Über 400 Hausener Bürger demonstrierten am Samstag an der Raststätte „Riedener Wald Ost“ gegen das Unternehmen „Autobahn Tank & Rast“ und riefen die Politiker zu Hilfe. Ihr Protest richtet sich gegen die Weigerung des Unternehmens, sich an den Abwasserkosten für seine auf der Gemarkung an der A 7 stehende Raststätte zu beteiligen.
„Ihr steht auf gegen die Willkür von Großkonzernen“, lobte CSU-Landtagsabgeordneter Manfred Ländner die Demonstranten. Er war als einziger Abgeordneter vor Ort und bekam die Wut der Demonstranten auf die Politik besonders nah zu spüren. Politiker würden sich nämlich „gern mit schönen Worten auf juristische Klärungen zurückziehen“, waren sich die Teilnehmer der Kundgebung einig. „Herr Ländner, ich fordere Sie auf, Farbe zu bekennen und für uns einzutreten“, wurde eine Bürgerin aus Erbshausen deutlich.
Anwälte würden immer frecher werden
Gemeinderat Norbert Wendel vermisste das Eingeständnis der Bundesregierung, dass sie bei der Privatisierung der Autobahnraststätten 1998 einen Fehler gemacht hat. Bei den Konzessionsverträgen wurde die Abwasserfrage nicht geregelt. Von den Verantwortlichen wünscht sich Wendel Wiedergutmachung.
Tank & Rast hat sich bisher nicht an den Investitionskosten für die 2013 in Betrieb gegangene Kläranlage beteiligt. Sie zahlt auch ihren Anteil an den Betriebskosten nicht, weil es keine Rechtsgrundlage dafür gebe. Darüber streitet man sich vor Gericht. SPD-Vorsitzender Edmund Bauch prangerte die „hohe Ungerechtigkeit“ und die „exorbitanten Gewinne des Konzern“ an. Gemeinderat Karl Erwin Rumpel verwies darauf, dass zum Konsortium der Investoren von Tank & Rast auch die Allianz-Gruppe gehöre. Er persönlich ziehe daraus Konsequenzen.
Versammlungsleiter Norbert Reuß sprach von „Heuschrecken, die über uns einfallen und alles absaugen“. „Niemand von uns würde es sich erlauben, den Kanal zu benutzen und dafür nichts zu bezahlen“, meinte er. Das sei „ein fieses Verhalten“. Die Anwälte des Konzerns würden „immer frecher werden“. „Unmoralisch und unverschämt“ sei das.
„Zahlt euern Scheiß“ hatte sich der Hausener CSU-Vorsitzende Mathias Fiedler als Schlachtruf ausgedacht. Der sei zielgerichtet, kurz und deutlich – und wurde von den Demonstranten oft gerufen. Zwischen den Rednerbeiträgen wurde ein Lied eingespielt, das Jürgen Heuler aus Rieden gereimt und gesungen hat: „Am Kanal, am Kanal, ja da lasst ihr den andern euern Scheißdreck bezahl“, hieß eine Liedzeile.
Politik verstecke sich hinter der Justiz
„Macht die Rohre zu“, wurde im Chor gerufen und die fehlende Rechtsgrundlage bezweifelt. „Wir müssen alle unsere Gebühren bezahlen, sonst werden wir gepfändet“, ergriff André Ziegler leidenschaftlich das Wort.
Sandra Krückel fragte, wie denn eine normale Familie die immer höheren Gebühren für das Abwasser aufbringen solle. Tank & Rast sei zudem für den Schuldenstandes der Gemeinde verantwortlich. 2,2 Millionen Euro für den Neubau der Kläranlage entfielen auf Tank und Rast. Dieses Geld fehlt der Kommune für Investitionen, wie beispielsweise für den Kindergarten.
„Dass sich ein Konzern so drücken kann“, dass „sich die Politik hinter der Justiz versteckt“, dass „Heerscharen von Juristen sich immer neue Kniffe gegen die Hausener einfallen lassen“, das alles verstehen die Bürgerinnen und Bürger nicht. „95 Prozent von uns waren noch nie bei einer Demo, jetzt müssen wir es“, beklagte Versammlungsleiter Reuß.
Die Demo der „braven gebühren- und steuerzahlenden Bürgerinnen und Bürger“ auf dem Autobahn-Rastplatz war für ihn ein Anfang. Wenn die Dorfbewohner keine konkrete Hilfe von der Politik erfahren und nicht bald ein Ende des Rechtsstreits abzusehen ist, wollen sie weiter öffentlich protestieren. Etwa vor dem Hauptsitz des Autobahnkonzerns in Bonn und beim Verkehrsministerium in Berlin. Polizei-Einsatzleiter Helmut Habermann lobte die Demo-Teilnehmer für deren Disziplin und die Veranstalter für die perfekte Organisation.
Ihr Problem wollen die Hausener nun vor allem in den Medien öffentlich machen. So soll der Streit zwischen Hausen und dem Autobahnkonzern unter anderem in der Sendung „Quer“ des Bayerischen Fernsehens mit Christoph Süß thematisiert werden.
Die Tankstellen und Rastatätten "Riedener Wald Ost und West" sind sog. gemeindefreies und daher auch satzungsfreies Gebiet. Deshalb müssen hier Sonderverträge geschlossen werden, die die Tank & Rast aber seit Jahren verweigern.
Dann verstehe ich aber trotzdem nicht, warum die Gemeinde nicht einfach die Leitung kappt. Denn ohne Satzung und Vertrag sollte es ja auch keine Leistungspflicht geben.
Und auch ohne Satzung und Vertrag sollte die Zahlung eines "angemessenen Entgeltes" verlangt werden können.
Und mit der Konzession sollte es nicht zu tun haben.
Komisch.
Weiterhin frage ich mich, wieso sich die Gemeinde nicht einfach die Kontrolle zurück holt und die Raststätte vom Netz abschneidet? Im Anschluss würde sicher Bewegung in die Sache kommen. Nur Mut, liebe Hausener!
Tank und Rast ist im Übrigen ein Paradebeispiel für fehlgeschlagene Privatisierungen. Wer Lust dazu hat, muss sich nur einmal anschauen, wie oft das Unternehmen über die letzten Jahre weiterverkauft wurde, zu immer höheren Fabelpreisen. Und in der Konsequenz bedeutet das für den Verbraucher Toilettengänge für 70 Cent, vermutlich bald 1 Euro, und eine Cola für 4 Euro.
Lasst Euch nicht alles gefallen!
Ich verstehe nicht, was der Konzessionsvertrag da regeln soll. Normalerweise bestimmt doch die Satzung der Gemeinde, wer zahlen muß. Das sollte doch reichen.