Desperate Housewives? Tänzerin Juliane Bauer tanzt in der Performance „Staubwischen für Anfänger“ provokant und überraschend, eine stilistisch abgewandelte Version zu dem Titel „TV Cleaning“, das Putzmittel wird Teil ihrer Choreographie, sie erhebt es zu einem Kunstwerk. In der Ausstellung „Desperate Housewives? – Künstlerinnen räumen auf“, beschäftigen sich kunstschaffende Frauen der Jahrgänge 1936 bis 1968 aus verschiedensten Perspektiven mit dem Haushalt als Lebens- und Arbeitsbereich der Frau.
Die Lange Nacht im Kulturspeicher griff unter dem Motto „Das Museum haut auf den Putz“ die Thematik aus wieder anderer Perspektive auf. Zwischen 19 und 1 Uhr konnten sich die Besucher am Samstagabend von einem bunten Programm unterhalten lassen, die Ausstellung auf sich wirken lassen oder im Foyer der Clarino Jazzband lauschen.
Johanna Schams aus Würzburg ist mit einer ganzen Gruppe von Freunden gekommen. „Die Aufführung des Tanzspeichers war szenisch ganz toll dargestellt“, sagt sie. „Die Führung war gut und bündig und lädt ein, die Ausstellung genauer anzuschauen, Heike Mix war richtig spritzig – den Rest schaue ich mir noch an.“ Fünf verschiedene Programmpunkte laden die Besucher ein, sich dem Thema Hausfrau und Emanzipation aus verschiedenen Perspektiven zu nähern.
Tänzerinnen des „Tanzspeichers“ zeigen Momentaufnahmen der Ausstellung
Die Aufführung des Tanzspeichers – dabei handelt es sich um eine Choreographie unter der Leitung von Thomas Kopp. „Bereits vor Eröffnung der Ausstellung haben wir uns die Kunstwerke angesehen und uns inspirieren lassen“, so Kopp. Als eine Art Schnittstelle zwischen darstellender und bildender Kunst zeigen die Tänzerinnen eine Performance, in der sie sie selbst sind und Momentaufnahmen der Ausstellung aufgreifen. Im Haushalt, bei der Gartenarbeit und beim „TV Cleaning“.
Das dazugehörige Kunstwerk und andere zeigt Gästeführerin Almut Schaffrath einer großen interessierten Besuchergruppe. „Das Thema ist nach wie vor noch aktuell“, erklärt sie. „Die Künstlerinnen setzen sich auf verschiedenste Weisen mit Haushalt auseinander.“ Eine Siedlung aus Toastbrot, die die unbefriedigende Art des Wohnens ohne Individualität zeigen soll. Ein kleines Wohnmobil als Sinnbild für die modernen Nomaden der Arbeitswelt, eine Frau, die mit ihrem Haushalt verschmilzt – dargestellt durch ein Kleid, das in eine Tischdecke übergeht. Vasen aus Porzellan und Silikon als Schönheitsreparaturen, die unteilbare Zweisamkeit im Eheleben dargestellt durch verschmolzene Stühle und Besteck oder eben der „TV Cleaner“ – die Ausstellung lädt zum Schmunzeln und Staunen ein.
Chansons auf Porträts dreier Damen auf dunklen Ölgemälden
Der dritte Programmpunkt, Heike Mix, begeistert die Zuschauer. „Es war etwas befremdlich, weil wir eigentlich in der heutigen Zeit emanzipierter sind, als manche Programmpunkte es vermitteln“, sagt eine Besucherin. „Aber interessant war es trotzdem.
“ Heike Mix entstaubt die Kunst im wahrsten Sinne des Wortes. Mit einem Staubwedel in der Hand singt sie Chansons auf die Porträts dreier Damen auf dunklen Ölgemälden in der städtischen Sammlung und erntet viel Applaus.
Einen wissenschaftlichen Zugang zeigt die Ethnologin Birgit Berger von der Universität Bamberg auf. Sie spricht von der stereotypischen Rolle, die gesellschaftlich vermittelt wird und im kollektiven Gedächtnis verankert ist. Sie zeigt geschichtliche Beispiele von Rousseau bis hin zu moderner Werbung und diskutiert den Wandel der Rolle der Frau. Jutta Schmitt zeigt etwas später am Abend die Performance „Haarige Angelegenheit – Wertschätzung, - Wertschöpfung“, bei dem die Zuschauer etwas länger verweilen und zeitgenössischem Tanz zusehen können.
Ausklingen lassen die Besucher den Abend im Foyer zu den Klängen von Saxophon, Klarinette, Flöte, Klavier und Kontrabass – einer jazzigen Musikbegleitung, bei der sich die gewonnen Eindrücke Revue passieren lassen oder einfach die Gesellschaft genossen werden kann.
ONLINE-TIPP
Weitere Bilder von der Museumsnacht unter wuerzburg.mainpost.de