Schade, dass Loriot das nicht mehr erlebt hat und zu einem Sketch verarbeiten konnte, beispielsweise als Fortsetzung von „Herren im Bad“: Beim Versuch, zu entspannen, sind in einer Sauna im Landkreis Würzburg an einem Sonntag Mittag im September vergangenen Jahres ein spärlich „bekleideter“ 72-jähriger Gast , er trug nur sogenannte Badelatschen, und ein 56-jähriger Nackter aneinander geraten.
Der Senior ist klein, schlank, durchtrainiert. Er stand früher auf Geräteturnen. Der Frührentner ist mindestens einen Kopf größer und eher stämmig. Und es soll in der saune ein bisschen wie bei Loriots Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöbner in der Badewanne gewesen sein, allerdings aggressiver im Ton und mit Griff an den Hals des Kontrahenten.
Nach drei Verhandlungsterminen beim Amtsgericht nun hat Richter Jürgen Weber „aufgegeben“ und einen Freispruch auf Kosten der Staatskasse verkündet: Von den Zeugen des Sauna-Krimis wollte jeder etwas anderes gesehen und gehört haben, für eine Verurteilung, angeklagt war Beleidigung und Körperverletzung, fehlten dem Richter die objektiven Tatsachen.
Auslöser der Meinungsverschiedenheit soll gewesen sein, dass der eine, trotz Aushangs, dass man das nicht macht, mit Badelatschen in eine Sauna-Kabine kam. Auf Proteste hin, soll der ältere Herr, aber dafür gibt es zwei Versionen, entweder gesagt haben, sein Hausarzt habe ihm, da er unter Fußpilz leide, die Schlappen in der Sauna empfohlen oder er trage diese, damit er sich in der Sauna keinen Fußpilz hole. Beides könnte den Frührentner auf die Palme gebracht haben. Er soll, was er bestreitet, den Mann in Badeschuhen am Hals gepackt, gewürgt und gegen eine Wand gestoßen haben.
Sauna-Servicekräfte, die der Senior bat, die Polizei zu verständigen, hätten ihn nicht ernst genommen, klagte der 72-Jährige. Die Chefin der Sauna, die er angerufen hat, kam zwar nach knapp einer Stunde vorbei, lehnte es aber ab, den anderen Gast anzuzeigen. Das müsse er selbst machen, denn sie sei da ja nicht dabei gewesen. Ein bisschen fühlte der Mann sich lächerlich gemacht, nicht ernst genommen. Er sagt, er sei nach Hause gegangen, Zeugen meinten, er sei noch zwei Stunden im Bistro der Sauna gesessen und habe vor sich hin gebrummelt. Zum Hausarzt und zur Polizei ging er nach drei Tagen.
Die Beweisaufnahme musste unterbrochen werden, da der Hausarzt in Urlaub war, danach berichtete dieser vor Gericht aus der Erinnerung und der Kranken-Akte: Der Patient sei sehr aufgebracht gewesen, als er in die Praxis kam und den Zwischenfall in der Saune schilderte, er habe über Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Angstzustände berichtet. Vom Typ her sei der Senior nicht einer, der regelmäßig und ohne Grund zum Doktor geht, auch keiner, der sich grundlos und schnell aufregt. Schmerzen im Hals- und Schulterbereich könnten sich aufgrund des Erlebten aufgebaut haben, der Medizinmann sah in der verhärteten Muskulatur des Patienten Hinweise darauf, dass der regelrecht gestaucht worden sein könnte. Zu sehen war aber nichts, kein Hämatom, kein Kratzer.
Der Staatsanwalt forderte vom Richter: Wenn dieser davon überzeugt sei, dass der ältere Herr von dem jüngeren beleidigt und an der Gurgel gepackt worden sei, sollte er eine Geldstrafe von 600 Euro verhängen.
Der Rechtsanwalt, der den 72-Jährigen vertrat, sagte, er habe den Eindruck, dass eine Zeugin, Mitarbeiterin des Sauna-Personals, deutlich zugunsten des Angeklagten ausgesagt habe. Sie habe sich in Verhandlungspausen auch immer wieder mit der Ehefrau des Angeklagten unterhalten und sei, als ihre Zeugenaussage beendet war, an den folgenden Verhandlungstagen doch wieder gekommen, nur so, zum Zuhören.
Es könne so gewesen sein, wie es das 72-jährige Opfer schildere, sagte Richter Jürgen Weber am Ende bei der Freispruchbegründung, „aber es bleiben Zweifel, die einer Verurteilung im Wege stehen“. Staatsanwaltschaft, Nebenkläger und Verteidiger hatten auf eine Rekonstruktion des Geschehens in der Saune verzichtet.