Der letzte Vorhang ist gefallen. Statt der Schauspieler geben inzwischen Bauarbeiter den Ton auf Burg Brattenstein an. Mit der „Dreigroschenoper“ von Bertold Brecht und Kurt Weill ging die 34. Spielzeit der Röttinger Frankenfestspiele zu Ende. Die Zuschauerzahlen sind im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Bürgermeister Martin Umscheid schaut nach der Derniere recht zufrieden drein. Das Rezept des neuen Intendanten Knut Weber scheint aufgegangen zu sein.
Was die gut 400 Besucher der letzten Vorstellung nicht wussten: Knut Weber wird statt geplanter vier nur für zwei Spielzeiten die Verantwortung tragen. Vor wenigen Tagen hat er um eine vorzeitige Auflösung seines Vertrags gebeten. Die Nachricht überrascht insoweit, als es Knut Weber gelungen ist, die Festspiele ein gutes Stück weiter zu entwickeln.
Zum Kassenschlager war das Musical „My Fair Lady“ avanciert. Am Ende war die Nachfrage so groß, dass zwei Zusatzvorstellungen die Ränge noch einmal gefüllt hätten. Problem nur: Das Ensemble hatte keine Termine mehr frei für eine kurzfristig eingeschobene Zugabe. „Echt schade“, sagt Bürgermeister Martin Umscheid.
Echt schade auch, dass das Wetter den Mimen gerade gegen Ende der Spielzeit weniger gewogen war. Einmal musste das Musical wegen Regens in die benachbarte Burghalle umziehen. Und die bietet nur halb so viel Platz wie der Burghof. Wer einen hinteren Rang gebucht hatte, musste mit einem Gutschein für eine andere Vorstellung vorlieb nehmen. „Manche waren sehr verärgert, aber es ging nicht anders“, so Umscheid.
Ähnlich erging es dem „Brandnerkaspar“. Über drei der zehn Vorstellungen hatte der bayerische Himmel, um den sich das bekannte Volksstück dreht, seine Tränen vergossen. Eine Vorstellung musste in die Halle verlegt werden. Bei der „Dreigroschenoper“ blieb es bei einer Unterbrechung. Als der Gewitterguss vorüber war, wurde die Vorstellung fortgesetzt.
Die Handschrift des neuen Intendanten war an vielen Stellen sichtbar. Das fängt mit den kleinen Produktionen aus Ingolstadt an, die das ganze Jahr über schon in Röttingen zu sehen waren, oder mit dem Jungen Theater, in dem sich die Wahl-Röttingerin Frederike Faust mit Workshops und Schulprojekten um den Bühnen- und Zuschauernachwuchs der nächsten Jahre kümmert.
Deutlich einfacher fielen die Bühnenbilder in diesem Jahr aus. Für die Dreigroschenoper reichten gar ein Vorhang aus beschmierten Laken und ein paar Plastiksäcke mit Altkleidern. Dafür vertrauten die Regisseure – neben Knut Weber waren Altmeister Pavel Fieber und Donald Berkenhoff am Werk – mehr auf die natürlich Kulisse der Röttinger Burgmauer.
Dass die Festspiele ordentlich in die Licht- und Projektionstechnik investiert hatten, fiel ebenfalls vor allem bei der Dreigroschenoper auf – ganz im Sinne der Moritat von Mackie Messer, in der es heißt „und man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht“.
Das gestiegene Budget könnte dafür verantwortlich sein, dass der Fehlbetrag für die Stadt trotz gestiegener Zuschauerzahlen nur wenig anders ausfällt als in den Vorjahren. Unausgesprochen gelten 100 000 Euro als Schmerzgrenze. Wieviel Zuschauer die Frankenfestspiele tatsächlich gesehen haben, könne er aber noch nicht sagen, so Umscheid. Letztes Jahr waren es 14 337 Besucher. Die Tendenz gehe heuer spürbar nach oben, vor allem für den Schauspielpart, der in den Vorjahren eher das Sorgenkind der Festspiele war.
Intendant Knut Weber ist ebenfalls zufrieden. „Es war eine tolle Zeit und ein tolles Ensemble“, sagt er nach der Schlussvorstellung, bevor er sich schnell auf die Autobahn macht, weil an seinem heimischen Stadttheater Ingolstadt am nächsten Morgen ein Termin auf ihn wartet.
So war es ihm in den letzten Monaten einige Male ergangen. Kurz vor der Jahreswende hatte die Staatsregierung einen Zuschuss von 80 Millionen Euro für die Sanierung und Erweiterung seines städtischen Hauses bewilligt. Seitdem beschäftigen den Intendanten neben dem Theaterbetrieb auch die bevorstehenden Bauarbeiten. „Unter diesen Voraussetzungen kann ich meine Aufgabe in Röttingen in den nächsten Jahren nicht in dem Maße wahrnehmen, wie ich es für richtig halte“, sagt Weber. Deshalb habe er darum gebeten, seinen Vier-Jahres-Vertrag bereits zur Halbzeit aufzulösen.
Unbeeindruckt davon bleibt die Spielzeit 2018, mit der die Röttinger Festspiele ihr 35-jähriges Bestehen feiern wollen. In der Musicalsparte wagt sich Knut Weber dann mit „Spamelot“ auf neues Terrain. Die Bearbeitung des Monty-Python-Klassikers „Ritter der Kokosnuss“ spricht vor allem die Freunde britischen Humors an.
Mit der Komödie „Die drei von der Tankstelle“ greift Weber hingegen ebenso auf einen bekannten Stoff zurück wie mit dem Singspiel „Im Weißen Rössl am Wolfgangsee“. Wahrscheinlich gibt es dann ein Wiedersehen mit der Schauspielerin Andrea Frohn. Im heurigen Festspielkonzert hat sie sich bereits prächtig für die Rolle der Rösslwirtin empfohlen.