zurück
WÜRZBURG
Heimaufsicht: Pro Jahr werden rund 65 Mängel in den derzeit 54 Heimen entdeckt
Kontrolleure am Schreibtisch: Hans Vollmer und Thomas Kühner von der Heimaufsicht der Stadt Würzburg diskutieren über den umfangreichen Prüfleitfaden, nach dem die Heime kontrolliert werden müssen.: CHRIST
Foto: Foto | Kontrolleure am Schreibtisch: Hans Vollmer und Thomas Kühner von der Heimaufsicht der Stadt Würzburg diskutieren über den umfangreichen Prüfleitfaden, nach dem die Heime kontrolliert werden müssen.: CHRIST
Christ Pat
 |  aktualisiert: 07.01.2014 18:57 Uhr

Seit langem tobt ein Streit um die Qualität der Pflege. Berichte über Pflegeskandale rütteln auf. Wie schaut die Situation in Würzburg aus? „Gar nicht so schlecht“, sagt Hans Vollmer von der Heimaufsicht der Stadt Würzburg. 26 Altenheime und 28 Heime für behinderte Menschen gibt es in der Stadt. Jede Woche sind Vollmer und sein Kollege Ansgar Haase unangemeldet in einem Heim zugange. Rund 65 Mal im Jahr stoßen sie auf Mängel. Die wenigsten sind gravierend.

Jeweils bis zu sechs Stunden ist Hans Vollmer mit Stift und Papier vor Ort, wenn er ein Heim routinemäßig überprüft. Zwölf Jahre macht der Sozialpädagoge diesen Job schon. Die Situation heute sei mit jener von 2001 nicht zu vergleichen: „Wir haben vor allem in der Altenpflege inzwischen einen Markt bekommen.“ Und dadurch harte Konkurrenz. Sehr viel mehr Heime gebe es außerdem heute als vor zwölf Jahren. Während damals lange Wartelisten existierten, sind inzwischen einige der 1873 Plätze für pflegebedürftige Senioren in Würzburg unbesetzt. Was auch bedeutet: Die Heime müssen sich um Qualität bemühen.

Das jedoch gelingt nicht immer. So gibt es nach wie vor unflexible Essenszeiten: Wer bis 8.30 Uhr nicht beim Frühstück war, hat Pech gehabt. Auch stoßen Hans Vollmer und Ansgar Haase, gehen sie zusammen mit einer Pflegefachkraft vom Würzburger Gesundheitsamt in eine Einrichtung, mitunter auf unangenehmen Geruch. Das ist zwar noch kein gravierender Mangel. Doch Qualität schaut anders aus. Die Bewohnerinnen und Bewohner sollen sich in den Einrichtungen wohl fühlen. Insbesondere Uringeruch muss darum tabu sein, auch wenn es noch so viele inkontinente Patienten gibt. Auch sollte das Pflegebad zumindest ein wenig Wellnesscharakter haben. Wer badet schon gern im Sterilen?

Die Betriebsbegehungen schließen auch Gespräche mit den Bewohnerinnen und Bewohnern ein. Fühlen sie sich in dem Alten- oder Pflegeheim wohl? Was haben sie zu bemängeln? Wo sehen sie Handlungsbedarf? Auch mit Bewohnervertretretern reden die Heimaufseher. Wo drückt ihnen der Schuh? Sehen sie eine gute Pflege gewährleistet?

Schließlich wird danach geschaut, wie bettlägerige Patienten pflegerisch versorgt sind. Auch hier ist nicht immer alles in Ordnung. So entdecken die Aufseher manchmal unhygienische Sondenversorgungen. Auch prall gefüllte Urinbeutel, die längst schon hätten gewechselt werden müssen, sind hin und wieder zu beanstanden. Wobei die Heimaufseher nicht nur Mängel aufspüren. Es geht ihnen auch um eine positive Entwicklung der Heime. „Wir beraten die Einrichtungen, wie sie ihre Qualität verbessern können“, bestätigt Thomas Kühner, der für die Fachabteilung Heimaufsicht verantwortlich ist.

Pflegekräfte zu stigmatisieren, das möchte Hans Vollmer auf jeden Fall vermeiden. „Das Personal ist nicht zu beneiden“, weiß er. So hat sich zwar das Verständnis von Pflege in den letzten Jahren verändert. Der 1996 eingeführte Personalschlüssel jedoch kaum. Mit zu wenig Personal müssen immer höhere Ansprüche der Bewohner und der Angehörigen, immer mehr Aufgaben und Dokumentationspflichten bewältigt werden.

„Die Pflegekräfte werden ausgepowert“, erlebt Vollmer vor Ort. Gerade weil sich die Mitarbeiter in den Heimen bemühen, sehr gute Arbeit zu leisten, seien sie nach wenigen Jahren oft „am Ende“. Wer ernstlich die Qualität der Pflege verbessern möchte, müsse hier ansetzen: „Wir brauchen erheblich mehr Personal.“

Prüfleitfaden

Die Heimaufsicht prüft die Heime nach einem Prüfleitfaden. Obligatorisch sind für die Würzburger Heimaufseher neben dem Hausrundgang Gespräch mit Bewohnern, Angehörigen, gesetzlichen Vertretern, Besuchern, Bewohnervertretern, Mitarbeitern sowie den Leitern der Einrichtung. Zudem gewinnen die Aufseher durch „teilnehmende Beobachtung“ Erkenntnisse. Sie beobachten beispielsweise, wie die Bewohner angesprochen, behandelt, berührt und wie sie gepflegt werden. Für die Heimaufsicht in Würzburg stehe in jedem Fall der pflegebedürftige Mensch und seine Lebensqualität im Vordergrund, sagt Hans Vollmer, nicht das zu prüfende „Papier“.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Behinderte
Pflegebedürftigkeit
Pflegepersonal
Seniorenheime
Stadt Würzburg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top