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Würzburg
Interview: Warum ein Würzburger Stiftungsnetzwerk mehr Durchschlagskraft für starke Bürger bringt
Fachkundiger  Gastredner beim Würzburger Stiftungstag: Prof. Michael Göring aus Hamburg.
Foto: Joachim Fildhaut | Fachkundiger  Gastredner beim Würzburger Stiftungstag: Prof. Michael Göring aus Hamburg.
Joachim Fildhaut
 |  aktualisiert: 05.10.2023 03:00 Uhr

Prof. Michael Göring, langjähriger Vorstandsvorsitzender der ZEIT-Stiftung und ehemaliger Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Stiftungen, sprach beim Netzwerk-Gründungstag im Pavillon des Juliusspitals über "Stadt und Stiftung: eine Verbindung fürs Leben". Wir fragten aus aktuellem Anlass nach Wesenszügen des Stiftungswesens im Allgemeinen und mit Rücksicht auf die Stadt Würzburg im Besonderen.

Frage: Warum sollten Stiftungen Netzwerke bilden?

Prof. Michael Göring: Eine Einzelstiftung allein hat selten die Kraft, sich medial so zu platzieren, dass sie von Politik, Verwaltung und Gesellschaft ernst genommen wird. Eine Initiative mehrerer Stiftungen hat da eine ganz andere Durchschlagskraft, ihre Wahrnehmung steigt beträchtlich. Zweitens lernt man sehr voneinander: Einige Stiftungen haben Erfahrungen gemacht, die andere nicht mehr selbst machen müssen, wenn sie sich untereinander austauschen. Das gilt nicht nur innerhalb eines lokalen Netzwerks. Mir gefällt es, wenn Initiativen ihre Fühler zu anderen Initiativen in anderen vergleichbaren Städten ausstrecken. Und mir gefällt es, wenn Stiftungen offen sind für Ideen, die vielleicht noch besser sind als die eigenen Ideen.

Was raten Sie den Würzburger Stiftungen?

Göring: Sie können mit dem Pfund wuchern, dass Würzburg eine Stiftungs-Hochburg ist. Dabei können sie zeigen: Das kann die Zivilgesellschaft leisten – und für bürgerschaftliches Engagement werben. Stiftungen müssen sich öffentlich dazu bekennen, dass sie sich für das Gemeinwohl engagieren und wichtige Bedeutung für die Demokratie haben. Sie haben einen großen Freiheitsspielraum, den sie letztlich der demokratischen Grundordnung verdanken, der sie durch ihr Tun etwas zurückgeben können.

Worin sehen Sie die wichtigste Zukunftsaufgabe von Stiftungen?

Göring: Die Transformation unserer Gesellschaft von der sozialen zur sozial-ökologischen Marktwirtschaft gelingt nur dann, wenn die Bevölkerung sie mitträgt. Wenn Stiftungen und ihre Verbünde gute Arbeit leisten, dann sagen die Leute: Ich spare elektrischen Strom, ich verzichte auf eine Flugreise, ich benutze die öffentlichen Nahverkehrsmittel statt das eigene Auto. Ich tue dies, weil ich die Einschränkungen für sinnvoll und überlebensnotwendig halte. In einer starken, verantwortungsbewussten Bürgergesellschaft erleben die Menschen Einschränkungen nicht nur als Verbote, sondern als Chancen.

Können Stiftungen besser mit der vielfach schlechtgeredeten Verbotspolitik umgehen?

Göring: Anschaulich und positiv gesprochen: Ich träume davon, dass es einer Stiftungsinitiative durch gemeinsames Auftreten und zusammen mit der betreffenden Stadtverwaltung gelingt, zum Beispiel eine Straße zu einer kommunikativen Fläche zu transformieren, indem die Autos dreihundert Meter außerhalb abgestellt werden und der öffentliche Raum zu einer Erlebnisstraße wird. Stiftungen sollten den Mut haben, immer wieder das Lebenswerte in den Mittelpunkt zu stellen.

Würzburg ist bekannt für seine vielen sehr kleinen Stiftungen. Sollten Stiftungen mit ähnlicher Zielsetzung fusionieren?

Die Kleinteiligkeit ist in diesem gesamten Sektor allgemein bekannt, nicht nur in Ihrer Stadt. Vor ein paar Jahren hatten noch rund sechzig Prozent aller Stiftungen ein Stiftungskapital von unter hunderttausend Euro. Mittlerweile mögen es nur noch fünfzig Prozent sein. Aber nein, das spricht nicht für Fusionen. Auch die kleinen Stiftungen sollten durchaus eigenständig bleiben – aber gemeinsam auftreten, gemeinsam arbeiten, gemeinsam ihre Ziele verfolgen und zusammen Projekte machen. Dafür sind Netzwerke wie das, was heute in Würzburg gegründet wurde, eine ausgesprochen gute Plattform.

 
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