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WÜRZBURG
Identitäre Bewegung: Die Neue Rechte an der Uni
Podiumsdiskussion zur Identitären Bewegung       -  Podiumsdiskussion 'Die Identitäre Bewegung und andere rechte Strömungen an der Uni Würzburg' mit (v.l.) Thomas Witzgall, Endstation Rechts Bayern; Georg Rosenthal, MdL; Tanja Wolf, Politikwissenschaftlerin.
Foto: Lukas Will | Podiumsdiskussion "Die Identitäre Bewegung und andere rechte Strömungen an der Uni Würzburg" mit (v.l.) Thomas Witzgall, Endstation Rechts Bayern; Georg Rosenthal, MdL; Tanja Wolf, Politikwissenschaftlerin.
Justus Neidlein
Justus Neidlein
 |  aktualisiert: 05.12.2016 03:42 Uhr

Lange galt die „Identitäre Bewegung“ als virtuelles Phänomen – sowohl inhaltlich als auch von der Größe und Bedeutung waren die Identitären kaum fassbar. Immer mehr macht die neurechte Gruppierung, die seit Anfang des Jahres vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet wird, nun mit Plakataktionen, Veranstaltungen und Demonstrationen auf sich aufmerksam. Vermehrt auch in Würzburg, speziell an der Universität.

Grund genug für die Hochschulgruppe der Jungsozialisten, dem Phänomen in einer Podiumsdiskussion nachzuspüren. Die Gäste: Politikwissenschaftlerin Tanja Wolf von der Uni Würzburg, SPD-Landtagsabgeordneter Georg Rosenthal und Thomas Witzgall, der für die Initiative „Endstation rechts“ die rechte Szene in Bayern beobachtet. Etwa 180 Zuhörer, größtenteils Studierende, waren gekommen.

„Blut- und Boden“-Ideologie

Die „Identitäre Bewegung Deutschland“ (IBD) tritt im Internet mit professionell gestalteten Webseiten, heroischen Videos und kreativen Aktionen auf. Das Erscheinungsbild: betont modern.

Das Weltbild, das dabei transportiert wird, ist für Georg Rosenthal hingegen ein altbekanntes. Mit einer umfangreichen schriftlichen Anfrage im Bayerischen Landtag förderte er im September einige Erkenntnisse zutage: „Ihre vornehmliche Aufgabe sieht die IBD in der Verteidigung und Bewahrung von ,Heimat, Freiheit, Tradition‘“, schreibt das bayerische Innenministerium in seiner Antwort auf Rosenthals Anfrage. Eine „ethnopluralistische Vorstellung von an bestimmte Territorien gebundene Völkern entspricht der rechtsextremistischen ,Blut und Boden‘-Ideologie.“

Verbreitung via Facebook

Hier weist Tanja Wolf jedoch auf einen Unterschied hin: Der Rasse-Begriff werde bei der IBD durch einen Kultur-Begriff ersetzt. Die IBD ist laut Wolf eine Bewegung, die die rechte Szene intellektualisiere, die subtiler und moderner agiere. „Zum Beispiel mit Flashmobs, Tanz- und Plakataktionen“, sagt Wolf. Diese Aktionen werden gefilmt und vor allem auf Facebook verbreitet. Dort existieren Unterseiten für eine Vielzahl von lokalen IBD-Gruppen. Diese teilen die Videos und Fotos der anderen Gruppen. „So schaffen es die Identitären, mit wenigen Leuten – oft nur zwei bis fünf Personen – online eine sehr große Reichweite zu generieren“, sagt Wolf.

Thomas Witzgall sieht darin den Versuch, „größer zu scheinen als man tatsächlich ist“. Das macht es für Beobachter der Szene und für das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz äußerst schwierig, einzuschätzen wie groß die Zahl der Aktivisten tatsächlich ist. Als gesichert gilt nur, dass die Aktionen häufiger werden, auch in Unterfranken: Zwischen März 2015 und Juni 2016 verzeichnet der Verfassungsschutz 17 Aktionen in Würzburg, Aschaffenburg, Schweinfurt, Schwebheim, Motten und Alzenau.

Eine Person, die eng mit der Identitären Bewegung in ganz Bayern verbunden ist, ist laut Witzgall der ehemalige Wügida-Kopf Simon Kaupert. Schon bei einer Wügida-Demo hatte Kaupert den Leiter der IBD, Nils Altmieks, als Redner geladen. Mittlerweile sei Kaupert „offizieller Mitarbeiter“ bei „Ein Prozent“, einer Organisation der Neuen Rechten, die der IBD eng verbunden ist. „Es sind immer wieder dieselben Namen, die in der rechten Szene und auch bei den Identitären auftauchen“, sagt Rosenthal. Dabei seien viele Bekannte aus mittlerweile verbotenen Organen.

Verbindungen zur AfD

Aber auch die unterfränkische AfD scheint den Aktionen der Identitären durchaus offen gegenüberzustehen – obwohl es offiziell einen Unvereinbarkeitsbeschluss gibt. Wie Witzgall berichtet, seien „Würzburger AfDler“ bei großen IB-Demonstrationen in Freilassing vor Ort gewesen. Laut dem bayerischen Innenministerium sei dort – mit Ausnahme von der Partei „Die Rechte“ – „das gesamte Spektrum der bayerischen rechtsextremistischen Szene vertreten“ gewesen.

Sammlungsbecken für Rechte

„Die AfD und die IB bauen am gleichen Haus“, sagt Witzgall. So zeigt sich auch ein Vorstandsmitglied der AfD Main-Spessart / Miltenberg auf Facebook öffentlich mit dem IB-Logo. Einen digitalen Daumen nach oben bekommt er dafür unter anderem von Nadja Stafl, stellvertretende Vorsitzende der AfD Unterfranken, und Richard Graupner, AfD-Stadtrat in Schweinfurt.

Aber wie gefährlich sind die Identitären tatsächlich? Für Tanja Wolf ist das moderne, subtile und hippe Auftreten der IB ein entscheidender Punkt: „Die Sympathisanten der IB sind im Schnitt sehr jung und es scheinen auch mehr Frauen angesprochen zu werden.“ Das gebe der rechten Szene die Möglichkeit, neues Wählerpotenzial heranzuzüchten.

Würzburgs Altoberbürgermeister Georg Rosenthal sieht in der Bewegung in erster Linie noch ein „Sammlungsbecken“ für verschiedenste rechte Gesinnungen. Somit sind für ihn die Inhalte nichts neues. „Das Neue sind die neuen Kleider“, so der Abgeordnete.

 
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  • J. B.
    Liebe Mainpost, hören Sie doch endlich mal damit auf Ihre NAZI-Keule über jeden zu schwingen, der nicht Merkels Politik gut findet! Von der IB geht überhaupt keine Gefahr aus, alleine die Fragestellung "wie gefährlich" zeigt doch schon wieder dass Sie subjektive Vorverurteilung anstatt neutrale objektive Berichterstattung machen. Nur weil der VS diese beobachtet heißt das noch lange nicht, dass diese kriminell sind, schreiben Sie doch mal über die MLPD oder die Antifa, beide werden auch beobachtet vom VS und immer mehr politisch linksradikale Straftaten werden in Deutschland verübt von solchen Kriminellen, mit denen sie anscheinend sympathisieren. Bleiben Sie sachlich, objektiv und neutral! .
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  • A. S.
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • A. F.
    Also, ich persönlich finde den Artikel der Main-Post äußerst interessant!

    Eine "1 a" Reportage!

    Mann kann über solche neuen rechte Bewegungen gar nicht genug berichten, handelt die Main-Post doch mit Sicherheit auch nach der Devise "Wehret den Anfängen!"

    Viel schlimmer als den von Ihnen Vorwurf finde ich es allerdings, wie die Lemminge altbekannten Ideologien hinterher zu rennen, dermaßen verblendet, nur weil die Politik nicht nach seinem Willen handelt.

    Oder wie ein Trotzkind, dass man sein Spielzeug weggenommen hat.

    Zum Schluss noch ein (Geheim) Tipp:

    Wenn Sie mit der Berichterstattung der Main-Post nicht einverstanden sind, empfehle ich Ihnen das Nachrichtenmagazin, dass von Alfred E. Neumann heraus gegeben wird.

    Wie für Leute wie Sie gemacht: viele bunte Bilder und leicht verständliche Texte ...
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