"Ein Trinkgefäß, sobald es leer, macht keine rechte Freude mehr." Dieser Spruch nach Wilhelm Busch mag zwar Gültigkeit haben für Menschen, die mit dem Inhalt ihren Durst löschen, nicht aber für Bruno Graber. Für den Auber sind die Gefäße wichtig. Und besonders solche, die einstmals Bier enthalten haben, wie Flaschen und Krüge, hat er über Jahrzehnte hinweg zusammengetragen.
Auf dem Dachboden seines Hauses zeugen zirka 900 Bierkrügen und rund 1000 Bierflaschen mit Drahtbügelverschlüssen von der Sammelleidenschaft des gelernten Maurers. Das ganze Sammelsurium des 82-Jährigen umfasst aber noch viel mehr. Neben den langen Regalen mit sauber aufgereihten uralten Tonkrügen und nicht weniger betagten Glasflaschen, die er auf auf Flohmärkten und Tauschbörsen aufgestöbert hat, finden sich auch uralte Bocksbeutel.
Ein Dachziegel aus dem Jahr 1553
Wie die Sammlung von alten Haushaltsgerätschaften oder die hohen Lederstiefel seines Großvaters, in den noch die massiven hölzernen Stiefelspanner stecken, holen auch die uralten Dachziegel längst vergangene Zeiten in die Erinnerung zurück. Unter den Ziegeln, die einstmals auf Dächern in Aub und Baldersheim lagen, trägt ein Exemplar die Jahreszahl 1553.
Bei dem Ausflug in die Vergangenheit trifft man bei Bruno Graber auch auf alte Säcke und hölzerne Kisten, in denen früher 20 Bierflaschen bis nach Übersee verschickt worden waren. Einen Einblick in die frühere Geschäftswelt gibt eine Anzahl von emaillierten Werbeschildern. Darunter gilt ein Exemplar Graber als das "wertvollste in der Sammlung." Das schwarze Blechschild ist undatiert und trägt die Aufschrift "Fr. Rebelan Kappenmacher von Aub."
Unter den Exponaten an der Wand finden sich auch Papiertüten eines längst nicht mehr existierenden Lebensmittelladens, der sich damals in der "Adolf-Hitler Straße 43" befand. Dass die Geschichte der Gollachstadt dem gebürtigen Baldersheimer sehr am Herzen liegt, zeigt sich auch an den verschiedenen alten Stühlen, die aus Auber Gastwirtschaften stammen. Ebenso wie der Gläserschrank, der aus dem "Goldenen Lamm" auf Bruno Grabers Dachboden umgezogen ist. Darunter auf einem ehemaligen Wirtshaustisch präsentieren sich Krüge und Flaschen von Brauereien, die einstmals in Aub vertreten waren.
Mit der Flasche aus hellem Glas, auf der zu lesen ist "Georg Graf Mineralwasserfabrik Aub", besitzt Bruno Graber, wie er sagt, "ein einmaliges Stück". Und weil er über die Jahrzehnte hinweg nicht nur ein enormes Wissen über die Beschaffenheit von Bierflaschen und -krügen erlangt hat, sondern sich darüber hinaus auch mit Ahnenforschung beschäftigt hat, ist ihm bekannt, dass der Mineralwasserfabrikant Graf (1876-1942) verwandtschaftlich mit seiner Familie verknüpft war.
Erinnerungen an die "Bierprobe"
Über die Auber Familien-und Verwandtschaftsverhältnisse kann der Junggeselle ebenso spannend erzählen wie über die Geschichte der einstigen örtlichen Bierbrauer. Mit seiner Broschüre aus dem Jahre 1931 mit dem Titel "Fuehrer durch Aub" besitzt er einen wahren Schatz. In der Rarität ist eine kurze Chronik zur Stadtgeschichte ebenso zu finden wie im Anhang "Empfehlenswerte Gasthäuser und Geschäfte".
In der bebilderten Broschüre trifft man beim Lesen des beschriebenen Rundgangs durch die Stadt nicht nur auf historisch bedeutsame Gebäude, sondern auch mehrfach auf Gasthäuser mit "Biersiederei". So führt der schriftliche Ausflug in die Vergangenheit auch zum "Gasthaus zum weißen Roß". In diesem Wirtshaus, das kurz nach 1900 als letztes der Auber Biersieder die Produktion einstelle, hielt damals von Zeit zu Zeit der gestrenge Rat der Stadt die übliche "Bierprobe" ab.
Dabei wurde geprüft, ob die Sieder das Bier nach altem Recht und Herkommen gebraut hatten. Auf ein eigens dafür gefertigtes kleines Bänkchen wurde ein Humpen Bier geschüttet. Der dickste und oft auch der beste der handfesten Trinkgesellschaft musste sich auf das Bänkchen setzen und, ohne sich zu rühren, drei Humpen Bier "hinter die Binde" kippen. Erhob er sich dann, so klebte das Bänkchen am hinteren Hosenteil und er musste an dem gestrengen Rat vorbeimarschieren. Wörtlich heißt es: " War der Suff gut, blieb das Bänkchen kleben, wenn nicht, so konnten ihn der Sudmeister und die Bräuknechte selber saufen."
Wachsstöcke für Maria Lichtmess
Im Haus von Bruno Graber geht der Einblick in die Vergangenheit nicht mit dem Schließen der Tür zum Dachboden zu Ende. In seinem Haus beherbergen Schränke eine beachtliche Sammlung von sogenannten "Wachsstöcken." Die aus Wachs gefertigten kleinen, kunstvoll verzierten Kerzen spielten einstmals auf dem Land eine bedeutende Rolle am Tag "Maria Lichtmess" (2. Februar). Daneben besitzt Graber außer uralten Fotografien und Dokumenten, darunter den nahezu den kompletten Jahrgang 1951 der Ochsenfurter Zeitung, auch Sterbebilder aus Aub und Baldersheim.
"Aber jetzt wird nichts mehr gesammelt" sagt Bruno Graber. Seine Schätze bemisst er nicht nach ihrem materiellen Wert, sondern nach der Freude, die er daran hatte, alle diese Dinge vor dem Vergessen und dem Verschwinden zu bewahren.