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Würzburg
Internetseelsorge: Geistlicher Beistand aus dem Netz
Seit 20 Jahren bietet die Diözese Würzburg Beratung für Menschen in Krisensituationen an - im Internet und anonym. Wie Walter Lang so schon vielen helfen konnte.
Pastoralreferent Walter Lang leitet die Internetseelsorge der Diözese Würzburg. Pro Monat wenden sich etwa 40 Ratsuchende mit ihren Sorgen anonym an ihn und seine Mitarbeiter.
Foto: Daniel Peter | Pastoralreferent Walter Lang leitet die Internetseelsorge der Diözese Würzburg. Pro Monat wenden sich etwa 40 Ratsuchende mit ihren Sorgen anonym an ihn und seine Mitarbeiter.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:56 Uhr

Depression, Beziehungskrise, Einsamkeit: "Kummernetz" nannte die Diözese Würzburg ihr erstes Onlineportal, das 1998 an den Start ging. Der Diakon Uwe Holschuh und Walter Sauter, der damalige Leiter der Internetredaktion der Diözese,  hatten die Idee zu diesem Angebot. Heute leitet Pastoralreferent und Theologe Walter Lang den Bereich Internetseelsorge, zu dem das Portal www.internetseelsorge.de gehört. Zusammen mit 20 Mitarbeitern bearbeitet er bis zu 40 E-Mails im Monat, in denen Internetnutzer anonym ihr Herz ausschütten. Spätestens nach 48 Stunden erhält der User Antwort – möglichst aber noch am selben Tag. "Dazu schreiben meine Mitarbeiter und ich etwa 2000 Mails pro Jahr", sagt Lang. 

Es geht um Sinnkrisen, Krankheiten und Tod

Alle Berater haben ein pastoralpsychologisches Studium absolviert und teilweise seelsorgerliche Zusatzqualifikationen erworben oder sind durch eine spezielle Ausbildung als Internetseelsorger qualifiziert. Anders als viele andere Online-Berater stellen sie sich auf der Internetseite persönlich vor: "Jeder User kann so selbst entscheiden, an welchen Berater er sich wenden möchte." Die Anfragen reichen von Sinnkrisen bis hin zu Selbstmordgedanken. Die meisten Mails betreffen Eheprobleme oder Schwierigkeiten im Job, sagt Lang, aber es geht auch um Krankheit und Tod – nur in etwa jede siebte Anfrage dreht sich um Glaubensfragen. 

Wer Fragen zu seinem Leben und Glauben hat, über Schwierigkeiten und Probleme mit jemandem in Kontakt kommen möchten, kann sich auf dem Portal internetseelsorge.de direkt an Seelsorger aus mehreren deutschen Bistümern wenden. 
Foto: Daniel Peter | Wer Fragen zu seinem Leben und Glauben hat, über Schwierigkeiten und Probleme mit jemandem in Kontakt kommen möchten, kann sich auf dem Portal internetseelsorge.de direkt an Seelsorger aus mehreren deutschen ...

Das Internet habe sich in den letzten Jahren vom reinen Informationsmedium zu einem Raum der Kommunikation entwickelt. "Auch die Kirche möchte diesen Raum besser nutzen", sagt Lang. Von der Online-Fürbitte bis zum seelsorglichen Einzelkontakt, von Internet-Exerzitien und spirituellen Impulsen bis zu Chat-Gottesdiensten gibt es bereits Angebote. Die Plattform internetseelsorge.deversteht sich als eine Art Beratungsstelle im Internet. "Die Kirche möchte hier erste Anlaufstelle für Menschen in einer Notsituation sein." Seit 2015 arbeiten sieben Bistümer, die alle ähnliche Angebote hatten, zusammen - neben Würzburg auch Freiburg, Aachen, Mainz, Osnabrück, Erfurt und Speyer. Der Mail-Dialog erfolgt über ein gesichertes Web-Mail-System und ist völlig anonym. 

Junge und ältere Menschen nutzen das Angebot

Junge und ältere Menschen aus allen Schichten und aus dem gesamten Bundesgebiet wenden sich mit ihren Sorgen an die Seelsorger, sagt Lang. "Zu Beginn waren es Männer und weniger Frauen bis 50, die auch beruflich viel mit dem Internet zu tun hatten. Inzwischen nutzen alle Altersschichten das Internet intensiv, so dass auch das Alter der Ratsuchenden angestiegen ist." Generell ist diese Form der Seelsorge sehr niedrigschwellig, so Lang. "Manche Menschen fühlen sich schon erleichtert, wenn sie ihre Probleme einfach einmal aufschreiben." 

Was sich im Laufe der letzten 20 Jahre verändert hat, ist in jedem Fall der Stil. "Früher haben die Leute noch mit Anrede und Schlussformel geschrieben, mittlerweile lassen das viele einfach weg", sagt der Theologe. Und: "Die meisten Leute erwarten auch sofort eine Antwort." Doch statt sofort fertige Lösungsvorschläge zu präsentieren, fragen Lang und sein Team erst mal genauer nach. „Auf diese Weise setzt sich der Ratsuchende automatisch intensiver mit seinem Problem auseinander und wir kommen dem Kern gemeinsam näher.“ 

Gemeinsam eine Lösung suchen

Bis zu sieben Mal geht der beratende Mailwechsel hin und her. „So lange dauert es in der Regel, bis die nötige Vertrauensbasis entstanden ist und sich der Ratsuchende ein Stück weit outet.“ Dann sucht Walter Lang gemeinsam mit den Betroffenen nach Beratungsangeboten vor Ort. Denn die Internetseelsorge kann eine Beratung von Angesicht zu Angesicht nicht ersetzen – erst recht nicht bei schwerwiegenden Lebensproblemen. „Aber wir können Menschen stärken, damit sie ihre Hemmungen vor einem persönlichen Beratungsgespräch überwinden.“

Problematisch sei es, dass die Berater im akuten Ernstfall zum Beispiel bei einem Suizid nicht eingreifen können. "Weil wir ja weder Namen geschweige denn die Adresse des Betreffenden kennen“, sagt Lang. Andererseits gibt gerade die Anonymität des Internets vielen die nötige Sicherheit, um den ersten Schritt zu machen und sich Hilfe zu suchen. Und das oft mit großem Erfolg: Manchmal erhalten die Online-Seelsorger noch nach Jahren Nachrichten ehemaliger User, die sich dafür bedanken, dass sie ihnen einst eine Stütze waren.

Das Portal internetseelsorge.de bietet Webmail-Seelsorge für Menschen in schwierigen Lebenssituationen. Das Angebot wendet sich an alle, die Fragen zu ihrem Leben und Glauben haben, und über Schwierigkeiten und Probleme mit jemandem in Kontakt kommen möchte. Alle Anfragen werden absolut vertraulich behandelt. Es entstehen keine Kosten.

 
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