
Seit September dieses Jahres ist Lisa Krug für einen Freiwilligendienst in Indien. Dort arbeitet die 18-Jährige ein Jahr lang bei der Organisation Manav Sadhna in der Großstadt von Ahmedabad im Westen des Landes. Mit 5,6 Millionen Einwohnern ist Ahmedabad die fünftgrößte Stadt Indiens und das wirtschaftliche Zentrum in Gujarat. "Gleichzeitig ist die Stadt umringt von Slums, die Armut ist allgegenwärtig", berichtet Lisa in einem Videotelefonat mit der Redaktion.
Sie ist über die deutsche Organisation Via e.V. entsandt, die über das entwicklungspolitische Freiwilligendienstprogramm "weltwärts" gefördert wird. Manav Sadhna leistet seit 25 Jahren wertvolle Sozialarbeit für die lokale Bevölkerung Indiens. In insgesamt sechs verschiedenen Slumgebieten hat die Nichtregierungsorganisation (NGO) Community-Center, in denen die Kinder täglich - zusätzlich zum normalen Unterricht in der Schule - Bildung erfahren.
So hilft die junge Frau, Kinder und Jugendliche sowie junge und auch alte Frauen oder Männer aus den nahe gelegenen Armengebieten zu unterrichten und zu fördern. Ob eine warme Mahlzeit, Englisch-Unterricht, ein Computerkurs, zusammen malen, gestalten oder tanzen. "Man hilft dort, wo man gebraucht wird, es fühlt sich gut an hier zu sein und mitanzupacken", sagt Lisa.

Den Kindern ein gesundes Sozialverhalten beibringen
Zu den Aufgaben der Volunteers gehört auch, den Kindern und Jugendlichen ein gesundes Sozialverhalten nahezubringen, "das sind Dinge, die sie Zuhause leider nicht immer lernen", berichtet Lisa. Auch für junge Frauen, die in Indien oftmals im Alter von 18 Jahren schon kurz vor der Hochzeit stehen, gibt es Gesprächsangebote. Da würden auch mal Tabuthemen thematisiert, erklärt Lisa. Zudem: "Bei vielen jungen Frauen ist zum Beispiel Nähen hoch im Kurs, damit können sie sich sogar ein kleines Business aufbauen."
Im Vorbereitungsseminar mit ihrer Entsendeorganisation Via e.V. habe sie schon viel erfahren über indische Sitten und Bräuche, über die Religion des Hinduismus, die mit circa 80 Prozent den größten Anteil im Land ausmacht, über Armut und über zwischenmenschliche Konflikte, die entstehen könnten, erzählt Lisa. "Man kann nicht in Indien ankommen und alles umkrempeln wollen, das ist auch nicht unsere Aufgabe."

Der 18-Jährigen gefällt es, sich auf die neue Kultur und Lebensweise einzulassen. Und dennoch vermisst sie gerade in diesen Tagen vor Weihnachten ihre Familie in Rottenbauer sehr. "Ich bin das erste Mal so weit weg von der Heimat." Lisa wohnt zusammen mit zwei Mitbewohnerinnen - Carlotta aus Deutschland und der Inderin Nupur, auch eine Freiwillige aus Mumbai. Mit Carlotta zusammen hat sie das Zimmer weihnachtlich geschmückt, auch die Wichtel sind eingezogen und ein selbst gemachter Adventkalender ist aufgehängt. "Die Päckchen aus der Heimat haben uns große Freude bereitet, auch wenn meines erstmal im Zoll einbehalten wurde", so Lisa.
Chai-Tee bei 25 Grad
Ein bisschen fehle die Kälte zum Weihnachtsfeeling. Bei Temperaturen von tagsüber 25 Grad bis hin zu 13 Grad in der Nacht gebe es zwar krasse Temperaturschwankungen, "aber richtig Winter ist das ja nicht", sagt sie. Tee werde trotzdem gekocht: "Vor allem der Chai Tee wird hier überall getrunken." Zudem hören die zwei deutschen Volunteers gerade die Palette der bekannten Weihnachtslieder rauf und runter." Am 24. Dezember ist erstmal Arbeiten angesagt, abends gebe es dann im Community-Center eine Art kleinen Gottesdienst mit vielen Liedern und indischem Essen für diejenigen, die Weihnachten feiern.

Während nach den Hinduisten in Indien etwa 13,4 Prozent Muslime leben, ist die drittgrößte Religion im Land das Christentum. "Die meisten Menschen wissen hier auch, dass die Christen um diesen Zeitpunkt herum Weihnachten feiern, Silvester und damit der Einzug ins neue Jahr wird ja dann auch hier gefeiert."
Hinduistisches Fest Djiwali gefeiert
Erst kürzlich, am 31. Oktober, durfte Lisa das größte hinduistische Fest - das Lichterfest Djiwali - miterleben, das in Indien und in anderen vom Hinduismus geprägten Ländern wie Malaysia, Mauritius oder Singapur gefeiert wird. "Das wird ähnlich wie Weihnachten ganz groß begangen, vor allem mit Freunden und Familie", berichtet die Rottenbauerin. Die Nacht werde durch Feuerwerke zum Tag gemacht und "erinnert an unser Silvester, nur dass viel mehr Kracher in den Himmel geschossen werden und alles viel lauter und unübersichtlicher ist". Toll fand die 18-Jährige, "dass alle Menschen - ob alt, ob jung - auf der Straße zusammen getanzt haben".

Für den 24. Dezember wünscht sie sich, "dass ich aufgrund der Zeitverschiebung trotzdem die Möglichkeit finde, mit meiner Familie zu telefonieren". Am 25. Dezember gibt es zusammen mit allen Community Centern in der Gegend - in denen insgesamt um die 2000 Kinder von Manav Sadhna gefördert werden - ein riesiges Tanzfest, bei dem die Kinder und Jugendlichen auftreten. "Das hat auch etwas Weihnachtliches, auch wenn hier bei den meisten natürlich der religiöse Aspekt wegfällt", meint Lisa.