
Warten musste man können! Wer Anfang der 1990er-Jahre eine E-Mail mit einem Foto im Anhang versenden wollte, brauchte Zeit. Die Übertragung konnte sich über Minuten ziehen, wenn sie denn klappte. Mails mit reinen Texten gingen zwar schneller "raus", aber wehe, man hatte eine größere Datei angehängt. "Eher eine Geduldsfrage“, erinnert sich Matthias Funken schmunzelnd über das Arbeiten mit dem damals noch jungen Internet. Und, fragt der Leiter des Rechenzentrums der Uni Würzburg: "Wer kennt noch den Internetbrowser 'Mosaic', der im November 1993 erschienen ist?"
Rechner und Festplatten nur im Rechenzentrum
Vor über 30 Jahren bestand das Datennetz der Universität Würzburg nur aus einigen angemieteten Telefonleitungen, die die vielen über die Stadt verteilten Universitätsgebäude mit dem Rechenzentrum verbanden. Quasi nur dort, am Hubland, war die zentrale Rechenleistung vorhanden. Die 80 dezentralen Uni-Standorte nutzten die Großrechner des Rechenzentrums per sogenannter Terminalleitung – mit "dummen" Terminals ohne eigene Rechnerkapazität und Speicher als einziger Ein- und Ausgabemöglichkeit.
Die damaligen Übertragungsgeschwindigkeiten? Im Mittel bei – aus heutiger Sicht haarsträubend niedrigen – Datenraten von ganzen 9600 Bit pro Sekunde, erzählt Dr. Matthias Reichling, Funkens Stellvertreter und damals schon Mitarbeiter im Rechenzentrum. Die IT-Experten hätten damals schon von "Hochgeschwindigkeit" gesprochen, wenn sie einzelne Leitungskapazitäten auf 19 200 Bit pro Sekunde verdoppeln konnten. "Was damals für den Datenverkehr der ganzen Universität reichen musste, findet sich mittlerweile fast in jedem Privathaushalt", sagt Matthias Funken.
Daten fließen eine Million mal schneller
Heutige Bandbreiten liegen beim Tausendfachen der Werte von damals. Und nochmal um den Faktor 1000 schneller fließen Bits und Bytes durch das "Backbone-Netz" der Universität, "das Rückgrat aller Datentransporte". Insgesamt, rechnet Funken, sind die Informationen in den Uni-Netzwerken heute eine Millionen mal schneller unterwegs als vor gut 25 Jahren.

Und in den zarten Anfängen der frühen Datenvernetzung? Vor allem durch die Einführung sogenannter X.25-Netze mit immerhin 64 000 Bit pro Sekunde beziehungsweise 128 000 Bit im zweikanaligen Betrieb war die Möglichkeit entstanden, die auftauchenden Netzwerk-Inseln, besonders die Computerpools der Fakultäten, besser mit dem fernen Rechenzentrum zu verbinden.
Die Uni wollte was, was es nicht gab
Enorm beschleunigt wurde die Datennetztechnik dann durch das bundesweite Netzinvestitionsprogramm: Es machte zum einen eine Grundversorgung aller Hochschulgebäude möglich, sagt Reichling, zum anderen deren Kopplung über ein echtes Hochgeschwindigkeitsdatennetz. Wobei man "Hochgeschwindigkeit" aus der damaligen, ziemlich bescheidenen Perspektive verstehen müsse. "Glücklicherweise verfügte die Deutsche Bundespost über ein sehr modernes Lichtwellenleiter-Overlay-Netz im Stadtgebiet Würzburg." Und eben die Post, damals noch nicht privatisiert, war irgendwann bereit, jenseits aller standardisierten, damals käuflichen Datennetz-Lösungen der Uni einen Teil dieser Glasfaser-Infrastruktur zu überlassen. Als "dark fibre", also unbeschaltete Glasfaser, sollte die Uni in einem Extra-Vertrag das Leitungssystem gegen eine entsprechende Miete langfristig nutzen können.
Die Verhandlungen seien mühsam gewesen – "weil es zu diesem Zeitpunkt gar keine existierenden Geschäftsmodelle der Bundespost für das von der Uni gewünschte Nutzungsszenario gab". Irgendwann aber hatten die Verantwortlichen die Post überzeugt. Am 23. Februar 1994 wurde nach drei Monaten Bauzeit das neue Glasfasernetz feierlich zur Nutzung an die Universität übergeben. So konnte das Rechenzentrum über die Stadt hinweg einen Ring mit 100 Megabit pro Sekunde schnellen Verbindungen aufbauen – "im Rückblick ein echtes Hochgeschwindigkeitsnetz", sagt Funken.
Premiere 1995: erstes Vorlesungsverzeichnis online
Ein Jahr später, im Sommer 1995, stellte die Uni Würzburg dann übrigens als erste Hochschule in Bayern ihr komplettes Vorlesungsverzeichnis ins junge World Wide Web. Und 25 Jahre später? "Dienste wie Vorlesungsaufzeichnungen und Streaming, Echtzeitkommunikation wie etwa Voice over IP oder Videokonferenzen, WLAN oder die massenhafte Verarbeitung vieler Mails pro Tag wären ohne die heutigen Übertragungsgeschwindigkeiten nicht denkbar." Das Rechenzentrum muss ständig nachlegen und Kapazitäten ausbauen, weil die Anforderungen an gut funktionierende IT-Dienstleistungen steigen. Funken und seine Kollegen planen ein völlig neues "Daten-Backbone" für den Datentransfer von den Campusbereichen ins Rechenzentrum. Geplante Geschwindigkeit: 20 Gigabit pro Sekunde.