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Würzburg
In Würzburg reihenweise Navis ausgebaut: Bandenmitglied verurteilt
Teure Navigationsgeräte aus teuren deutschen Autos zum Nachrüsten auf dem asiatischen Markt: Eine Serie von Bandendiebstählen war jetzt Fall für die Würzburger Justiz.
Hier ist Bayern, nicht Hessen: Das Justizzentrum Würzburg von außen.
Foto: Thomas Obermeier | Hier ist Bayern, nicht Hessen: Das Justizzentrum Würzburg von außen.
Franz Barthel
 |  aktualisiert: 12.02.2024 02:14 Uhr

Es ging um Bandendiebstahl vor dem Landgerichts, auf der Anklagebank saß ein 30-Jähriger und die Frage nach dem Wohnort hatte sich fast erübrigt: Panevežys, wie in einigen Prozessen zuvor. Die Großstadt in Litauen ist in Deutschland bei Justiz und Kriminalpolizei "amtsbekannt" und gilt als Sitz von Banden, die sich auf "Autogeschäfte" spezialisiert haben. Indem sie bei teuren Fahrzeugen  technisches Zubehör und Einzelteile ausbauen und auf dem asiatischen Markt verkaufen.

Worum es nun am Landgericht ging: In Würzburg und in einigen Landkreisgemeinden waren im Oktober 2016 nachts Fahrzeuge der Marke BMW aufgebrochen worden. Ausgebaut wurde in allen Fällen nur ein ganz bestimmtes Navigationsgerät, Preis damals rund 3000 Euro. Der Sachschaden am Fahrzeug, vor allem an der Elektronik, war meist doppelt oder dreifach so hoch.  

"Fehler" gemacht: Würzburg liegt nicht in Hessen

Der 30-jährige Angeklagten will angeblich nur Schmiere gestanden haben.  Eigentlich habe man, so ein ehemaliges Bandenmitglied vor Gericht, in Frankfurt "Navis einsammeln" wollen. Dort stünden in bestimmten Wohngegenden  nachts viele BMW auf der Straße.  Aber, so der Zeuge, man habe sich von Polizeistreifen beobachtet gefühlt und sei deswegen nach Würzburg gefahren. "Wir wussten allerdings nicht",  so der Zeuge, "dass  Würzburg nicht mehr zu Hessen gehört". Das sei ein Fehler gewesen. In Panevežys sei bekannt, dass bayerische Richter härter bestraften als die in Hessen. 

Der Druck für die Bandenmitglieder sei groß gewesen, "nur zwei oder drei Navis in einer Nacht" hätten schnell Ärger mit dem Chef eingebracht. Der habe auch mal zugeschlagen oder das vereinbarte, ohnehin geringe "Honorar" gestrichen. Sie seien, so der Zeug, jeweils zu zweit unterwegs gewesen.  Einer habe das Fahrzeug am kleinen Seitenfenster "geöffnet", das Ausbauen des Navigationsgeräts sei schnell gegangen. Die Geräte habe man sofort an einen zentralen Sammelplatz gebracht und am frühen Morgen, versteckt unter Möbelstücken, Richtung Litauen gefahren.    

"Preisgünstig" nachgerüstet: Navis auf dem asiatischen Markt begehrt

Warum sich Banden auf Navis spezialisieren und die teuren Autos stehen lassen?  Ein Ermittler erklärte dies im Prozess mit dem höheren Risiko,  geschnappt zu werden, beim Diebstahl eines Fahrzeugs. Außerdem seien die Strafen für den Diebstahl von Navis, Airbags oder Lenkräder geringer. Im Jahr 2016 seien auf dem asiatischen Markt Fahrzeuge der Marke BMW  häufig ohne Zubehör bestellt und dann vor Ort preisgünstig über das Internet nachgerüstet worden. Der Hersteller selbst hatte auf dem Höhepunkt der Navi-Diebstähle unter anderen damit reagiert, dass in China manche Fahrzeugtypen nur noch mit Navi  ausgeliefert wurden.

Nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) ist Litauen ein führender illegaler Absatzmarkt für gestohlene Produkte in Osteuropa. Von dort aus verlaufe auch eine der größten "Verschiebe-Routen" für gestohlene Pkw,  größere Komponenten und Zubehör Richtung Zentralasien. 2017, auf dem Höhepunkt der kriminellen Tätigkeit litauischer Banden in Deutschland, hatte das Polizeipräsidium Unterfranken von über 100 Fällen in der Region Würzburg allein in der ersten Jahreshälfte berichet.

Nach europäischem Haftbefehl selbst gestellt

Der 30-jährige Angeklagte hatte sich in Litauen selbst gestellt,  als er erfuhr, dass  gegen ihn ein Europäischer Haftbefehl vorliegt. Die Strafkammer verurteilte ihn jetzt wegen schweren Bandendiebstahls und Sachbeschädigung in vier Fällen  zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Aus "Prozess-ökonomischen Gründen" waren von zehn Fällen sechs vorläufig eingestellt worden.

Die Würzburger Justiz hat damit die Taten einer fünfköpfigen Bande - nach Festnahme und Auslieferung - weitgehend aufgearbeitet. Nur ein Bandenmitglied ist noch in Freiheit. Der Bandenchef ist zu sechs Jahren Haft verurteilt worden.

 
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