Die Geschichte der Heidingsfelder Brauereien und Bierkeller beginnt mit dem Namen Reuter. "Georg Reuter war der Urvater der Brauereien", erzählt Heinz Saueracker. Georg und Fritz Reuter, deren Verwandtschaftsgrad ungewiss ist, betrieben im Ortskern an der heutigen Wenzelstraße die Gasthausbrauereien "Zum Schwan" und "Zum Grünen Baum".
Die Braumeister standen jedoch vor einem Problem: Da der Main so nahe lag und der Grundwasserspiegel sehr hoch war, konnten sie keine kühlen Keller errichten, in denen sie untergäriges Bier hätten herstellen können. Georg Reuter kam daher die Idee, einen Gärkeller in die frühere Wilhelmshöhe – 1930 umbenannt in Jahnhöhe – zu graben.
Die Bierkeller der Jahnhöhe entstanden ab dem Anfang des 19. Jahrhunderts
Auf dem heutigen Gelände zwischen Wendelweg und An der Jahnhöhe entstand so vermutlich Anfang des 19. Jahrhunderts der erste Heidingsfelder Bierkeller. 1836 errichtete Reuter zudem an der Würzburger Straße (heute Mergentheimer Straße) einen Bierlagerkeller mit Schankhaus, Kegelbahn und Biergarten (heute steht dort das Best Western Hotel).
Franz Eckert, ein weiterer Braumeister, errichtete 1843 außerhalb der Stadtmauer das "Brauhaus vor dem Nikolaustor". Es entstand die industrielle Großbrauerei Eckert und Kürschner. Inspiriert von Georg Reuter bauten auch sie einen Bierkeller in die Jahnhöhe. Der Gewölbekeller wurde im Volksmund Jahnhöhe-Keller genannt und war mit fast 1000 Quadratmetern Fläche der größte der Heidingsfelder Bierkeller.
Kurze Zeit später heiratete Wilhelm Ehlers Rosina Reuter. Als Mitgift bekam er die Gasthausbrauerei "Zum Schwan" von ihrem Vater Georg Reuter. Um 1880 baute auch Ehlers einen Bierkeller in die Jahnhöhe. Dieser maß etwa 400 Quadratmeter und ist der einzige, der heute noch erhalten ist. Er wurde in diesem Sommer unter Denkmalschutz gestellt.
Natureis, Kastanienbäume und die "Frankenbräu Heidingsfeld"
In den Kellern herrschte überall eine gleichbleibende Temperatur von etwa acht Grad Celsius. Zudem besaßen alle Eisschächte, die im Winter mit Natureis gefüllt wurden. "Das holten sie mühevoll aus dem zugefrorenen Main und transportierten es mit Pferdewagen zu den Kellern", erzählt Saueracker. So konnte das Bier über einen oder sogar zwei Sommer gekühlt werden.
Um die Keller außerdem vor Wärme zu schützen, wurden Kastanienbäume auf ihnen gepflanzt. Unter diesen Bäumen bekamen die Heidingsfelder im Sommer ihr Bier direkt aus den zugehörigen Kellerhäusern ausgeschenkt.
Im Jahr 1895 kam der aus Karbach stammende Braumeister Georg Schmelz nach Heidingsfeld. Er erwarb die Gasthausbrauerei "Zum Grünen Baum". Da sein Bierabsatz florierte, baute er 1901 die damals hochmoderne Großbrauerei "Frankenbräu Heidingsfeld" auf der Jahnhöhe, oberhalb des Reuterschen Gärkellers. Ab 1902 braute er nur noch dort, eine Dampfmaschine erzeugte die nötige Energie und eine Ammoniak-Absorptions-Kältemaschine mit Eisgenerator kühlte die Bierlager.
Der 27 Meter hohe Schornstein der Frankenbräu war weithin sichtbar. Die Brauerei lieferte nach Heidingsfeld, bis Helmstadt und in den Ochsenfurter Gau. Schmelz gewann bereits 1902 mehrere internationale Medaillen: für die Qualität seines Bieres und die Hygiene bei der Produktion.
Was aus den Heidingsfelder Brauereien und Kellern geworden ist
1908 kaufte Schmelz die Großbrauerei Eckert und Kürschner auf. Unter dem Namen "Frankenbräukeller" betrieb er diese sowie die Frankenbräu bis 1918. Danach verkaufte er die Frankenbräu an die Würzburger Hofbräu, wobei diese lediglich am Braukontingent interessiert war. Die darauffolgenden Jahre nutzte die Maschinenfabrik Scheer die Gebäude.
Als diese Pleite ging, ersteigerte der Magistrat von Heidingsfeld das ehemalige Frankenbräu-Gelände. 1927 wurde der vordere Teil zu Wohnungen, der hintere zum städtischen Schlachthof umgebaut. Die Ehlersche Brauerei führte Sohn Georg Ehlers noch bis zu seinem Tod 1924. Danach wurde auch hier der Betrieb eingestellt. "Es war eine illustre Zeit, die aber schnell vorüber ging", sagt Saueracker.
Die Frankenbräu und der Frankenbräukeller überstanden den Luftangriff des 16. März 1945
Die Frankenbräu und der Frankenbräukeller überstanden den Luftangriff des 16. März 1945. Die restlichen Gasthausbrauereien innerhalb der Stadtmauer wurden dabei zerstört. Der fast 1000 Quadratmeter große Jahnhöhe-Keller diente den Heidingsfeldern während des Zweiten Weltkriegs zudem als Luftschutzkeller. Er wurde 1978 eingelegt, als das Wohnstift St. Paul gebaut wurde.
Die ehemalige Frankenbräu wurde Anfang der 1970er Jahre aufgrund eines Neubau-Wohnprojekts abgerissen. Der unter ihr befindliche Reuter-Gärkeller wurde in diesem Zug mit Beton gefüllt. Ein Teil des ehemaligen Frankenbräukellers musste um 1979 der Straßenbahnhaltestelle Reuterstraße weichen. Was noch übrig ist, ist heute als Reutershaus bekannt.