Seit Monaten ist die Mariensäule in Frickenhausen eingerüstet und teilweise verhüllt – das wertvolle, über 300 Jahre alte Kunstdenkmal an der südwestlichen Ecke des historischen Rathauses wird saniert. Nun stehen die Arbeiten, mit denen der Würzburger Steinmetzbetrieb "Boris Rycek" betraut ist, kurz vor dem Abschluss: "Bis Ende November wollen wir fertig sein", sagt Juniorchef Michael Rycek, der bei dem Projekt die Bauleitung hat. "Der Anstrich des Objekts steht noch aus, dann fällt das Gerüst, und die Balustrade und die Engelsfiguren werden wieder eingesetzt."
Dass eine umfassende Sanierung nötig war, stand schon länger fest: Bereits im Herbst 2017 war der schlechte Zustand der Säule Thema im Gemeinderat Frickenhausen. Über die Zeit hatte die Witterung dem weichen Sandstein zugesetzt und zu Rissen und Fehlstellen geführt. Bei den zwei Engelsfiguren bestand die Gefahr, dass sie herabstürzten, weshalb sie 2017 abgebaut und eingelagert wurden – ebenso wie ein Teil der Balustraden. Die Säule wurde notgesichert, außerdem wurde eine Befunduntersuchung in Auftrag gegeben. Im April 2021 fiel im Gemeinderat die Entscheidung, dass das Baudenkmal restauriert werden soll.
Dass man die Mariensäule samt Muttergottes-Figur vor Ort restaurieren würde, stand schnell fest – die Tatsache, dass sie stark ins Rathaus verankert ist sowie ihre Höhe von sechs Metern sprachen dafür. Im Juni 2022 wurde das Gerüst an der Mariensäule in Frickenhausen aufgestellt, "eine Restauratorin hat die Arbeiten vor Ort ausgeführt, insgesamt waren drei Mitarbeiter daran beteiligt", so Rycek.
Die zwei Engelsfiguren und Teile der Balustrade wurden dagegen bereits zu Beginn dieses Jahres im Steinmetzbetrieb am Würzburger Heuchelhof restauriert. Bei einem Besuch vor Ort zeigt Michael Rycek, welche Arbeiten an den Engelsfiguren – den Erzengeln Michael und Georg, mit einem Drachen und einer Schlange zu Füßen –, durchgeführt wurden.
Im Hof der Firma lagern in Regalen unzählige Steine verschiedenster Formen und Größen. Vorsichtig schiebt der Steinmetz die beiden Figuren auf Paletten in die Mitte des Hofs. "Es gibt keine gerade Fläche, alles erzählt eine Geschichte", erklärt Rycek den besonderen Wert der Mariensäule, der für ihn in ihrer reichhaltigen bildhauerischen Verzierung liegt.
"Die Arbeiten waren insofern besonders, als dass die Engel, der Sockel, die Säule und wohl auch die Marienfigur bei ihrer Restaurierung in den 80er Jahren in Acrylharz getränkt wurden", sagt Rycek. Dies verändere aber die physikalischen Eigenschaften des Steins. Vor einer Acrylharzvolltränkung müssten die Objekte im Kern trocken sein – "das hat man in den Trocknungskammern aber nicht immer ganz geschafft". Und: "Wenn die Restfeuchte nicht entweichen kann, kann das eine enorme Sprengwirkung im Stein entwickeln", so Rycek.
Dass bei der letzten Restaurierung mit Acrylharz gearbeitet wurde, lässt sich laut Rycek an den extrem starken Rissen in den Figuren erkennen. "Insgesamt lag der Schwerpunkt nicht auf den Restaurierungs-, sondern auf den Konservierungsarbeiten", zieht der gelernte Steinmetz, Bildhauermeister und Restaurator Resümee. Konservatorisch seien die Arbeiten sehr anspruchsvoll gewesen – "wie bei allen acrylharzgetränkten Objekten".
Ohne diese Behandlung wäre die Mariensäule laut Rycek statisch aber in einem "sehr bedenklichen Zustand". Bei dem Keuper-Sandstein, aus dem die beiden Engel bestehen, hätte man ohne die Acrylharzvolltränkung vor 40 Jahren heute wohl von einem Totalschaden ausgehen müssen, da das Material von innen in der Zwischenzeit so mürbe wäre, dass man es nicht mehr restaurieren könnte.
Die Überlegung, die Mariensäule komplett neu anfertigen zu lassen, habe es dennoch gegeben. Da statisch keine verkehrsgefährdende Situation bestand, entschied man sich für die Restaurierung, die mit Kosten von inzwischen rund 57.000 Euro günstiger als eine Neuanfertigung ist.
Doch wie läuft eine Sanierung im Einzelnen ab? Zunächst werden die Figuren von Algenschichten, Moosen und Flechten gereinigt, erklärt Michael Rycek – erst dann könne man das Schadensbild erkennen. Danach geht es um die Sicherung des Bestands: Flächen, die dauerhaft Feuchtigkeit ausgesetzt sind, etwa, weil sie selbst Schatten werfen, werden mit einer Acrylarzdispersion gefestigt. In einem dritten Schritt werden einzelne Teile gesichert, wobei Fehlstellen wieder zurecht modelliert werden. "Die Schilder der Engel waren zum Beispiel komplett gespalten, wir haben sie wieder zusammengesetzt", so Rycek.
Wo man Abplatzungen, etwa bei den Federn der Engel am Flügel oder bei einem Stück der Rüstung nicht wieder ankleben konnte, wurde mit Dübelungen und Mikrostiften, mit zum Teil nur zwei Millimetern Durchmesser, gearbeitet. Tiefen- und Breitenrisse wurden mit einer acrylatischen Injektionsmasse verpresst und mit einer speziellen Restauriermasse geschlossen; anschließend wurde eine Schutzlasur aufgetragen. "Die Engel bekommen auch ihre Schwerter wieder", sagt Rycek. Diese werden aus Aluminium nachgefertigt und dann vergoldet, da sie sonst für die Figuren zu schwer würden – eine Aufgabe, die Seniorchef Boris Rycek übernimmt.
Bei seiner Arbeit als Bildhauer orientiert sich Michael Rycek an der jeweiligen Figur und deren Formsprache: "Jedes Objekt steht beim Restaurieren für sich", so sein Credo. "Heute muss man als Bildhauer ein Allrounder sein, seinen eigenen Stil kann man nicht mehr so ausleben." Um als Bildhauer in der Denkmalpflege zu arbeiten, sei ein Interesse an historischer Bausubstanz nötig sowie der Wille, sie zu bewahren. Und: Man braucht ein gewisses Talent, ist der Juniorchef überzeugt, "Bildhauerei kann man nur bis zu einem bestimmten Grad lernen".
Als spannendsten Teil seiner Arbeit empfindet er den Moment, "wenn wir große Teile versetzen, außerdem das Finish und die Resonanz im Anschluss". Als seine Firma zum Beispiel die Krone am Haupteingang der Würzburger Residenz erneuert hat, seien mit Hilfe von Schwerlastkränen acht Tonnen Gewicht durch die Luft geschwebt, erzählt er stolz. "Es ist schön zu wissen, dass man zum Erhalt von Kulturgütern beiträgt."