
Die neue Internet-Mafia treibt auch in Unterfranken per E-Mail Schutzgeld ein – mit mieser Erpressung: Entweder man zahlt in der schwer nachverfolgbaren Internet-Währung Bitcoin. Oder es wird gedroht, dass unter der Email-Adresse der Opfer üble Inhalte an Firmenkunden geschickt werden.
In Unterfranken sind mit einer neuen Masche bereits mindestens drei Firmen im Raum Würzburg gezielt als Erpressungsopfer ausgesucht worden, in Würzburg, Kürnach und Margetshöchheim (Lkr. Würzburg). Dies bestätigt Pressesprecher Enrico Ball vom Polizeipräsidium Unterfranken auf Anfrage. Auch in der Region Main-Rhön werden erste Fälle der Polizei bekannt, in Mellrichstadt, Bad Königshofen und Sondheim. Von sechs weiteren Fällen im Raum Fürth berichtet das Polizeipräsidium Mittelfranken, wie der freie Journalist Heinz Wraneschitz sagt. Sein Pressebüro ist ebenfalls von den Erpressern aufs Korn genommen worden.
Anzeige statt Schutzgeld-Zahlung
Wraneschitz reagierte sofort: Er machte die Drohung für seine Kunden öffentlich. „Ich zahle selbstverständlich nicht,“ erklärt er. „Ich habe die Erpressung bei der Polizei angezeigt.“
Das ist vermutlich auch gut so. Denn wer einmal nachgibt und sich damit als „Opfer“ ausweist, wird immer wieder angegangen. Zum anderen halten es Experten eher für unwahrscheinlich, dass die Täter, die hinter den aktuellen Drohmails stecken, tatsächlich die Kunden-Mailadressen der adressierten Firmen ausgelesen haben. Bislang sei kein einziger aktueller Fall bekannt, bei dem es den Erpressern gelungen wäre, in das IT-System eines erpressten Unternehmens einzudringen und Daten auszulesen, heißt es auf dem Internet-Portal Onlinewarnungen.de.
Paßwort gehackt, Kundendatei erbeutet?
Wie die Kriminellen vorgehen, beschreibt das Internetportal, das im Auftrag des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) arbeitet: Plötzlich finden Firmen eine Nachricht vor, die beispielsweise von jacob.318@ee.anonymer-hacker.tk kommen kann. Angeblich haben sie nicht nur das Passwort zur Internet-Adresse des Angeschriebenen gehackt, sondern auch seine Datei der Internet-Kunden erbeutet.
Sie drohen damit, diesen Kunden oder privaten Kontakten pro Tag 1000 E-Mails unter dem Namen des Erpressten zu schicken – mit Inhalten, die ihm peinlich sein müssen. Da kann es dann zu Unrecht heißen: „Ich kann Ihnen alles besorgen: Drogen, Amphetamine, Prostituierte, Waffen, Munition.“ Aber auch mit schlüpfrigen Angeboten und rechtsextremen Inhalten wird gedroht.
Erpresser verlangen 499 Euro in Bitcoin – und kommen immer wieder
Dann kommen die Erpresser zum Punkt: „Wenn Sie freundlicherweise 499,- EUR in Bitcoin (BTC) an nachfolgende Adresse zahlen, werden wir davon absehen, Ihre Firma und Sie persönlich zu ruinieren“, heißt es unmissverständlich. „Sollten Sie eine Zahlung ablehnen, werden wir in Ihrem Namen und dem Ihrer Firma E-Mails an alle Ihre Kunden aus 2017/2018 senden, die eine sehr extremen Inhalt haben (eine familienfreundliche Version davon was wir darunter verstehen, ist beiliegend).“
Um ihren Forderungen nochmals Nachdruck zu verleihen, schicken die Erpresser an viele Opfer zwei Tage später eine erneute E-Mail. Im Text wird nun das „Lösegeld“auf 699 Euro gesteigert. „Ein weiteres Ultimatum von 72 Stunden soll den Druck auf die Opfer nochmals erhöhen,“ so onlinewarnungen.de.
Erotische Gespräche heimlich aufgezeichnet
Bisher waren ähnliche Varianten dieser Masche bekannt, bei denen die Opfer sich aber tatsächlich angreifbar gemacht hatten – indem sie beispielsweise erotische Chat-Gespräche mit einem unbekannten Gegenüber führten. Den Tätern ist es dabei offenbar gelungen, per Mail eine Schadsoftware auf den Rechner des Opfers zu schmuggeln. Diese erlaubte ihnen, die erotischen Chats auf dem Rechner (oder Bilder) des Opfers mitzuschneiden. Am Ende wird das Opfer mit diesem Chat-Mitschnitt erpresst.
Doch so viel Mühe machen sich die aktuellen Erpresser erst gar nicht. Sie drohen schlicht mit einer Fälschung. Das Opfer soll zahlen, aus Angst davor, seine Unschuld nicht beweisen zu können, wenn die Erpresser mit seiner E-Mail und seinem Passwort zu Werke gehen.