Als Jochen Marquardt Ende Dezember mit seinem Dienstauto unterwegs ist, ahnt er nicht, dass er gleich in die Rolle eines echten Helden schlüpfen wird.
Der gelernte Industriemechaniker aus Estenfeld (Lkr. Würzburg) ist an einem ganz normalen Nachmittag im Spessart auf der Staatsstraße zwischen Marktheidenfeld und Rohrbrunn auf dem Weg zu einem Kunden. Plötzlich sieht er Flammen am Fahrbahnrand.
„Neben einer langen Linkskurve habe ich ein brennendes Auto gesehen“, erinnert sich Marquardt. Der 47-Jährige reißt den Feuerlöscher aus seinem Dienstwagen und rennt zum verunglückten Fahrzeug. Wie sich später herausstellt, ist das Unfallauto von der Straße abgekommen, die Böschung heruntergekracht und hat sich drei Mal überschlagen.
„Ich habe nicht nachgedacht, ich habe einfach gehandelt“, sagt Marquardt über den Tag, der sein Leben verändert hat. Mittlerweile ist ein weiterer Mann zu Hilfe gekommen. Nachdem der Estenfelder den Brand im Motorraum löschen konnte, versuchen beide das Fahrzeug zu öffnen. „Ich wusste nicht wer da drin ist oder ob überhaupt noch jemand im Auto lebt“, so Marquardt. Als die beiden Männer die Beifahrertür öffnen, wird ihnen das ganze Ausmaß des Unfalls bewusst.
„Die Kopfhaut war abgetrennt“
Dicker Qualm, überall Blut und die Angst, der Fahrer könnte nicht überlebt haben. „Am Steuer saß eine 77-jährige Dame. Sie war noch am Leben“, erinnert sich Marquardt mit Betroffenheit in der Stimme. Nachdem es ihm gelungen ist, den Motor abzustellen, gilt nun dem Opfer die volle Aufmerksamkeit. Und diesen Anblick wird der Mechaniker nicht wieder vergessen.
„Die Kopfhaut der Dame war zu großen Teilen abgetrennt und nach hinten geklappt“, sagt Marquardt bewusst sachlich. „Wir haben auf sie eingeredet, und sie war bei Bewusstsein“, schildert er den Hergang. Die Frau steht unter Schock und weiß nicht, wo sie ist.
Nach wenigen Augenblicken gelingt es den Männern, die Frau aus ihrem Wagen zu ziehen. „Überall lagen Taschen und Kleider verstreut auf dem Boden“, erinnert sich Marquardt an den Unfallort.
Die Männer heben die schwer verletzte Frau aus dem Wagen und legen sie vorsichtig auf einen Mantel. „Wir wollten sie in die stabile Seitenlage bringen, aber dann kam zum Glück die Feuerwehr“, so Marquardt.
Als die Rettungskräfte übernommen hatten, geht der 47-Jährige ohne zu zögern zur Tagesordnung über. Wo andere im Schock zusammenbrechen, setzt sich Marquardt in sein Auto und fährt zur Arbeit, als wäre nichts passiert. „Unsere Händler warten auf ihre Auto-Ersatzteile“, sagt er.
Erst am Abend spricht er mit seiner Frau über die Geschehnisse und versucht sie zu verarbeiten. „Ich wache schon manchmal nachts auf und habe die schrecklichen Bilder im Kopf“, sagt Marquardt. Dennoch ist er froh, genau so gehandelt zu haben.
„Das Schlimmste wäre gewesen, den Menschen schreien zu hören, wenn er im Auto verbrennt, und ich kann nichts machen“, so der Estenfelder. Im Nachhinein bestätigten ihm sowohl Ärzte als auch Polizei, dass sein Eingreifen der Frau das Leben gerettet hat. „Wäre ich eine Minute später gekommen, wäre sie gestorben“, so der Lebensretter.
Unfallopfer will sich bedanken
Seine selbstlose und beeindruckende Aktion nahmen sich nun der Automobilclub von Deutschland (AvD) und Goodyear zum Anlass, dem Unterfranken zu danken und ihn für seine Rettungstat zu würdigen. Jochen Marquardt ist demnach „Held der Straße im Februar“. Jeden Monat suchen die Automobilclubs in ganz Deutschland mutige und selbstlose Heldinnen und Helden wie Jochen Marquardt. Unterstützt wird die Aktion unter der Schirmherrschaft des Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt von der Zeitschrift „Trucker“.
Einige Wochen nach dem besagten Tag hat Jochen Marquardt die Geschehnisse nach eigener Aussage gut verkraftet. Eine Angehörige des Unfallopfers hat sich beim Lebensretter gemeldet, ihm mit Blumen gedankt und ihn über den Gesundheitszustand der 77-Jährigen informiert. „Ihr geht es körperlich den Umständen entsprechend wieder gut. Sie wartet jetzt auf eine Reha und möchte sich, wenn sie wieder darüber sprechen kann, bei mir persönlich melden“, sagt Marquardt.
Helden des Straßenverkehrs
Der Auszeichnung muss ein außergewöhnliches Engagement im Bereich der Hilfsbereitschaft und Mitmenschlichkeit im Straßenverkehr vorausgegangen sein. Jochen Marquardt wurde geehrt, nachdem seine Ehefrau die Reifenfirma Goodyear und den Automobilclub von Deutschland (AvD) informiert hatte. Viele Helden im Straßenverkehr bleiben allerdings unentdeckt. Deshalb ist ein jeder angesprochen, einen möglichen „Helden der Straße“ vorzuschlagen. Nominierungen können auf www.held-der-strasse.de eingereicht werden.
Auch „Kavalier der Straße“, eine Arbeitsgemeinschaft deutscher Tageszeitungen, will Autofahrer, Fußgänger, Radfahrer oder Motorradfahrer ehren, die sich hilfsbereit und engagiert im Straßenverkehr oder bei einem Unfall verhalten. Dafür arbeitet die Arbeitsgemeinschaft mit dem Automobilclub ADAC und dem Bundesverkehrsministerium zusammen.
Ich bin ein Nachbar von Jochen.
Aller Achtung - die meisten fahren
vorbei oder mache nur Fotos & Videos.
Jochen ist nicht nur ein Held der Straße.
Meiner Meinung nach müßte er die
Rettungsmedallie erhalten.
Er hat ja ein Menschenleben gerettet.
Jochen nochmals ein großes Dankeschön
und mach weiter so ! ! !