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WÜRZBURG
In den sozialen Netzwerken: Würzburger, zeigt euch!
Gesichter und Geschichten aus Würzburg: Die Internetseite "Menschen Würzburgs" zeigt und porträtiert Bürger dieser Stadt.
Auf der Suche nach Gesichtern und Geschichten: Lisa Huhn, Jennifer Klar, Vanessa Frenz und Carolin Müller (v. l.) haben die Seite „Menschen Würzburgs“ gegründet.
Foto: Thomas Obermeier | Auf der Suche nach Gesichtern und Geschichten: Lisa Huhn, Jennifer Klar, Vanessa Frenz und Carolin Müller (v. l.) haben die Seite „Menschen Würzburgs“ gegründet.
Meike Schmid
Meike Schmid
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:45 Uhr

Da ist dieser blasse, rothaarige Mann mit dem blauen Pullover, der etwas skeptisch durch seine Brillengläser blickt. Ein studierter Theologe, der keinen Job gefunden hat und jetzt Briefmarkenhändler ist. Schaut man weiter, entdeckt man drei junge Freundinnen, die brav lächelnd im Park stehen und verraten, wie sie Bierdosen in aufgeschlitzten Plastikenten auf Festivals geschmuggelt haben. Ein paar Mausklicke weiter ist dann diese ältere Dame mit zusammengekniffenen Mundwinkeln, die sagt: „Stolz habe ich eigentlich noch nie verspürt. Worauf soll man denn stolz sein? Auf sein Leben? Darauf, dass man so alt geworden ist?“

Es sind Zitate wie diese, die einen für einen Moment zum Nachdenken bringen. Dazu Bilder, die die Persönlichkeit ungefiltert und spontan einfangen. Persönlich, emotional und natürlich – das ist die Handschrift der Internetseite „Menschen Würzburgs“. Nach dem Vorbild des erfolgreichen Projekts „Humans of New York“ haben vier Studentinnen der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt eine Würzburger Version in den sozialen Netzwerken ins Leben gerufen. Ebenso wie der amerikanische Fotograf Brandon Stanton in seinem Blog, stellen die Vier darin Personen der Stadt und ihre Geschichten vor. Im Gegensatz zum US-Vorbild nur mit sehr wenig Text.

Menschen um einen herum kennenlernen

„Wir wollen den Würzburgern die Möglichkeit geben, die Menschen um sie herum kennenzulernen“, erklärt Vanessa Frenz. Die 23-Jährige sitzt gemeinsam mit ihren Mitstudentinnen Jennifer Klar (24), Lisa Huhn (27) und Carolin Müller (31) in einem Café in der Innenstadt. Keine von ihnen stammt aus Würzburg, alle leben erst seit einigen Jahren hier. „Die Stadt ist klein genug, dass man gewisse Leute öfters mal sieht“, führt Müller fort, „aber kennenlernen tut man sie selten.“ Jeder Mensch, der an dem großen Fenster des Cafés vorbeiläuft, könnte Teil ihres Projekts werden, der Stadt mit seiner Geschichte, seinem Zitat ein Gesicht geben. „Jeder Einzelne hat etwas Interessantes zu erzählen“, sind sich die Vier einig. Auch, wenn einige dies im Gespräch zunächst verneinen.

Dann trotzdem genau diese eine spannende Aussage herauszukitzeln und die Zuschauer damit zu überraschen, ist das, was die Frauen immer wieder aufs Neue antreibt. Im Schwerpunkt PR- und Unternehmenskommunikation haben sie die Aufgabe bekommen, Seiten auf Facebook, Twitter oder Instagram zu gründen und damit möglichst viel Reichweite zu generieren.

„Wir hatten 200 Fans als Ziel angegeben“, erzählt Lisa Huhn lachend. Sechs Wochen nach der Gründung haben allein auf Facebook bereits über 600 Menschen der Seite ein „Gefällt mir“ gegeben. Täglich folgen mehr. Die meisten von ihnen kommen wie die Interviewten direkt aus Würzburg. „Wir stellen jeden Tag eine Person vor“, erklärt Huhn . Name, Alter oder Beruf sind in dieser speziellen Form der Interviews nicht von Bedeutung. Was zählt, sind die Charaktere.

Der eine Satz, der berührt

Immer wieder ziehen die vier Studentinnen in die Innenstadt, sprechen Passanten an, stellen Fragen und hören zu – bis das Gegenüber den einen Satz sagt, der sie in irgendeiner Weise berührt. Ganz egal, ob er einen zum Schmunzeln oder Nachdenken bringt. Letzteres etwa bei dem Mann im schwarzen Kapuzenpullover mit Totenkopf-Bild, der angibt, dass er arbeitslos ist. Erst auf eine Nachfrage erklärt er, dass er Epileptiker sei und viele Arbeitgeber damit nicht klarkämen. Ersteres bei den beiden Männern, die als Grund ihrer Freundschaft angeben: „Er ist Gladbach-Fan – es hat einfach gepasst.“ Oder bei der Clique, die dank Glühweinabenden und Supermarkt-Rallys Kontakt hält.

Die Seite „Menschen Würzburgs“ gibt kurze Einblicke in das Leben derjenigen, die Tag für Tag durch die Stadt bummeln, denen man im Supermarkt über den Weg läuft oder in der Straßenbahn gegenübersitzt. „Man hört oft etwas vollkommen anderes, als man erwartet hätte“, erzählt Carolin Müller. Man baue Vorurteile ab, denke über seine eigenen Ansichten nach und höre genauer hin. „Die Arbeit an der Seite ist für uns total bereichernd.“

Am liebsten würden die Vier das Projekt ewig weiterführen, allerdings werden sie nach ihrem Bachelorabschluss im kommenden Jahr in andere Städte ziehen. Was dann mit den „Menschen Würzburgs“ passiert, ist offen. „Wir wünschen uns, dass es weitergeführt wird“, sagt Vanessa Frenz über ihr Projekt. Spannende Gesichter und Geschichten gebe es hier sicherlich noch genug.

Menschen Würzburgs       -  Eine Stadt, viele Gesichter: Jedes der Bilder erzählt eine Geschichte.
Foto: m.würzburgs | Eine Stadt, viele Gesichter: Jedes der Bilder erzählt eine Geschichte.
 
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Kommentare
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    Sehr geehrter Herr Stetten, aus Ihren Zeilen entnehme ich, dass Sie "nicht auf der Suche" sind. Ein kleiner Hinweis trotzdem: Sie wären wiederum "auch in diesen Kreisen" erfolgreich. Ihr Misstrauen gegenüber diesen sozialen Netzwerken wird auch von modernen Zeitgenossen geteilt. Damals wie heute gilt: Wer die Wahl hat, hat die Qual. Vielleicht heute noch mehr als früher. "Schön-gepinselt" war früher genauso wichtig wie heute so wohl für Mann und Frau gleichermaßen. Und der berühmte Zufall. Untersuchungen darüber gibt´s zu Hauf. Früher war manches einfacher. Aber nur wenn man jung war und man das Glück hat, noch seinen Partner von früher zu haben. Nur ein kleines Kompliment an Sie beide und natürlich an andere Leser mit und weniger Glück (Schicksal). Die sozialen Netzwerke wären nur eine weitere zusätzliche Möglichkeit. Aber ohne Gewähr.
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    "... besser nicht!"
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  • B. S.
    allein die Tatsache, dass sich manche Menschen in diesen Foren beinahe schon prostituieren, oder es für essentiell betrachten der Welt mitzuteilen, was sie gerade essen, tun oder nicht tun. Diese Nutzer nennen ihre Mitforisten Freunde, weil sie gar nicht wissen was ein Freund ist. Kommunikation findet heute in großem Maße via WhattsApp, Facebook, Twitter oder SMS statt. Wer von diesen Leuten hat jemals einen Brief geschrieben? Heute findet man seinen Partner nicht mehr in einer Diskothek, einer Bar oder auf einem Konzert; heute sucht man seinen Partner online. Wäre ich 20 oder 30 Jahre alt, ich würde wahrscheinlich dem Zeitgeist genauso verfallen sein; ich bin froh, dass ich das alles anders erlebt habe.
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  • I. F.
    ...h i e r haben Sie meine volle Zustimmung!
    Ich habe meine Frau z.B. in einer bekannten Musikkneipe kennengelernt und nicht über ein "soziales Netzwerk" (gab's vor fast 4 Jahrzehnten auch noch nicht).

    Man kann aber letztlich nicht in allen Punkten gleicher Meinung sein, dazu sind die Menschen einfach zu unterschiedlich zwinkern

    Ich wünsche Ihnen jedenfalls noch eine schöne Adventszeit

    MfG
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  • B. S.
    Ihnen auch eine schöne vorweihnachtliche Zeit.
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