Eine Burg in Ochsenfurt? Dass Historiker bei dieser Idee womöglich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen werden, ist David Erstling bewusst. Aber es ficht ihn nicht an. Der Wahl-Ochsenfurter ist fest davon überzeugt, dass ein Burgbauprojekt ähnlich dem im französischen Guédelon der Stadt aus touristischer Sicht nur gut tun würde. Deshalb hat er seine Idee auch schon Bürgermeister Peter Juks präsentiert.
"Standing Ovations habe ich nicht bekommen, aber er hat verstanden, worum es geht", fasst Erstling das Treffen mit dem Stadtoberhaupt zusammen. Und worum geht es? David Erstling hat vor, auf einem etwa drei Hektar großen Gelände außerhalb der Stadt eine Burg zu errichten - und zwar mit den Mitteln und Möglichkeiten der damaligen Zeit. 35 mal 35 Meter groß soll das Bauwerk werden. Auf der Facebook-Seite "Projekt: Burgbau Ochsenfurt" hat Erstling bereits ein 16 Seiten starkes Exposé veröffentlicht, in dem er das Vorhaben, seine möglichen Vorteile und seine Finanzierung vorstellt.
Vorbild ist das französische Guédelon
Das Projekt ist von vornherein auf 20 Jahre ausgelegt. Dass das funktionieren könne, zeige sich am Vorbild Guédelon, meint Erstling. In einem ehemaligen Steinbruch im Burgund erbauen rund 50 Handwerker eine Burg mit Techniken und Materialien aus dem Mittelalter, und das bereits seit 1997. In drei Jahren soll das Bauwerk fertig sein. Die Initiatoren berichten von einem bemerkenswerten Zustrom an Touristen, die die Baustelle besichtigen; Reiseführer bewerben die Attraktion.
All das, meint David Erstling, könne auch in Ochsenfurt Wirklichkeit werden. Dass es bis dahin ein weiter Weg ist, und er mit seiner Idee noch ganz am Anfang steht, ist ihm bewusst. David Erstling kam vor sechs Jahren aus Berlin nach Ochsenfurt. Fasziniert hat ihn an der kleinen Stadt von Anfang an ihre Geschichte. Dass es in Ochsenfurt tatsächlich nie eine Burg gegeben hat, hält der 31-Jährige für kein Hindernis bei dem Projekt. Er stellt sich einen fiktiven Grafen vor, den es zumindest mal gegeben haben könnte, und dessen Burg nun nachgebaut werden soll.
Um welchen Burgtyp es sich handeln könnte, möchte David Erstling gern in Zusammenarbeit mit einem Historiker festlegen. Er selbst stellt sich eine Anlage wie in Guédelon vor, mit Bergfried, Ecktürmen, Wohnbau und Burgtor. Wo das Ganze entstehen könnte, weiß der Ochsenfurter noch nicht. Mehrere Grundstücke außerhalb der Stadt hat Erstling sich schon ausgeguckt, einige gehören der Stadt, andere sind in Privatbesitz.
Die schwierige Suche nach einem Bauplatz
Wegen einer möglichen Fläche habe der Initiator bereits bei ihm nachgefragt, bestätigt Bürgermeister Peter Juks. Ob und nach welchen Kriterien ein solches im Außenbereich liegendes Projekt überhaupt genehmigt werden könne, sei ihm nicht bekannt, sagt Juks. Das müsse vom Landratsamt geklärt werden. Und was hält er persönlich von der Idee? Das Ansinnen eines jeden Bürgers werde unvoreingenommen behandelt, sagt Juks dazu. Ob das Projekt realistisch sei und für Ochsenfurt Erfolg verspreche, wisse er nicht. Und auch, ob er das Burgbauprojekt stemmen und finanzieren könne, müsse der Initiator in eigener Verantwortung prüfen.
Das Projekt soll sich selbst tragen
David Erstling hat sich auch darüber schon Gedanken gemacht. Ausgehend von angenommenen Besucherzahlen, die sich an ähnlichen Projekten sowie benachbarten Attraktionen wie etwa dem Tierpark Sommerhausen orientieren, hat er berechnet, ab wann sich das Projekt rechnen könnte. Er schätzt, dass ab dem fünften Jahr Gewinne erwirtschaftet werden könnten. Diese Gewinne sollen unter anderem aus Ticketverkäufen, Sponsorengeldern, Kursen und Märkten stammen, die auf der Burg stattfinden könnten. An Fördergelder denkt der Initiator nicht, sondern glaubt, dass sich ein solches Projekt grundsätzlich selbst tragen sollte.
"Ich bin ein Mann mit vielen Ideen", sagt David Erstling selbstbewusst zu der Frage, wie er auf dieses Projekt gekommen sei. "Und Tourismus ist für Ochsenfurt ja ein großes Thema." Erstling hatte vor der Kommunalwahl im Frühjahr mit dem Gedanken gespielt, als Bürgermeister zu kandidieren. Mit dem Burgbauprojekt wollte er auf sich aufmerksam machen. Von der Kandidatur nahm er zwar Abstand, nicht aber von seiner Idee. "Die ist zu schade, um sie in der Schublade liegen zu lassen", findet Erstling. Beruflich ist er übrigens im kreativen Bereich, konkret in Filmproduktion und Werbebranche, beheimatet.
Vor seinem geistigen Auge sieht Erstling schon jetzt Touristen aus ganz Deutschland zur Burgbaustelle kommen - und dabei die Altstadt gleich mit besuchen. Für alle, die sich einen solchen Boom nicht vorstellen können, hat er auch einen Infoabend ins Auge gefasst, bei dem er der Bevölkerung sein Projekt vorstellen möchte. Ein Zeitpunkt dafür steht aber noch nicht fest.