Frage: Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Patrick Friedl: Ja und zwar in dreifacher Hinsicht. Erstens, weil Würzburg sich aufgerafft hat. Zweitens, weil wir aufgenommen wurden. Und drittens, weil uns die Kommission klare Handlungsaufträge erteilt hat.
Es gibt auch Kritik. Viele Radfahrer empfinden Würzburg nicht wirklich als fahrradfreundlich?
Friedl: Dafür habe ich Verständnis. Die Stadt hat die Kriterien des AGfK erfüllt, insofern ist die Ernennung durchaus gerechtfertigt. Allerdings würde der Satz: Würzburg will fahrradfreundlich sein, besser passen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Fahrradstadt Würzburg?
Friedl: Ich wünsche mir, dass Situationen wie in der Zeller Straße mit den alternierenden Schutzstreifen turnusmäßig neu behandelt werden. Ich verstehe, dass dort aktuell ein zu hohes Verkehrsaufkommen herrscht, aber wenn wir den Radverkehr steigern wollen, kann auch dort eine Einbahnstraße Sinn machen.
Wie hoch soll der Radverkehrsanteil ihrer Meinung nach in Zukunft sein und braucht es dafür Eingriffe in den motorisierten Verkehr?
Friedl: Auf jeden Fall. Man muss Entscheidungen treffen, die das Autofahren einschränken, um den Anteil des Radverkehrs zu erhöhen. 30 bis 35 Prozent Radverkehrsanteil am Gesamtverkehr muss ein Ziel für die Zukunft sein.
Hans-Jürgen Beck, Mitarbeiter in der Verkehrsgruppe des ADFC Kreisverbandes Würzburg sowie Sprecher der AG Radverkehr in der Lokalen Agenda 21
Frage: Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Hans-Jürgen Beck: Der ADFC, Kreisverband Würzburg, begrüßt zwar, dass die Stadt als dauerhaftes Mitglied aufgenommen wurde, fahrradfreundlich ist die Stadt deshalb noch lange nicht. Die Bewertungskommission hat der Stadt eine ganze Reihe von Aufgaben gegeben, welche sie in den nächsten Jahren abarbeiten muss. Mit einem solchen Anforderungskatalog bin ich dann schon zufrieden.
Wie könnte man Würzburg denn in Zukunft fahrradfreundlich machen?
Beck: Dazu braucht es vor allem ein Umdenken in der Verkehrsplanung. In Würzburg wird zuerst geschaut, ob die sogenannte "Leistungsfähigkeit" des KFZ-Verkehrs gewährleistet ist. Ich wünsche mir eine Verkehrswende, die diesen Namen wirklich verdient: einer Abkehr vom Auto und die Hinwendung zum Umweltverbund aus Fuß-, Rad- und öffentlichem Nahverkehr.
Gibt es Maßnahmen dafür ergriffen werden müssen?
Beck: Wir brauchen komfortable Brückenüberquerungen, Radverkehr, der nicht ständig durch für Autos optimierte Ampeln ausgebremst wird, mehr Fahrradstraßen, die den Namen verdienen und durchgängig sichere Radachsen.
Hätten Sie sich bei der Bereisung eine andere Routenführung gewünscht?
Beck: Natürlich hätte ich mir noch mehr Berücksichtigung von Problemstellen gewünscht, so z.B. die Löwenbrücke. Allerdings beinhaltete die Route bereits etliche Punkte, bei denen die Kommission mitunter sehr kritische Anmerkungen machte.
Wolfgang Weier, Geschäftsführer des Stadtmarketing "Würzburg macht Spass"
Frage: Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Wolfgang Weier: Ja, nachdem es ja lange hieß, Würzburg wäre nicht fahrradfreundlich, bin ich sehr zufrieden damit, dass sich die Mühen der vergangenen Jahre in der Stadtplanung ausgezahlt haben.
Welche Maßnahmen wünschen Sie sich für die Zukunft?
Weier: Meiner Meinung nach muss die Stadt Würzburg vernünftig mit allen Verkehrsmitteln erreichbar bleiben, denn es gibt Situationen, in denen Bürger mit dem Auto in die Stadt müssen. Der Ansatz, den Autoverkehr zu verdrängen ist also meiner Meinung nach falsch.
Wieso darf man den Autoverkehr nicht aus der Stadt verdrängen?
Weier: Wenn man das macht, wird das die Innenstadt schwächen und besonders die inhabergeführten Unternehmen möglicherweise zur Aufgabe zwingen. Wir haben aktuell eine sehr lebendige Innenstadt. Die wollen wir auch erhalten, deshalb sollte die Erreichbarkeit nicht eingeschränkt werden.
Was würden Sie denn alternativ vorschlagen?
Weier: Ich bin kein Freund von Verboten. Stattdessen müssen Möglichkeiten geschaffen werden. Dazu gehört der Ausbau von Radwegen, aber auch die bessere Anbindung an den ÖPNV, mehr Park&Ride-Parkplätze und eine bessere Anbindung der Stadtteile. Außerdem sollten zugunsten schönerer Gestaltungsmöglichkeiten der Innenstadt parkende Fahrzeuge von der Oberfläche verschwinden. Stattdessen brauchen wir mehr Parkgaragen oder Parkhäuser.
Vorfahrt auf Straßen und in dr INNENSTADT gepachtet zu haben. Wenn man sich beschwert, dass sie ohne zu schauen drauf losfahren, bekommt man von manchen noch den Stinkefinger gezeigt, keine Ausnahme!!, leider. Wenn jeder auf jeden Rücksicht nehmen würde, bräuchte man keine zusätzlichen Fahrradweg. Vielleicht sollte man auch mal darüber nachdenken, und nicht nur die lieben Radfahrer in Schutz nehmen, sondern auch mal denen zeigen, dass jeder Recht zum Fahren und zum Laufen hat. Ich plädiere vielmehr für eine Fahrradfreie Fußgängerzone in der Stadt. Hagelt jetzt bestimmt wieder KRITIK, aber damit kann ich leben.
ich (als Zumeist-Fußgänger) wäre begeistert. Dann müsste man aber für den Fahrradverkehr geeignete Alternativen anbieten - und "absteigen und schieben" zählt sicher nicht als solche.
Darüber hinaus müsste sich auch noch jemand drum kümmern, dass sich alle dran halten - denn so wenig wie das (in WÜ) kontrolliert wird, ist es kein Wunder, wenn alle machen was sie wollen/ diejenigen, die sich an die Regeln halten, selber schuld sind...
oder wird schon wieder alles madig gemacht.
Von heute auf morgen kann man nicht alles ändern und es gibt auch noch
andere Verkehrsteilnehmer