Ein Bassgitarrist und eine Sängerin stehen auf der Hafensommer-Bühne. Das muss reichen. Und wie es reicht. Denn das, was der deutsche Kultbassist Hellmut Hattler und die deutsch-kamerunische Sängerin Siyou in der folgenden Stunde ablieferten, benötigte wirklich keine weitere musikalische Unterstützung. Hattler ist Mensch gewordener Groove und seine Partnerin ein hochenergetischer Stimmvulkan. Das ist genug um die – bei wolkenverhangenem düsteren Himmel – überschaubare Besuchergemeinde um den Finger zu wickeln.
Obwohl Siyou'n'Hell aus unterschiedlichen Richtungen kommen – sie vom Gospel, er vom Jazzrock – sind sie auf der Bühne vom ersten Moment an eine Einheit. Hattler gibt den Groove vor, wobei er den Begriff Bassgitarre sehr wörtlich nimmt. Mit ihrer kraftvollen klaren Stimme umschmeichelt Siyou den Groove, gospelt und soult, dass es eine Wonne ist. Gesang und Bass bilden eine intensive Einheit, reagieren perfekt aufeinander. Man merkt deutlich, dass hier ein eingespieltes Team am Werk ist. Eigene und Fremdkompositionen wechseln sich nahtlos ab und bei bekannten Stücken wie „Lean On me“ (mit Rap-Einlage), „Come Together“ oder „You Still Haven't Found What I'm Looking for“ muss Siyou das Publikum nicht zweimal zum Mitmachen einladen. Und auch wenn Hattler sich in der Rolle des kongenialen Begleiters sichtlich wohlfühlt, zeigt er doch auch mehrfach, wie schnell er seine Finger über die vier Saiten flitzen lassen kann. Das Publikum schloss das Duo schnell ins Herz und ließ es erst nach zwei Zugaben gehen. Völlig zu Recht.
zog sich das quälend in die Länge – und Afrika war musikalisch ganz weit weg.
Mit Akkordeon, Tuba, Gitarre (die schon bessere Zeiten gesehen hatte) und Tenorhorn schlendern am Dienstagabend vier junge Oberammergauer auf die Bühne. Sie nennen sich „Kofelgschroa.“ Nein sie schreien nicht, sondern sie singen. Texte wie „Aufstehn in der Friah is für die meisdn Leid a Blog, a Jager geht zum Schiaßn in da Nochd und ned am Dog“. In einem anderen Lied heißt es: „Die Wäsche trocknet in der Sonne , die Wäsche trocknet auch am Wind, die Wäsche trocknet auch am Licht, wie schön ist das eigentlich.“
und die vier nehmen sich die Freiheit und alle Zeit der Welt, um ausgiebig in den Melodien zu schwelgen und zu zeigen, dass sie großartig spielen können. Das geschieht zwar auf dem Fundament der bajuwarischen Heimatklänge, doch fühlen sie sich eher heimatlos in der Heimatmusik. Dazu sind sie zu extrem und manchmal auch anarchisch. Das gilt im Besonderen auch für ihre häufig minimalistischen Texte, bei denen einem Karl Valentin oder Herbert Achternbusch in den Sinn kommen.
Banal ist bei „Kofelgschroa“ gar nichts, am Rande der Genialität vieles. Die rund 400 Zuschauer beim Hafensommer feierten die Band begeistert. Wer sie versäumt hat, kann dies jetzt im Kino nachholen: Ab sofort läuft eine eineinhalbstündige Dokumentation mit dem Titel „Frei.Sein.Wollen.“ in den Kinos.
Dem Jazz verschrieben
Nach „Kofelgschroa“ gab es Neues aus dem „Notwist“-Lager, der bayerischen Kult-Rockband, die den Namen Weilheim in die Welt trug. Mit seinem „Alien Ensemble“ hat sich Notwist-Trompeter Micha Acher dem Jazz verschrieben. Mit Vibraphonist Karl Ivar Refseth und Drummer Andi Haberl hat er noch zwei weitere Mitglieder der Stamm-Combo mit dabei. Jazz ist ein weites Feld, das zeigt sich auch bei den Aliens. Das Alien Ensemble geht keine großen Risiken ein. Markante Bläsersätze bilden zumeist die Startrampe für die Solisten, die ihre langen Instrumentalausflüge routiniert meistern. Eindeutig festlegen lässt sich das alles nicht, Pop, Bebob und Swing stehen irgendwie Pate, aber immer wenn man glaubt, etwas verorten zu können, nimmt die Musik eine plötzliche Wendung. Wenn das noch Jazz ist, dann einer, den auch Nicht-Jazzhörer gut vertragen können.