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KIST
Heftiger Schlagabtausch
Unterm Rathausdach: Einblick in den Raum, der Spekulationen hinsichtlich einer Dienstwohnung im Kister Rathaus aufkommen ließ, gewährte Bürgermeister Volker Faulhaber während der Ratssitzung. Das Zimmer unter dem Dach des Rathauses beinhaltet nur einen Tisch, einen Schrank und ein Waschbecken und dient dem Bürgermeister beispielsweise dazu, vor Beerdigungen seinen schwarzen Anzug anzuziehen.
Foto: Franz Nickel | Unterm Rathausdach: Einblick in den Raum, der Spekulationen hinsichtlich einer Dienstwohnung im Kister Rathaus aufkommen ließ, gewährte Bürgermeister Volker Faulhaber während der Ratssitzung.
Franz Nickel
Franz Nickel
 |  aktualisiert: 10.01.2014 18:08 Uhr

Bis in die letzte Ecke besetzt war der Versammlungsraum im Rathaus: Mehr als 40 Bürger wollten die erste Gemeinderatssitzung des Jahres nicht verpassen und bekamen ein Schauspiel besonderer Güte geboten. Ganz oben auf der Tagesordnung standen die inzwischen gewohntermaßen heftigen Streitereien. Polemik und üble Angriffe wechselten sich ab mit wildem Durcheinandergerede. Aufgelockert wurde die Sitzung durch eine kurze Rathausbesichtigung; der Rundgang sollte beweisen, dass Bürgermeister Volker Faulhaber (SPD) keine Dienstwohnung hat.

Auslöser für die lautstarke Debatte war der gemeinsame Antrag von CSU und BfK (Bürger für Kist) an den Bürgermeister auf Beantwortung zahlreicher Fragen zu den Themen Reisekostenabrechnungen, Kfz-Leasing und Dienstwohnung. Diesen Antrag hatten die beiden Fraktionen eine Woche vor der für den 5. Dezember 2013 anberaumten Gemeinderatssitzung im Rathaus abgegeben. Die Themen waren jedoch nicht auf die Tagesordnung genommen worden, was am 5. Dezember zu einem Eklat mit vorzeitigem Sitzungsabbruch geführt hatte (wir berichteten).

Diesmal nun aber wurden die Themen angegangen. Zum Thema Reisekosten erklärte Bürgermeister Volker Faulhaber, die zu viel erhaltenen Reisekosten für den von der überörtlichen Rechnungsprüfung unter die Lupe genommenen Zeitraum 2008 bis 2010 „habe ich zurückerstattet“. Damit habe er sich gemäß des Prüfberichts vom 26. April 2012 verhalten, der während der Sitzung am 3. Mai 2012 wörtlich vorgelesen worden war.

Gemeinderat Klaus-Dieter Philipp kritisierte, „der Bürgermeister hat die Fahrtkosten vorsätzlich abgerechnet“. Die damalige Gemeindekämmerin habe ihm gesagt, sie habe keinen vollständigen Überblick über die Fahrten des Bürgermeisters zwischen Wohn- und Dienstort, weil ihr nicht alle Unterlagen vorliegen. Seiner Kenntnis nach „wurde es verboten, das aufzuklären“.

„Das ist eine Lüge“, entgegnete SPD-Gemeinderat Helmut Kopp. Im Rechnungsprüfungsausschuss habe Philipp eine Liste mit Fahrten des Bürgermeisters hervorgeholt. Er (Kopp) habe ihm gesagt, er solle das Landratsamt anrufen und klären, welche Fahrten nicht abgerechnet werden dürften. Philipp habe den Raum für ein Telefonat verlassen, und als er wiederkam, habe er gemeint,„auch das Landratsamt konnte nicht genau sagen“, welche Fahrten abgerechnet werden dürften.

Kopp machte aufmerksam, dass das Kommunalparlament im Mai 2012 beschloss, dem Bürgermeister monatlich eine Fahrtkostenpauschale von 125 Euro zu geben. Demnach hätten Faulhaber von Juli 2010 bis Mai 2012 für 22 Monate insgesamt 2750 Euro zugestanden. Der Bürgermeister habe aber auf den gesamten Betrag verzichtet.

„Hier ist kein Geld verschwendet worden.“
Volker Faulhaber Bürgermeister von Kist

Gerhard Wirth (fraktionslos) fügte hinzu, „bis 2009 war alles nicht zu beanstanden“. Faulhaber habe das Geld für die Fahrtkosten erst nach Prüfung – unter anderem durch die Kämmerin – und erst nach Anweisung des Zweiten Bürgermeisters erhalten.

Alfred Scheder (CSU) zitierte die Frage aus dem Antrag, ob der Bürgermeister „die zu Unrecht erhaltenen Reisekosten aus den Jahren 2002 bis 2007 zurückbezahlt hat“. Dieser Zeitraum ist laut Faulhaber verjährt.

Einen Schlagabtausch gab es auch beim Thema Leasing des Bürgermeisterautos. Nach Angaben von Faulhaber bestanden bis 2009 viele Unklarheiten, bis der bayerische Gemeindetag eine „Abhandlung“ veröffentlichte. Als die Sachlage klar war, habe er den geldwerten Vorteil nachversteuert, betonte er. Das gelte vom ersten bis zum aktuellen Auto. „Ich zahle zu 100 Prozent die Versicherung, Reparaturen, Versicherung und Sprit.“ Allerdings sei das Auto auf die Gemeinde zugelassen.

Klaus-Dieter Philipp bezweifelte die Nachversteuerung des geldwerten Vorteils für die Jahre 2005 bis 2009. „Es wurde erst ab 2010 so gemacht“, meinte er. Die Kämmerin habe ihm mitgeteilt, rückwirkend wäre das nicht möglich, weil nicht alle Unterlagen zur Verfügung stünden. „Der Bürgermeister hat die Kämmerin blockiert.“ Dreimal habe er den Bürgermeister dazu aufgefordert, die Nachversteuerung zu belegen.

„Es gibt keine Dienstwohnung und keinen Mietvertrag“, nahm Faulhaber zum Vorwurf Stellung, er habe sich mit Wohnsitz in Kist angemeldet. Bis zum 1. Januar 2011 sei er hier zwar mit Nebenwohnsitz gemeldet gewesen, was jedoch keine Auswirkungen gehabt hatte; aufgrund dieser Anmeldung wollte er seine Nähe zu seinem Dienstort zeigen.

„Hier ist kein Geld verschwendet worden“, erklärte Faulhaber. Die Sanierung des Rathauses wurde erst 2012 begonnen, als er schon gar nicht mehr mit Nebenwohnsitz gemeldet war. Das Zimmer unter dem Dach des Rathauses beinhaltet nur einen Tisch, einen Schrank und ein Waschbecken. Davon konnten sich die Besucher der Gemeinderatssitzung mit eigenen Augen überzeugen.

Zu besichtigen waren ebenfalls die sanitären Einrichtungen der ehemaligen Bücherei, die bei der Rathaussanierung ebenfalls erneuert wurden. Die Damentoilette beinhaltet eine Dusche, in der jedoch noch gar keine Armatur angebracht ist.

Philipp kritisierte, bei der Sanierung des Rathauses habe der Bürgermeister gefragt, ob man nicht auch die sanitären Einrichtungen im Nebengebäude erneuern sollte. „Dann kam eine Dusche heraus.“ Außerdem beschwerte er sich, es sei nie darüber beraten worden, ob der Bürgermeister hier angemeldet sei.

Am Ende der etwa 70-minütigen Auseinandersetzung lehnte die Mehrheit des Gemeinderates mit neun zu vier den Antrag von CSU und BfK ab, den Bürgermeister dazu aufzufordern, Geld zurückzuzahlen. Ebenfalls mit neun zu vier lehnte das Gremium den Antrag von Horst König (BfK) ab, bei der Staatsanwaltschaft Akteneinsicht zu beantragen.

Dazu erklärte Bürgermeister Faulhaber zum wiederholten Mal, dass das Verfahren bereits seit über einem Jahr – seit dem 27. Dezember 2012 – abgeschlossen sei.

Bürger-Kommentare: Beschämt ein Kister zu sein

Während der aktuellen Viertelstunde am Ende der Kister Gemeinderatssitzung beklagte sich ein Bürger, der in 58 Jahren an rund 500 Ratssitzungen teilgenommen hat: „Man schämt sich, ein Kister zu sein“ wegen der Streitereien und dem Umgangston in den Sitzungen. „So etwas habe ich noch nie erlebt.“ Für diese Einschätzung der Situation erhielt er Beifall von anderen Zuhörern. Bereits während der Sitzung flüsterte ein Bürger: „Es ist unfassbar, was hier abgeht.“ Ein anderer Bürger meinte: „Mein Gott. Es ist zum Lachen, welche Dinge die Gemeinderäte aufgreifen.“ fcn

 
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