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Waldbüttelbrunn
Identität, Dorfleben und Ästhetik
Die Architekten Evi Mohr und Stefan Schlicht erklären dem Gemeinderat, was es bei einer Gestaltungssatzungsänderung zu beachten gäbe.
Foto: Hanna Franke | Die Architekten Evi Mohr und Stefan Schlicht erklären dem Gemeinderat, was es bei einer Gestaltungssatzungsänderung zu beachten gäbe.
Hanna Franke
 |  aktualisiert: 13.10.2024 02:29 Uhr

Welche Dachneigung war typisch für fränkische Dörfer? Wie groß darf eine Gaube im Verhältnis zur Dachfläche sein? Welche Farben prägten einst die Dörfer, und was haben wir verloren, als der Wahn um "moderne" Häuser begann? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Gemeinderat, unterstützt vom Planungsbüro Schlicht, Lamprecht und Kern aus Schweinfurt. Die Experten erläutern, wie schon kleine Eingriffe, beispielsweise das Anbringen von Faschen um Fenster, die Proportionen wieder harmonisch gestalten und das Straßenbild verschönern können.

"Unter all den Verkleidungen verstecken sich viele Schmuckstücke", ermutigt der Architekt Stefan Schlicht. Zusammen mit seiner Kollegin Evi Mohr zeigt er dem Gemeinderat anschaulich, welche Gebäude positiv oder negativ ins Auge fallen. Mehrmals verweist er auf den bayerischen Kult-Filmemacher und Autor Dieter Wieland, der bereits in den 1980er Jahren vor der Vereinheitlichung und Verödung gewarnt hatte.

"Es kommt auf die Gesinnung der Gemeinschaft an, besonders auf dem Dorf – ob die Vergangenheit als Last empfunden wird oder als bewusst erlebte Freude. Das lässt sich nur durch langwierige Information und Überzeugung erreichen. Die Alternative ist Gleichgültigkeit: Gleichgültigkeit gegenüber der Vergangenheit, gegenüber dem Gewachsenen und gegenüber der Gemeinschaft", erklärt Wieland in seiner Dokumentation "Unser Dorf soll hässlich werden" von 1975.

Stefan Schlicht und Evi Mohr stimmen ihm zu. Ein Sinn für Ästhetik und Proportionen ist notwendig, um die Wirkung des historischen Ortskerns zu bewahren und wiederherzustellen. Um dies zu fördern, sollen auch finanzielle Anreize geschaffen werden. Markus Ostwald betont, dass der Zugang zu Fördermitteln "so einfach und verständlich wie möglich" gestaltet werden muss.

Ziel ist es, gemeinsam einen Sinn für die Ästhetik der Straßen und des Dorfes zu entwickeln. Die Satzung zur Altortgestaltung soll überarbeitet und angepasst werden. Wiederholt wird jedoch der Wunsch geäußert, vor allem die Bürger für den Ort zu sensibilisieren. Denn die Anordnung von Straßen, Hausfassaden und Hoftoren sind regionale Besonderheiten, die die fränkische Tradition bewahren.

Evi Mohr erklärt beispielsweise, wie Hoftore mit vertikalen Latten das Straßenbild prägten – offene Tore, die den Blick in grüne und einladende Höfe freigaben. "Schon kleine Veränderungen bringen Verschönerung", ermutigt Schlicht. "Heute wollen alle Grau, weil es modern ist, aber es ist die Farbigkeit, die das Bild ausmacht." Ein Neubaugebiet in Oberfranken sehe genauso aus wie eines in Niederbayern. Karl-Heinz Ursprung von den Grünen pflichtet ihm bei, bevor er die Frage nach Regionalität, Heimat und Identität aufwirft.

Auch hierin stehen sie in der Tradition Dieter Wielands, der schon 1983 in seinem Film "Grün kaputt" die Neubaugebiete kritisierte: "Eine ausgeräumte, nackte Maschinensteppe, am Reißbrett konstruiert, mit schnurgeraden asphaltierten Wegen. Eine Landschaft ohne Spuren, ohne Geschichte, ohne Namen, ohne Tiere, ohne Bäume und ohne Sträucher – international."

Dem entgegenzuwirken und eine zukunftsfähige Altortsatzung zu verabschieden, wird den Gemeinderat in den kommenden Monaten weiter beschäftigen.

 
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