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Würzburg
Im Spessart festgenommener Diplomat als Terrorist vor Gericht
In Belgien beginnt der Prozess gegen einen iranischen Diplomaten, der mutmaßlich einen Anschlag plante. Unter den Opfern wäre wohl ein unterfränkischer Politiker gewesen.
Eduard Lintner aus Münnerstadt war im Sommer 2018 zur Tagung iranischer Oppositioneller nach  Villepinte bei Paris geladen. Auf das Treffen sollte offenbar ein Anschlag verübt werden.
Foto: Free Iran | Eduard Lintner aus Münnerstadt war im Sommer 2018 zur Tagung iranischer Oppositioneller nach  Villepinte bei Paris geladen. Auf das Treffen sollte offenbar ein Anschlag verübt werden.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 13.02.2024 07:56 Uhr

Was in Wien gilt, muss in Würzburg noch lange nicht gelten - auch nicht ein iranischer Diplomatenpass. Ohne viel Federlesens zogen unterfränkische Polizisten im Juni 2018 an der Raststätte Spessart den 3. Sekretär der iranischen Botschaft in Österreich aus seinem Auto. Er kam in die JVA Würzburg, ein monatelanges Tauziehen zwischen Berlin, Teheran, Brüssel, Paris und Washington begann.

Jetzt muss der nach Belgien ausgelieferte Diplomat dort wegen Terrorismus-Verdachts auf die Anklagebank - was international erneut für Aufsehen sorgt. In der vergangenen Woche wurde der Fall nach einer Anhörung dem Gericht in Antwerpen zugewiesen. Im angesetzten Prozess geht es um ein vereiteltes Attentat, das in Belgien geplant worden sein soll. Als Drahtzieher der vierköpfigen Gruppe gilt der in Unterfranken festgenommene 47-jährige Diplomat, bestätigt ein Sprecher der belgischen Bundesanwaltschaft.

Anschlag in letzter Minute verhindert

Deutsche Ermittler hatten Aussagen iranischer Oppositioneller gegenüber dieser Redaktion bestätigt, dass der Angeklagte Mitabeiter des iranischen Geheimdienstes MOIS sei, der iranische Oppositionelle bekämpfen sollte. Belgische Medien berichten jetzt, dass der Mann mit dem Tarnnamen "Daniel" am 28. Juni 2018 zwei bei Antwerpen lebende Exil-Iraner gedrängt haben soll, einen Anschlag zu verüben. Und zwar auf das größte Treffen von Exil-Iranern in Europa in Villepinte bei Paris, wo 25.000 Menschen zusammen kamen.

Eduard Lintner sprach als Gastredner bei dem Treffen in Villepinte 2018, dem ein Anschlag galt.
Foto: Free Iran | Eduard Lintner sprach als Gastredner bei dem Treffen in Villepinte 2018, dem ein Anschlag galt.

 Unter den möglichen Opfern wäre neben Rudolph Giuliani, Berater von US-Präsident Donald Trump, auch der frühere deutsche Innenstaatssekretär Eduard Lintner (CSU) aus Münnerstadt gewesen. Der Unterfranke war als Gastredner zum Treffen der iranischen Oppositionellen geladen.

Eine belgische Antiterror-Einheit hatte die beiden Exil-Iraner am 30. Juni 2018 auf dem Weg nach Villepinte festgenommen. In ihrem Kulturbeutel: eine 50-Gramm-Bombe samt Zünder. Laut "Wall Street Journal" war der Tipp vom israelischen Geheimdienst gekommen. Eine hektische Suche nach "Daniel" setzte ein, dem Hintermann. Offenbar war er längst auf dem Rückweg nach Wien.

An der hessisch-unterfränkischen Grenze schlug eine automatische Kennzeichen-Erfassung Alarm. Der Wagen des Gesuchten war demnach in Richtung Würzburg unterwegs. Die Polizei sperrte Teile der Raststätte Spessart Süd für den Zugriff ab - und leitet den erfassten Wagen dorthin.  

An der Raststätte Spessart erfolgte im Juni 2018 die Festnahme des iranischen Diplomaten.
Foto: Müller | An der Raststätte Spessart erfolgte im Juni 2018 die Festnahme des iranischen Diplomaten.

Angeblich war die Familie des Diplomaten auf einem Ausflug unterwegs. Die Ermittler indes gingen davon aus, dass der 47-Jährige möglicherweise eine größere Menge Sprengstoff transportieren würde und setzten einen Sprengstoffhund ein. Laut Polizei wurde kein Sprengstoff gefunden. Die beiden Exil-lraner, die das Attentat ausführen sollten, sagten aber, dass ihnen "Daniel" 500 Gramm TATP-Sprengstoff und den Zünder für die Bombe mit genauen Anweisungen besorgt habe. 

Dennoch forderte der Iran unter Verweis auf seine diplomatische Immunität die Freilassung des 47-Jährigen. In einem Brief an Angela Merkel, der dieser Redaktion zuging, appellierten namhafte deutsche Politiker an die Kanzlerin, dem Druck nicht nachzugeben. Unter den Unterzeichnern waren der frühere Bundesinnenminister Gerhard Baum (FDP), Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Helmut Kohls früherer Berater Horst Teltschik.

Experten kamen zu dem Schluss, das der 47-Jährige zwar in Wien, nicht aber in Würzburg diplomatische Immunität genieße. Im Oktober 2018 wurde er nach Brüssel ausgeliefert.

Lintner nicht im Zeugenstand

Mit ihm kommen im Herbst drei weitere Verdächtige vor Gericht - laut belgischer Bundesanwaltschaft sind sie angeklagt wegen des "terroristischer Attentates" und wegen "Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung". Die Angeklagten müssen mit bis zu 20 Jahren Haft rechnen.

Und das mögliche Anschlagsopfer aus Unterfranken? Der frühere Innenstaatssekretär Eduard Lintner aus Münnerstadt sagt, er sei nicht als Betroffener oder Zeuge geladen.

 
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