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HÖCHBERG
Im Rausch der Wörter
Locker und kraftvoll: Klaus Bühre und Pianist Wolfgang Cimander.
Foto: Joachim Fildhaut | Locker und kraftvoll: Klaus Bühre und Pianist Wolfgang Cimander.
Bearbeitet von Joachim Fildhaut
 |  aktualisiert: 08.04.2017 03:32 Uhr

„Schaff dich rein, Mann, schaff dich rein!“ schreien die abgerissenen Dichter in Jack Kerouacs Roman „On the Road“ auf die Jazzmusiker ein. Zu den schwarzen Musikkellern waren sie ein paar Tage lang über die Autobahn gerast.

Zum Abend „Jazz der Beat Generation“ ging es in den weißlackierten zweiten Stock der Höchberger Bibliothek. Hier spielte One More Once, das Quartett um den Saxophonisten Klaus Bühre, im Wechsel mit Dichtung der amerikanischen Kriegsheimkehrer-Generation.

Aus dem epochalen „Unterwegs“-Roman hatte der Kontrabassist (und gelernte Mediziner) Michael Schmidt passenderweise eine viel leisere Konzertbeschreibung als die eingangs erwähnte gewählt. Dabei war das Publikum – knapp 100 Plätze waren im Dachgeschoss besetzt – besonders von den schnellen Nummern angetan. Doch der Abend war eher auf ruhiges Dahingleiten angelegt. Ungefähr zu gleichen Teilen Jazzklassiker mit den famosen One More Once, Rezitationen des einfühlsamen und verschmitzten Beat-Vorlesers Rolf Ebert und kulturgeschichtliche Erklärungen von Michael Schmidt, der sich in die US-Szene der Nachkriegszeit reingeschafft hatte.

Teils schwierige Stoffe

Macht zusammen zwei Teile Wort auf ein Teil Musik? Nein, ein weiterer halber Anteil Wort kam hinzu, denn Schmidt unterstrich seine Ausführungen durch Computerprojektionen, in denen wiederum Schrift dominierte. Der Zuschauer konnte Schmidts Stichwörter mitlesen. Wenn der Referent sich hier allein auf seine fleißig gesammelten Fotos und auf seinen eigenen mündlichen Vortrag beschränkt hätte, wäre eine runde Sache herausgekommen.

Rausch, Verweigerung, Unersättlich- und Geschwindigkeit – gemessen an diesen Grundzutaten der Beat Poetry geriet das Programm etwas verschult und langsam. Dafür waren die Zuhörer auf jede literarische Kostprobe gut vorbereitet und konnten dem teils schwierigen Stoff gut folgen – selbst einem Ausriss aus William Burroughs „Naked Lunch“, dessen Heftigkeit allerdings deutlich weniger Applaus einheimste als die Heiligsprechungen des Allen Ginsberg.

Weiterer Vorteil der volkshochschulhaften Gründlichkeit des emeritierten Medizinprofessors am Kontrabass: Schmidt nahm sich die Zeit, auch einmal alle schreibenden und performenden Frauen der Beat Generation vorzustellen, nicht nur die von Neal Cassady und von William Burroughs. Mit Diane DiPrima, Elsie Cowen, Joanne Kyger und Lenore Kandel eröffnete sich die Szene erst in ihrer ganzen Breite.

Und die Musik? Eingerahmt von Trend-Zeitschriften links und historischen Romanen rechts fand One More Once seinen Ausweg zwischen Modernisieren und Musealisieren. Die Vier hoben auf klassische Weise den ewiggültigen Kern dieser Melodien und Arrangements hervor. Mit großer Spielfreude wirkte das Quartett, als wäre diese Musik eine ganz gegenwärtige Erfindung des Jahres 2017. Ein paar Stücke mehr hätten es sein dürfen.

Rezitator Rolf Ebert.
| Rezitator Rolf Ebert.
 
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