32 Jahre lang war sie in der städtischen Erziehungsberatung tätig. Seit Juli ist Petra Müller-März neue Gleichstellungsbeauftragte der Stadt. Mit der 57-jährigen Psychologin setzt sich eine Frau für Chancengleichheit ein, die in Würzburgs Frauenszene tief verwurzelt ist. Petra Müller-März gehört zu den Gründungsfrauen des Vereins „Wildwasser“ und ist dort bis heute im Vorstand tätig. Außerdem gründete sie die Arbeitsgemeinschaft Würzburger Frauen und Frauenorganisationen (AWF) mit.
„Gleichstellungsbeauftragte“ – ein sperriger Begriff. Früher sprach man von „Frauenbeauftragten“, was wesentlich griffiger war. Allerdings kam man irgendwann dahinter, dass nicht nur Frauen aus strukturellen Gründen benachteiligt werden. Heute fühlen sich zunehmend Männer diskriminiert – etwa durch universitäre Karriereprogramme, die sich ausschließlich an Frauen richten.
Das immer schlechtere Abschneiden von Jungs im Bildungssystem rief in letzter Zeit Pädagogen auf den Plan, die darauf aufmerksam machten, wie tatsächlich oder vermeintlich ungerecht ein weiblich dominiertes Bildungssystem in Bezug auf die Bildungsbedürfnissen von Jungs ist.
Petra Müller-März hat zunächst im Würzburger Rathaus für die Chancengleichheit beider Geschlechter zu sorgen. Dies tut sie zum einen durch Informationsvermittlung: „Viele Beschäftigte wissen zum Beispiel nicht genau, wie das mit der Elternzeit funktioniert.“ Hierzu soll es hausinterne Veranstaltungen geben. Müller-März wird in Bewerbungsverfahren integriert sein und Rathausmitarbeiterinnen und Rathausmitarbeiter rund um Themen wie „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ oder „Beruf und Pflege“ beraten.
Kommunale Gleichstellungsbeauftragte sind per Definition „überwiegend“ für die Kommunalverwaltung tätig. Gleichzeitig sollen sie sich aber auch für Chancengleichheit im Gemeinwesen engagieren. In der Realität bleibt letzteres allerdings oft auf der Strecke.
Petra Müller-März hat fest vor, sich für Würzburgs Bürger, allen voran für die Frauen in der Stadt, zu engagieren. Wie es Frauen in Würzburg geht, weiß sie sehr genau. Lange verwaltete sie den 1987 gegründeten Fonds für in Not geratene Alleinerziehende aus der Stadt. Dadurch bekam die Psychologin immer wieder hautnah mit, unter welchen prekären Umständen Alleinerziehende oft leben. Aber auch in der städtischen Erziehungsberatungsstelle hatte sie es mit Frauen zu tun, denen es schlecht ging: „Nicht wenige erlebten in ihrem häuslichen Umfeld Gewalt.“
Als Wildwasser-Mitbegründerin gehört Müller-März zu Würzburgs Pionierinnen, was das Thema „Sexueller Missbrauch“ anbelangt. 1984 trafen sich im Feministischen Frauenzentrum Würzburg erstmals als Kind missbrauchte Frauen. Die Selbsthilfe-Arbeit dieser Frauen wurde noch äußerst misstrauisch beäugt. Teilweise kam es zu Anfeindungen. Dass es Väter, Onkels und Großväter gibt, die ihre Töchter vergewaltigen, wurde weithin nicht geglaubt.
Durch das im Stadtteil Lindleinsmühle etablierte Projekt „Hagar“, das Müller-März 2006 mitinitiierte, sind der neuen Gleichstellungsbeauftragten auch die Lebenslagen ausländischer Frauen gut bekannt. Über „Hagar“ können sich ursprünglich aus der Türkei stammende Frauen mit allen Fragen rund um ihre familiäre Situation an Erziehungsberaterinnen wenden. Auch gibt es auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Bildungs- und Freizeitangebote für sie.
Als Frauenbeauftragte hat Petra Müller-März natürlich auch Flüchtlingsfrauen im Blick. Ein großes Anliegen ist es ihr, diese Frauen zumindest in den städtischen Unterkünften vor sexueller Gewalt zu schützen: „Zum Beispiel durch getrennte Sanitärräume.“ Sowohl an Frauen als auch an Männer richtet sich ein von ihr konzipiertes Bildungsangebot, das Flüchtlinge ab November in Deutsch und Englisch über das Grundgesetz aufklärt.
Würzburgs Frauenszene begrüßt es, dass Petra Müller-März neue kommunale Gleichstellungsbeauftragte ist. Viele Frauen, die sich frauenpolitisch in der Stadt engagieren, fühlten sich von Vorgängerinnen der Psychologin nicht allzu gut unterstützt.
„Wir wünschen uns von Petra Müller-März mehr Kooperation und Koordination sowie mehr Außenwirkung als bisher“, äußert Karin Dauer, Vorsitzende der ver.di-Frauen. Frauenpolitisches Engagement halten die bei ver.di engagierten Frauen nicht zuletzt mit Blick auf die vielen prekären Beschäftigungsverhältnisse von Frauen für wichtig.
„Sehr glücklich“ über die Benennung von Petra Müller-März ist auch der Würzburger Club der Business and Professional Women Germany (BPW). „Frau Müller-März setzt sich seit Jahren für die Belange von Frauen ein“, betont BPW-Frau Uschi Engert. Ihre Organisation wünscht sich von der neuen Frauenbeauftragten vor allem Vernetzungsarbeit: „Denn gemeinsam kann man mehr bewegen.“ Besonders wichtig sei dies den BPW mit Blick auf den „Equal Pay Day“ im März 2016.
„Mit Petra Müller-März wurde das Amt der Gleichstellungsbeauftragten mit einer kompetenten Frau besetzt“, sagt Vorsitzende Barbara Lehrieder. Noch dazu mit einer Frau aus dem „eigenen Stall“: Petra Müller-März ist nach wie vor AWF-Mitgliedsfrau und wird dies auch bleiben. Im Übrigen wünscht sich auch die AWF, dass sich Müller-März für ein „starkes frauenpolitisches Bündnis“ in der Stadt einsetzt.