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REGION WÜRZBURG
Im Zinksarg in die Heimat
Von unserem Redaktionsmitglied Richard Wust
 |  aktualisiert: 18.11.2012 12:02 Uhr

Wie viele gläubige Muslime in Stadt und Landkreis Würzburg leben, ist schwer nachzuvollziehen. Der Pressesprecher der Stadt Würzburg, Christian Weiß, geht von rund 3000 aus. Die Zahl, die man dem Glaubenskreis der Muslime zuordnen muss, dürfte allerdings deutlich höher liegen.

Nur eines ist sicher. Auch Muslime müssen sterben. Wo wählen sie dann ihre letzte Ruhestätte? Die Region Würzburg scheint dabei nicht ihre bevorzugte Heimat zu sein. Denn auf dem Gräberfeld am Waldfriedhof, das es seit 2002 gibt, haben sich bislang nur 22 Muslime bestatten lassen. Elf Felder sind noch frei. Die Gräber sind, wie es der Koran fordert, nach Osten ausgerichtet. „Diese Ausrichtung haben wir nur mit einer einzigen Ausnahme am Hauptfriedhof machen können“, sagt die Leiterin der Würzburger Friedhofsverwaltung, Isolde Krones.

Viele Familien ziehen es vor, ihre Verstorbenen per Luftfracht im Zinksarg in die Heimat zu verschicken. Die Kosten für so einen Transport liegen im Bereich von 3000 Euro.

Seelenheil bedeutet laut Koran genauso wie bei den Christen die Hoffnung auf eine andere, bessere Zukunft. Sollte die Seele in den Himmel aufsteigen, worum sich Christen und Moslems jeweils auf ihre Weise bemühen, müsste es eigentlich ziemlich egal sein, wo die sterblichen Überreste eines Menschen-Daseins zur Ruhe gebettet werden. Dem ist aber nicht so. Für Moslems scheint das Grab in der Heimat noch eine Art heilige Tradition zu sein.

Tatsache ist, derzeit lassen sich rund 90 Prozent der Verstorbenen, die dem islamischen Glauben angehören, nicht auf den Friedhöfen im „Christenland“ beerdigen. Die meisten, so unsere Informationen von Beerdigungsfachleuten, haben den Rücktransport ihrer Leiche in die Heimat kostenmäßig über einen Versicherungsvertrag, vergleichbar mit einer Sterbeversicherung die die Bestattungskosten decken soll, bereits zu Lebzeiten geregelt.

Eine Umfrage unserer Zeitung bei Bestattungsinstituten hat ergeben, dass die Angehörigen die Leichen ihrer Verstorbenen zwar nach vorgegebenen Riten waschen lassen. Dann werden sie in Zinksärgen per Luftfracht in die Heimat verschickt und dort bestattet. Die Kosten werden in Kilo verrechnet.

Bestatter Norbert Papke meint, das Überführen der Leichen in die Heimat sei auch eine Frage der Generationen. Bei den Jüngeren könnte j sich das schon bald ändern. So wie es Christen gibt, die ihrer Kirche nicht mehr eng verbunden sind, gibt es das adäquat auch bei Muslimen. „Wir können da nicht mehr unterscheiden“, sagt Krones.

Das würde bedeuten, dass ein verstorbener Würzburger Bürger, auch wenn sein Name auf ein Herkunftsland aus dem islamischen Kulturkreis schließen lässt, ganz normal begraben wird. Sie weiß natürlich um die unterschiedlichen Grab-Kulturen. Die Einäscherung von Leichen sieht die Kultur des Islam nicht vor.

Wenn von den Fachleuten von 90 Prozent der Verstorbenen Muslime gesprochen wird, die in die Heimat überführt werden, geht es offenbar in der Hauptsache nur um strenggläubige Muslime. Asif Malik von der Würzburger Ahmadiyya-Gemeinde sieht das auch so. Er sieht keine Probleme in Würzburg, weil der Leichentransport in die Heimat fast immer schon vorher geregelt sei. Besonders ausgeprägt sei das bei Moslems aus der Türkei. Mit der Religion habe das nichts zu tun, es stehe nicht im Koran, dass man in der Heimaterde bestattet werden müsse. Festgelegt sei nur, dass die Gesetzte des Landes beachtet werden müssen, in dem man lebt.

Im TV: Mehr zu diesem Thema bringt die ARD an diesem Samstag, 17. November, um 15.30 Uhr in der Reportage „Heimaterde“. Es ist ein Beitrag zur ARD-Themenwoche „Leben mit dem Tod“, die an diesem Samstag startet.

Exot: Das einzige muslimische Grab am Würzburger Hauptfriedhof ist an seiner Schrägstellung mit der Ausrichtung nach Mekka erkennbar. Mehr wurden nicht zugelassen, wegen der Ordnung der Grabreihen. Am Waldfriedhof (kleines Bild links) ist ein eigenes Gräberfeld eingerichtet.  s (2): THOMAS OBERMEIER
Foto: Foto | Exot: Das einzige muslimische Grab am Würzburger Hauptfriedhof ist an seiner Schrägstellung mit der Ausrichtung nach Mekka erkennbar. Mehr wurden nicht zugelassen, wegen der Ordnung der Grabreihen.
 
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