Bislang war die Keesburg nicht dafür bekannt, dass sich die Bürger organisieren und für die weitere Entwicklung ihres Stadtteils streiten. Mit der Schließung der Kupsch-Filiale hat sich das geändert. An der ersten Bürgerversammlung seit Gedenken der Einwohner nahmen etwa 300 Menschen im Pfarrsaal St. Alfons teil. Eingeladen hatte die Initiative Nahversorgung, ein breites Bündnis verschiedenster Gruppierungen und der Stadt Würzburg, das nach Auswegen der Misere sucht.
Seit vergangenem Herbst steht das Gebäude des früheren Kupsch-Supermarktes auf der Keesburg leer. Damit war von einem Tag auf den anderen ein Großteil der Nahversorgung in der dorfähnlichen Gartenstadt weggebrochen. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. „Einem großen Anbieter ist der Laden zu klein, einem kleinen ist er zu groß“, erklärte Herbert Stapff von der Siedlervereinigung Würzburg Sieboldshöhe die bislang vergeblichen Bemühungen.
Andre Hahn, Stadtbeauftragter für Wirtschaftsförderung, lieferte die Zahlen: Heutzutage seien Verkaufsflächen von mindestens 1000 Quadratmetern und ein Jahresumsatz von über 4 Millionen Euro nötig, um auf dem hart umkämpften Markt der Nahversorgung zu bestehen, erklärte er. Für den Kupsch-Markt wurde jedoch nicht nur die geringe Größe von 500 Quadratmetern zum Verhängnis. Auch die nahe Konkurrenz der neuen, großen Filialen von Tegut auf dem Hubland und der Edeka-Markt der Generationen am Rande der Sanderau. Man habe dem Markt beim Sterben zu sehen können, berichteten frühere Kunden.
Doch wie geht es weiter? Stapff setzt nun darauf, den Supermarkt mit Trennwänden aufzuteilen und dort kleine Läden wie etwa eine Postfiliale unterzubringen. Die Initiative sei derzeit dabei, Interessenten zu finden. Von den Bürgern kamen weitere Vorschläge: Ein Ausbau der Nachbarschaftshilfe, eine Genossenschaft, die - von Ehrenamtlichen getragen - einen Einkaufsladen betreiben könnte, mobile Lieferdienste, wöchentliche Verkaufsdienste oder eine Anpassung des Busfahrplans.
Mit Andre Winter vom Fahrradkurier-Unternehmen „Velocarrier“ (frz./engl. etwa „Fahrrad-Träger) war zudem ein Jungunternehmer vor Ort, der nicht nur den Stadtteil beliefern könnte, sondern bei Interesse auch eine feste Verkaufsstelle einrichten würde. Wo, das ist allerdings unklar. Die Stadt hat nur begrenzte Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen: Was mit dem Gebäude geschieht, sei Sache des Eigentümers. Auch sind im Gegensatz zum „flachen Land“ keine Fördermittel des Freistaates für einen Lebensmittelladen zu erwarten. „Dafür ist die Keesburg zu viel Stadt und zu wenig Dorf“, erklärte Grünen-Stadträtin Barbara Lehrieder.
Volker Stawski, selber Keesburger und Leiter der städtischen Beratungsstelle für Senioren, sieht hierin ein typisches Problem eines „alternden Stadtteils“. Der Stadt seien die Hände gebunden. Eher als Notbehelf denn als echte Lösung muten zwei Projekte an, die er und der Stadtjugendring vorstellten: Um Einkaufsfahrten für Senioren zu organisieren, könnte die Stadt ihre beiden Bürgerbusse zur Verfügung stellen. Der Stadtjugendring warb für einen Einkaufsdienst, bei dem die Schüler der Mönchbergschule die Senioren in die Stadt begleiten.
„Mehr geht im Moment nicht“, so Stawski. „Es liegt an Ihnen, Sie sind die einzigen, die etwas an der Situation ändern können.“