
Im "Sozialzentrum ,Jung und Alt'" in der Winterhäuser Straße 11 in Heidingsfeld wird bald umgebaut: "Der Bauabschnitt wird entkernt, Grundrisse werden verändert, Wände verschoben, neue Böden werden verlegt und neue Fenster eingesetzt.", sagt der Heimleiter des Pflegeheimes Thomas Zatloukal. Bisher bot das Pflegeheim nur Mehrfachzimmer. Nach dem Umbau wird es Einzelzimmer haben, erklärt er. Rund 60 Senioren leben hier. Sie können während des Umbaus nicht bleiben.
Umzug ist Tauschgeschäft
Es wird ein Tauschgeschäft: Die Bewohner des Pflegeheimes ziehen in das neue Seniorenheim der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in der Jägerstraße 15 in der Zellerau, ins "Marie-Juchacz-Haus". Voraussichtlich drei Tage lang dauert dieser Umzug: vom 1. bis 3. April dieses Jahres. Ihnen stehen dort nagelneue Einzelzimmer mit eigenem Badezimmer innerhalb von Senioren-Wohngemeinschaften zur Verfügung.
Klingel und Briefkasten vor jeder Tür

Acht solcher Wohngemeinschaften bietet das neue Marie-Juchacz-Haus. Jeweils zwölf bis 13 Bewohner gehören einer WG an. Innerhalb dieser WG bleibt das Einzelzimmer privater Bereich: mit Klingel und Briefkasten vor der Tür. Aber Zusammensein ist gemäß dem neuen Konzept mit Gemeinschaftsküche und Wohnzimmer in der jeweiligen WG ebenfalls gewünscht und wird gefördert.
Neues Konzept: Alltagsnormalität statt Klinik-Atmosphäre
Der Träger Arbeiterwohlfahrt (AWO) bietet im neuen Haus Wohnen in Alltagsnormalität. Mahlzeiten werden gemeinsam zubereitet, soweit die Bewohner das können und wollen. "Niemand wird gezwungen", so Zatloukal. Was im Alltag nötig ist, geht gemeinsam. Und den Tagesablauf können die Bewohner auch gemeinsam überlegen und erleben. Umgekehrt kann sich jeder in Ruhe zurückziehen, der das möchte. Betreuer können sie dabei unterstützen.

Für Bewohnerin Marita Bartrow (65) sind das gute Aussichten. Im Pflegeheim hatte sie schon unterschiedliche Partnerinnen im Zimmer. Da war Lesen am Abend im Bett, wie sie es liebt, nicht immer möglich, wenn die Bettnachbarin schlafen wollte. Im eigenen Zimmer schalten und walten, wie sie möchte – darauf freut sie sich.
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Ob Magdalena Seubert (75) ihren Entschluss, mit ins neue Haus zu ziehen, bereuen wird? Heißt Einzelzimmer Einsamkeit? Nach ihrem Sturz über die Treppen ihres eigenen Hauses kam sie ins Krankenhaus, dann ins Seniorenheim, und immer war seitdem jemand da, der sie betreut hat. Sogar die Kinder aus dem AWO-Kinderhaus nebenan kommen manchmal, um mit den Senioren zu backen. Und was ist mit dem Therapiehund Kaspar? Einerseits grübelt sie, andererseits fühlt sie sich schon wieder recht selbstständig, holt morgens um sechs die Zeitung, wenn die anderen noch schlafen. Fast etwas übermütig überlegt sie, ob sie nicht sogar wieder in ihr eigenes Haus zurückziehen sollte.
"Bekommen wir im neuen Haus auch den Tisch so schön gedeckt?" fragt Ella Pfeuffer (89). In der illustren Runde von Senioren und Betreuern im Aufenthaltsraum in der Winterhäuser Straße greift nun Eva Bauer erstmals etwas korrigierend ein. Die psychiatrische Geronto-Fachkraft und Sozialdienstleiterin findet anregende und tröstende Worte für den künftigen Alltag: Es werde auch Zusammensein und gemeinsame Spiele geben. Tisch decken? Eine gemeinschaftliche Angelegenheit. Jeder, wie er kann. Und einen Therapiehund will sie auch organisieren, weil Kaspar in Heidingsfeld bleibt, wo er noch andere Menschen besucht.
Die Freiheit des Einzelnen
Der Leiter des künftigen Zuhauses Raimund Binder sieht im neuen Konzept die Freiheit des Einzelnen. Allen Bewohnern des Heidingsfelder Heimes stand es frei, in ein anderes als das Marie-Juchacz-Haus zu ziehen. Zum Beispiel in den Altbau des Hans-Sponsel-Hauses in der Lindleinsmühle zum ungefähr gleichen Mietpreis, oder eben in den komfortablen Neubau in der Zellerau – für monatlich 400 bis 500 Euro mehr. "Wir hatten befürchtet, dass uns viele Bewohner verlassen", so Zatloukal. Doch: "Es waren nicht viele."
Komfort kostet viel Geld
Viele neuere Pflegeheime haben ähnliche Sätze. Vergleichen ist dabei nicht einfach. Der selbst zu zahlende Anteil eines Bewohners kann je nach Pflegeheim stark variieren, obwohl der Eigenanteil ab Pflegegrad zwei der gleiche ist wie in den höheren Pflegegraden. Aber zumindest zahlt jemand, wenn er schwerer pflegebedürftig wird, nicht noch mehr Geld – wie das früher bei den "Pflegestufen" der Fall war.
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Beispiele ab Pflegegrad zwei: In einem Doppelzimmer in der Winterhäuser Straße, wo keine Einzelzimmer angeboten werden, werden 1794 Euro Eigenanteil monatlich fällig. Das ist eines der günstigsten Angebote in Würzburg und Umgebung. Für ein Einzelzimmer berechnet zum Beispiel die Arche Höchberg 2066 Euro Eigenanteil, allerdings einen noch höheren Betrag für ein besonders großes Zimmer. In der Otto und Anna Herold-Altersheimstiftung in Karlstadt wird ein Eigenanteil von 1990 Euro plus fünf Euro Einzelzimmerzuschlag täglich fällig, also mindestens rund 2140 Euro monatlich. Der Eigenanteil pro Monat in St. Thekla (Würzburg-Sanderau): 2167 Euro (Einzelzimmer, wenn zwei Zimmer nur ein Badezimmer haben). All die genannten Preise sind nur Einzelbeispiele, die oft sogar von Alternativangeboten unter dem selben Dach abweichen, je nachdem ob Alt- oder Neubau, Einzel- oder Mehrfachzimmer. Sogar die Art der erforderlichen Pflege kann zu Kostenvarianten führen. Der Leiter des Marie-Juchacz-Hauses rechnet pro Bewohner mit etwa 2400 Euro Eigenanteil monatlich.
Jägerstraße 15, Zellerau: Immer noch Baustelle
Der Zeitpunkt des Umzugs der Senioren mit dem gesamten Pflegepersonal, aber ohne bisherigen Heimleiter, wackelt noch etwas. Er hängt vom Baufortschritt in der Jägerstraße ab. Noch ist dort Baustelle. Die Heidingsfelder Senioren werden als erste einziehen, Mitte des Jahres dann die neuen Bewohner der Appartements im so genannten Service-Wohnen ("Betreutes Wohnen"). Wenn schließlich ein Jahr später der Umbau in der Heidingsfelder Winterhäuser Straße fertig ist, haben die Heimbewohner dann wieder die Wahl.