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Würzburg
Illegales Autorennen: Mit 100 Stundenkilometern durch Würzburger Stadtgebiet
Im Polizeibericht hieß es damals: Er verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug und landete im Gleisbett. Vor dem Amtsgericht gab der junge Mann jetzt ein Autorennen zu.
Vor dem Würzburger Amtsgericht gestand ein junger Mann, an einem illegalen Autorennen mitgemacht zu haben. 
Foto: Thomas Obermeier | Vor dem Würzburger Amtsgericht gestand ein junger Mann, an einem illegalen Autorennen mitgemacht zu haben. 
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 19.10.2020 10:36 Uhr

Der Entzug seiner Fahrerlaubnis dürfte ihn am härtesten treffen: Unter anderem deshalb, weil er bei einem illegalen Autorennen in Heidingsfeld mit seinem alten BMW im Gleisbett der Straßenbahn gelandet ist, musste sich ein 19-jähriger Azubi vor dem Amtsgericht verantworten. Als erzieherische Maßnahmen nach Jugendstrafrecht verhängte Jugendrichter Jürgen Reiher am Ende einer gut sechsstündigen Verhandlung am Donnerstag ein Wochenende in der Jugendarrestanstalt, ein Netto-Monatsgehalt als Geldauflage und eine zwölfmonatige Führerscheinsperre.

Der Heranwachsende hatte schon ein Ermittlungsverfahren in anderer Sache am Hals, als er sich am Abend des 6. März 2019 mit einem anderen Autofahrer ein Rennen lieferte, das schon in der Kurve am Übergang von der Stuttgarter Straße in die Heuchelhofstraße beendet war. Knapp sechs Monate zuvor war er Teil einer größeren Gruppe junger Männer, die sich am Vierröhrenbrunnen aufhielt. Die Polizei war auf der Suche nach den Beteiligten an einer nächtlichen Schlägerei und wollte die Personalien der Anwesenden feststellen. Das war beim Angeklagten ein Problem, weil er keinen Ausweis dabei hatte und nicht mit auf die Wache wollte.

Polizisten beleidigt

Der damals 18-Jährige hatte zu diesem Zeitpunkt ein Promille Alkohol im Blut, ließ sich nicht beruhigen und wurde nach einer unflätigen Beleidigung gegen zwei Polizeibeamte vorläufig festgenommen. Dagegen wehrte er sich so heftig, dass vier Polizisten nötig waren, um ihn am Boden zu fixieren und zu beruhigen. Im Verlauf des Kampfes äußerte der Angeklagte weitere Beleidigungen, zwei Beamte wurden außerdem leicht verletzt.

Völlig nüchtern, aber nicht weniger unvernünftig war der Azubi am 6. März 2019 gegen 23 Uhr, als er seine Freundin mit seinem 19 Jahre alten BMW nach Hause fuhr. Schon vor dem Start des illegalen Rennens fiel er anderen Verkehrsteilnehmern in der Stuttgarter Straße stadtauswärts auf, weil er zu schnell fuhr und rechts überholte, um sich an einer roten Ampel neben einen roten BMW zu setzen, der auf der rechten Fahrbahn auf grünes Licht wartete.

Vollgas und quietschende Reifen

Dass sich die Fahrer der beiden Karossen spontan zu einem Rennen verabredeten, räumte der Angeklagte vor Gericht "spät, aber nicht zu spät" ein, wie Staatsanwältin und Richter übereinstimmend betonten. Zu Beginn des Prozesses hatten der 19-Jährige auf der Anklagebank und auch seine Freundin im Zeugenstand abgestritten, dass es an der Ampel eine Verständigung zwischen den beiden BMW-Fahrern gab.

Am Nachmittag klang das dann ganz anders: Er kenne den Fahrer des roten BMW zwar nicht, "aber wir hatten Blickkontakt. Dann haben wir beide auf die Ampel geschaut und aufs Gaspedal gedrückt. Es ging darum, wer schneller ist", gab der Angeklagte nach einer Verhandlungspause zu Protokoll. Augenzeugen hatten bei der Polizei ausgesagt, dass die beiden BMW mit Vollgas und quietschenden Reifen durchstarteten und nach Schätzungen von Zeugen mit bis zu einhundert Stundenkilometern Richtung Heuchelhof fuhren. 

Schmerzensgeld für die Polizisten

Der Angeklagte lag vorne, als er vor den roten BMW auf die rechte Spur zog und wegen der Kurve am Fuß der Heuchelhofstraße abbremsen musste. Dabei kam er rechts gegen den Randstein, verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug und landete auf den Straßenbahn-Gleisen. Bis auf eine blutende Nase bei seiner Freundin passierte nichts, der BMW war nach dem Unfall schrottreif. Als Fahranfänger in der Probezeit muss er eine medizinisch-psychologische Untersuchung bestehen, um seinen Führerschein in einem Jahr neu machen zu dürfen.

An einen der vier Polizisten hat er bereits 300 Euro Schmerzensgeld bezahlt, den anderen drei Beamten hat der Jugendrichter in seinem Urteil insgesamt weitere 400 Euro zugesprochen: "Das ist nicht viel, soll aber eine Anerkennung für das sein, was sie bei ihren Einsätzen erdulden müssen", so Reiher. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

 
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Kommentare
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  • H. H.
    Vielleicht würde es helfen

    gegen solche Taten bzw. Täter mit "psychologischer Kriegführung" vorzugehen - indem man in der Gesellschaft verankert, dass Leute, die so einen ### machen, einfach nur Loser sind.
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  • D. T.
    Rennen kann man jetzt am Heuchelhofberg nicht mehr machen dank der Stadt, die eine Spur gekillt hat. Jetzt darf man den ganzen Schnarchzapfen mit 43 kmh hinterherschleichen.
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  • A. M.
    Hat sich die Freundin unseres rasenden Azubis etwa auch in den Kommentarbereich verirrt? zwinkern
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Das ist keine Strafe die weiterhilft. Führerscheinentzug ok. Aber wie wird die überprüft?
    Hätte eine aktive Mitarbeit in einer Rehaklinik über mehrere Monate am Wochenende für vernünftiger gehalten. Auch bei Arbeiten, die nicht so angenehm sind. Jugendarrest ein WE sorry hilft nichts, bringt nichts.
    Ich weiß nicht welchen Spielraum Richter haben. Wenn er erschöpft sein sollte, müsste Resozialisierung neu gedacht werden.
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  • H. S.
    Warum nur 12 Monate? Warum nicht mal 3 oder gar 5 Jahre? Wen soll so ein Kindergartenurteil den abschrecken, oder wo ist da die erzieherische Wirkung? Das Urteil ist wieder mal ein klares Signal: macht was ihr wollt, so schlimm wird’s ja schon nicht werden!
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  • D. E.
    In der Schweiz ist Gefängnis von 1 bis 4 Jahre möglich. Ich glaube das schreckt mehr ab als dieses Urteil.
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  • S. K.
    da hat ja unsere "Kuscheljustiz"
    wieder mal ganze Arbeit geleistet...

    da wirds nicht lange dauern
    bis wieder was passiert...

    fahren geht ja auch ohne Schein...
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  • R. R.
    1 Jahr laufen zu wenig. Geldstrafe auch zu wenig.
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