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Würzburg
Holocaust-Leugnung: Mann sieht sich "in keinster Weise radikal"
Ein 35-jähriger Würzburger hatte in Facebook volksverhetzende Kommentare abgegeben. Im Nachhinein wollte er alles nicht so gemeint haben.
Wer online ist - vor allem öffentlich - muss wissen, dass viele seine Texte lesen können und dafür die Verantwortung tragen.
Foto: Z1003 Jens Büttner | Wer online ist - vor allem öffentlich - muss wissen, dass viele seine Texte lesen können und dafür die Verantwortung tragen.
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:58 Uhr

Ein klassischer Fall von Volksverhetzung war das, was ein 35 Jahre alter Würzburger im September 2017 auf Facebook gemacht hat: In Kommentaren zu einem Video des Antisemiten und Holocaust-Leugners Bischof Richard Williamson behauptete er, es sei in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten "kein Tropfen Blaugas durch die Rohre geflossen" und nach dem Krieg hätten "die Siegermächte die Bücher geschrieben".

"Da hätten Sie besser die Klappe gehalten"

Wer den millionenfachen Massenmord an Juden und anderen Volksgruppen zwischen 1933 und 1945 abstreitet, bekommt in Deutschland Probleme mit der Justiz: "Da hätten sie besser mal die Klappe gehalten. Wer sich der sozialen Medien bedient, sollte sich seiner Verantwortung bewusst sein. Das kann die ganze Welt sehen", schrieb Strafrichter Thomas Behl dem Angeklagten gleich zu Beginn der kurzen Verhandlung ins Stammbuch. Kurz war der Prozess vor allem deshalb, weil der Lagerist auf der Anklagebank alles zugab.

"Ich wollte nicht respektlos sein."

Warum er sich in der Diskussion zu dem Video in strafbarer Form geäußert hat, kann er sich nach eigenen Worten selbst nicht erklären: "Ich habe das geschrieben, aber ich verleugne den Holocaust nicht. Es war nicht so gemeint, wie ich es formuliert habe", betonte der 35-jährige Deutsche, der muslimischen Glaubens ist. "Auf diesen Plattformen sieht man etwas und meint dann, etwas dazu schreiben zu müssen. Ich wollte nicht respektlos sein", fügte er hinzu.

"Auf diesen Plattformen sieht man etwas und meint dann, etwas dazu schreiben zu müssen."
Angeklagter, der sich wegen Volksverhetzung verantworten musste.

Ähnlich hatte er sich auch schon bei seiner Befragung durch die Würzburger Kriminalpolizei geäußert, die ihm seine Version ebenfalls abgenommen hat: "Er war uns bisher nicht bekannt. Ich habe nicht den Eindruck, dass er in irgendeine Richtung radikalisiert ist", sagte eine Beamtin der Staatsschutz-Abteilung. Die betreffende Facebook-Seite hat über 100 000 "Fans", an der Diskussion unter dem Williamson-Video haben sich aber nur acht Personen beteiligt.

Immerhin waren die strafrechtlich relevanten Kommentare des Angeklagten sieben Monate lang öffentlich zu sehen, ehe sie gelöscht wurden. "Ich verstehe nicht, warum man solche schwachsinnigen Ausführungen macht, wenn man nicht der rechten Szene zuzurechnen ist", sagte der Staatsanwalt. Wie der Verteidiger und Richter Thomas Behl hielt aber auch der Anklagevertreter die Aussage und die Entschuldigung des Angeklagten für glaubhaft.

"Ich bin in keinster Weise radikal. Ich schreibe auch gerne einen Brief an die jüdische Gemeinde, um mich zu entschuldigen", sagte der 35-Jährige. Die einzige Frage war daher die Höhe der Geldstrafe: 120 Tagessätze von 40 Euro, also insgesamt 4 800 Euro lautete nach einer knappen halben Stunde Verhandlungszeit das Urteil. Es ist noch nicht rechtskräftig.

 
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