Es war ein Heimspiel für Katharina Schulze und Ludwig Hartmann: Das Landtags-Spitzenduo der Grünen stellte sich am Freitag in der Posthalle den Fragen von knapp 200 Menschen und brachte seine Wahlkampfbotschaften dabei gut gelaunt und routiniert unters Volk.
"Wir beenden die absolute Mehrheit der CSU" - mit diesem Slogan hatten die beiden Gesichter des grünen Wahlkampfs 212 Tage vor der Landtagswahl einen Countdown gestartet. Zu Beginn der Veranstaltung in der Posthalle am Freitag um 18 Uhr waren es auf die Minute genau noch 16 Tage bis zur Schließung der Wahllokale am 14. Oktober - abzulesen an den Ziffern einer digitalen Anzeige, die am Zugang zur grünen Wahlkampf-Arena aufgestellt war.
Im Endspurt stellen sich die beiden Spitzenkandidaten in vier bayerischen Großstädten den Fragen der Wahlberechtigten - die grüne Hochburg Würzburg war nach München die zweite Station, weiter geht es in Nürnberg und Augsburg.
Fragen zum Aufwärmen
Los ging es in der Posthalle mit harmlosen Fragen zum Aufwärmen durch die beiden Würzburger Landtagskandidaten Kerstin Celina und Patrick Friedl, dann standen die beiden Hauptpersonen des Abends alleine auf der Bühne, von allen Seiten umringt vom Publikum.
Richtig schwer wurde es ihnen nur selten gemacht - kein Wunder, wenn ein Großteil des Publikums aus Sympathisanten, Mitgliedern und Mandatsträgern der eigenen Partei besteht - ein Heimspiel eben. Fragen zu typisch grünen Themen wie Klimawandel, Umweltschutz, Energiewende und Agrarpolitik können Schulze und Hartmann nach wochen- und monatelanger Wahlkampftour ausführlich beantworten, ohne lange nachzudenken.
Eingespieltes Duett
Die beiden Protagonisten meisterten den gemeinsamen Auftritt in einem gut eingespielten Duett. Hartmann präsentierte sich dabei deutlich entspannter als zwei Tage zuvor im TV-Duell mit Ministerpräsident Markus Söder - sein Sprechtempo war allerdings genauso hoch, und bei seinen Antworten kam er schneller als seine Kollegin zu den passenden Thesen aus dem grünen Wahlprogramm.
Schulze machte ihrem Ruf als immer gut gelauntes Energiebündel alle Ehre. Auch bei kritischen Fragen blieb sie keine Antwort schuldig - zum Beispiel, als einer aus dem Publikum die "drohende Völkerwanderung" durch Geflüchtete als große Bedrohung bezeichnete: "Viel mehr Menschen würden die Grünen wählen, wenn sie sagen würden, dass Europa brutal hohe Mauern braucht", sagte der Mann.
Geflüchtete "würden wahrscheinlich sehr gerne in ihrer Heimat bleiben", antwortete Schulze. Durch bewaffnete Konflikte und die Auswirkungen des Klimawandels seien betroffene Menschen aber gezwungen, sich auf den Weg zu machen. "Deshalb müssen wir endlich die Klimakrise bekämpfen und aufhören, deutsche Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete zu exportieren", forderte Schulze.
Sicherheit statt Überwachung
Hartmann bekam von einem Fragesteller die Gelegenheit, den Standpunkt der Grünen zu dem bei ihnen eher selten angesprochenen Thema Polizei und Innere Sicherheit zu erläutern: "Wir stehen zu unserer Polizei. Der Unterschied ist, dass wir Sicherheit nicht mit Überwachung verwechseln und nicht bereit sind, Bürger- und Freiheitsrechte leichtfertig aufzugeben."
Ein kurzes Fazit: Schulze und Hartmann hatten es nicht wirklich schwer, die Stimmen der überwiegenden Mehrheit der Anwesenden waren ihnen schon vorher sicher. Gefreut haben dürften sie sich über die Aussage des bekennenden CSU-Mitglieds Christian Stöckel, der sich eine schwarz-grüne Regierungskoalition in Bayern wünscht. Am Ende des Abends waren es noch 15 Tage, 22 Stunden und 16 Minuten bis zum angestrebten Ende der absoluten CSU-Mehrheit in Bayern.
CSU und freie,Wähler wirken altbacken und verkrustet. Die Grünen wirken frisch, unverbraucht und mutig. Wer hätte das noch vor wenigen Jahren gedacht?
Was sich da in Bayern abzeichnet ist fast schon ein politisches Erdbeben. Möglicherweise fallen neben der CSU auch die FW und die vor der Verantwortung fliehenden Magentagelbblauen zum Opfer.
Hartmann und Schulze konnten an dem Abend mit ihrem kompeten, freundlichen Auftreten sicher auch einige Wechselwähler überzeugen.