Niemand bleibt verschont: Die verschärften Sanktionen gegen Russland in Folge des Krieges in der Ukraine werden in Mainfranken zu spüren sein und Unternehmen wie Verbraucherinnen und Verbraucher treffen. Davon ist Auslandsexperte Kurt Treumann von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt überzeugt.
Der 55-Jährige rechnet auch damit, dass Geschäftsbeziehungen mit Russland zur Imagefrage für Betriebe werden. Im Moment gehe es für Firmen erst einmal darum, im Dschungel der Vorschriften den Durchblick zu behalten.
Kurt Treumann: Zunächst muss man sehen, dass Sanktionen gegen Russland ja schon seit 2014 mit der Annexion der Krim greifen. Jetzt geht eine Verfeinerung und Erweiterung dieser Sanktionen vonstatten. Deswegen waren die Geschäfte mit Russland und die zum Teil etablierten Beziehungen schon seit 2014 maßgeblich zurückgegangen.
Treumann: Unsicherheit herrscht vor allem bei der Frage, ob man von den Sanktionen gegen Russland jetzt überhaupt betroffen ist. Die Sanktionsverordnungen sind sehr umständlich zu handhaben. Das sind jeweils mehrere hundert Seiten, die man durchackern müsste. Die andere große Thematik ist: Wie kriegt man sein Geld von der russischen Seite? Da spielt natürlich das Thema Swift mit rein. Es wurden bislang sieben russische Banken vom internationalen Zahlungsverkehr ausgeschlossen. Ohne Swift kann dieser Zahlungsverkehr von Deutschland nach Russland nicht abgewickelt werden.
Treumann: Da habe ich bis jetzt noch nichts gehört. Das kann damit zusammenhängen, dass sich die Firmen erst noch durch die Sanktionslisten quälen müssen. Dort sind zwar viele russische Firmennamen und Personennamen genannt, aber zum Teil mit unterschiedlichen Schreibweisen. Da ist dann nicht klar: Bin ich überhaupt betroffen? An wen liefere ich denn eigentlich genau? Oder auch: Ist das Produkt betroffen? Es hakt auch an anderen Themen, wie zum Beispiel: Wer kann denn der Spediteur sein? Ich habe beispielsweise von der Betreibergesellschaft des Hamburger Hafens gehört, dass dort keine Geschäfte mehr angenommen werden, die mit Russland zu tun haben. Keine Importe und keine Exporte mehr. Es stellt sich also die Frage: Wenn ich nicht unter die Sanktionen falle, wie kriege ich dann meine Waren überhaupt nach Russland? Und wie läuft das dann mit der Bezahlung? Nachdem auch die sogenannten Hermesdeckungen für Russland bis auf Weiteres ausgesetzt sind, raten wir derzeit immer: Vorauskasse ist das Allerbeste.
Treumann: Unternehmen rufen nicht bei uns an, um moralische Themen zu erörtern. Bei den Anfragen, die uns erreichen, geht es um laufende Aufträge, die in den vergangenen Wochen oder Monaten generiert worden sind. Wir haben aber natürlich festgestellt, dass sich die regionale Wirtschaft mit den Menschen in der Ukraine solidarisiert.
Treumann: Das müssen Sie die Unternehmen selbst fragen. Die Firmen rufen mich an, weil sie wissen wollen, wie das jetzt alles mit Russland funktioniert. Und ich versuche ihnen eine belastbare Auskunft zu geben.
Treumann: Unter den jetzigen Gegebenheiten würde ich das so sehen.
Treumann: Die Sanktionen werden uns alle auf breiter Front treffen. Also nicht nur diejenigen, die als Importeur oder Exporteur ins Russlandgeschäft unmittelbar involviert sind. Es trifft auch die, die gar kein internationales Geschäft haben. Denn in der Produktion etwa ist man abhängig von Rohstoffen. Und viele davon kommen aus Russland. Da zieht sich die Schlinge zu. Es wird zu einer Verknappung bei Rohstoffen kommen und zu Lieferengpässen. Und zu einer Verteuerung der Rohstoffe. Neben Erdöl und Erdgas gibt es ja noch eine Menge anderer Bodenschätze wie Eisenerz, Nickel, Kupfer und Platin, bei denen Russland unter normalen Bedingungen ein großer Lieferant ist. Jetzt kommt es für die regionalen Unternehmen darauf an, ihr internationales Geschäft zu diversifizieren. Die Folgen der Sanktionen werden auch die Konsumenten spüren. Nicht nur an der Tankstelle oder beim Auffüllen des Heizölvorrates, sondern ganz trivial auch zum Beispiel beim Bäcker, wo das Brot teurer wird.
Treumann: Das Gute ist, dass in Mainfranken die international aktiven Unternehmen jetzt schon sehr oft diversifiziert, also auf unterschiedlichen Märkten tätig sind. Mit starkem Fokus natürlich auf die EU mit ihrem freien Personen- und Warenverkehr. Dennoch sollten Unternehmen schauen, von welchen anderen Märkten sie ihre Rohstoffe bekommen können. Eine smarte Lösung ist dann zu schauen, in welchen dieser Länder es für Rohstoffe und Waren Freihandelsabkommen mit der EU gibt. Wo also Zollfreiheit ein großer Vorteil ist, wo der Warenverkehr einfacher vonstatten geht.