Unzählige Kinder pusteten aus voller Lunge und rieben sich die Hände, um so viel Wärme wie möglich auf die Bühne zu schicken – oder in den Eispalast, der da vor ihnen glitzerte. "Die Schneekönigin", ein Familienstück von Jewgeni Schwarz nach Motiven von Hans Christian Andersen feierte Premiere im Kleinen Haus des Mainfranken Theaters, und die Vorfreude aufs märchenhafte Geschehen hatte die vielen Mädchen und Jungen im Publikum spürbar erfasst.
Herzenskälte darf gerne draußen bleiben
Ein Märchen, das ebenso lustig wie traurig sei, wird angekündigt, und schon rieselt der Schnee von der Decke. Überdimensionale Silberflocken zieren die Bühnenwände, ein dicklicher Schneemann jongliert vergnügt vor sich hin, zwei Kinder – Gerda und Kai - liefern sich eine Schneeballschlacht. In der kleinen, rosengezierten Stube der Großmutter lesen sie die Geschichte von den Spiegelsplittern, durch die man Negatives und Hässliches sieht, auch wenn die Splitter als Fensterscheiben im Hintergrund erstehen. Aber hier im Stübchen herrscht Wärme; die Kälte, vor allem die Herzenskälte darf gerne draußen bleiben!
Doch dann bricht Unheil ein ins Idyll. Ein Kommerzienrat steht dafür, dass mit Geld alles käuflich sein soll. Die Oma hält dagegen: "Es gibt Dinge, die nicht mit Geld zu bezahlen sind." Auch ein Tadel ist nicht weit: "Wohlerzogene Kinder stellen Erwachsenen keine Fragen!" Immer wieder tauchen solche Zeigefinger-Sätze auf, viele dürften Kindern wohlbekannt sein, wie "Das wird Konsequenzen haben!".
Schauspieler schlüpfen in mehrere Rollen
Kurzum: Kai wird von der Herzenskälte der Schneekönigin infiziert und zieht mit ihr in ihr Reich. Gerda bricht auf, um ihn zurückzuholen, reist um die halbe Welt und erlebt dabei einige Abenteuer. 16 Rollen gibt es in diesem Stück: Daria Lik, Eva-Lina Wenners, Nils David Bannert, Nina Mohr, Nils van der Horst und Loris Kubeng übernehmen jeweils mehrere. Dabei spielen sie nicht nur, sondern überzeugen mit viel Gefühl für die Charaktere auch mit dem einen oder anderen Song.
Adrian Sieber hat die stimmige, in ihrer Schlichtheit zauberhafte Musik geschaffen, lässt Schlagwerk, Celesta, Gitarre und Kontrabass passende Effekte setzen, hat Melodien erdacht, die sich auch nachsingen lassen würden.
Kunterbunte Inszenierung
Auf der Bühne toben Blitz und Donner, fegen Schneestürme, entsteht ein Wald mit Räuberlager. Es deutet sich ein Schloss an, in dem König Erik, der Schläfrige lebt, der Burgwächter einen goldenen Topf als Helm trägt und man sich bestens einen Kampf in Form einer Kissenschlacht liefern kann. Ein Rabe mit täuschend echter Körpersprache, eine beeindruckend kräftig quietschende Prinzessin, ein derbes rothaariges Räuberkind, ein Rentier, das stark an Rudolph mit der roten Nase erinnert und ein prächtiges Geweih trägt: Es ist eine kunterbunte, sehr lebhafte Inszenierung, die Martina Eitner-Acheampong da geschaffen und zu der Trixy Royeck Bühnenbild und Kostüme kreiert hat.
Man meint die Kälte fast zu spüren, wenn man schließlich mit Gerda auf dem Rücken des Rentiers im eisgrauen, von Polarlicht erleuchteten Reich der Schneekönigin ankommt, um Kai zu retten. Eiskristalle und -blöcke überall, spitze und harte Formen, dann ein magischer Moment: Wird Gerda stärker sein als die Schneekönigin? Wird es ihr gelingen, den Zugang zu Kais Herzen zu finden und ihn zu erlösen?
Die Kinder in der Premierenvorstellung fieberten mit und gaben sich alle Mühe, Gerda durch Pusten zu unterstützen.
Das Stück läuft noch bis 6. Januar. Altersempfehlung: ab sechs Jahren. Restkarten unter www.mainfrankentheater.de