Christoph Repp luntet den kalt gewordenen Zigarillo an. Repp ist Harley-Händler. Er verkauft die Bikes auch so, wie sie aus Milwaukee kommen. Aber bei "Harley-Davidson Würzburg Village", wie Repp seinen weitläufigen Laden getauft hat, wird auch umgebaut, wird "customized", wie die Szene das nennt. Zum Teil richtig krass. Nach Kundenwunsch oder auch nur, um zu zeigen, was geht. Und da geht viel: Man habe schon Preise gewonnen, sagt Repp.
Der langhaarige Harley-Mann steht in der Werkstatt und lässt ein zufriedenes Tabakwölkchen Richtung Decke steigen. "Sowas passiert nur einmal im Leben", sagt er mit Blick auf die halbfertige Maschine vor ihm auf der Hebebühne. Diese Harley soll keine Preise gewinnen. Viel besser! Sie wird an den Papst ausgeliefert.
Glaube und Motorradleidenschaft
Natürlich erwartet niemand, dass Franziskus das Papamobil mit dem Motorrad vertauschen wird. Der Bau des "Papst-Motorrads", wie Repp es vereinfachend nennt, ist Teil einer ebenso ungewöhnlichen wie kreativen Benefiz-Aktion. Hier kommt Thomas Draxler ins Spiel. Der promovierte Gesundheitswissenschaftler aus dem hessischen Schaafheim, unweit von Aschaffenburg, verbindet christlichen Glauben und Motorradleidenschaft. Der 55-Jährige ist bei den "Jesus Bikern" aktiv.
Bei einem Motorradfahrer-Gottesdienst in Altötting hatte er motorradbegeisterte Priester kennengelernt. "Damals kam der Gedanke auf: ,Fahren wir doch mal nach Rom!‘" Dann kam noch die Idee dazu, dem Papst ein Motorrad zu schenken – dem Pontifex wurde ja auch schon eine Vespa verehrt.
Nun werden diese Pläne Wirklichkeit: Am 29. Juni fährt ein Motorrad-Pulk in Hettstadt zum sogenannten Peace-Ride los. Ziel ist Rom. Dort wird ein Gottesdienst im Petersdom besucht. Die "Papst-Harley", die derzeit auf der Hebebühne in Hettstadt steht, wird bei der Tour dabei sein – und soll am Ende der Reise, am 7. Juli, dem Heiligen Vater übergeben werden.
Man hofft auf eine sechsstellige Summe
Franziskus werde das Motorrad signieren, versichert Draxler. Ob das genau am 7. Juli klappt, sei indes noch nicht klar: "Kann sein, dass der Termin kurzfristig vorher angesetzt wird." In diesem Fall werde die Harley zunächst per Transporter zum Signieren nach Rom gebracht und dann beim Peace-Ride schon signiert mitfahren, so Thomas Draxler. Im Sattel des Motorrads wird Draxler-Sohn Tom sitzen. Der war Azubi bei Harley in Hettstadt, kürzlich hat er die Meisterprüfung abgelegt.
Die Koordination mit dem Vatikan besorgt laut Thomas Draxler, Karl Wallner. Der hochrangige Theologe ist Missio-Nationaldirektor für Österreich. Die signierte Harley soll versteigert werden. Der Erlös soll in ein Missio-Projekt, ein Waisenhaus in Uganda, fließen. Man hofft auf eine sechsstellige Summe.
Weil man für die Benefiz-Aktion kein 08/15-Motorrad hernehmen wollte, schrauben die Hettstadter Spezialisten nun also ein Unikat zusammen. Der Bau des Motorrads, sagt Christoph Repp, sei sein Beitrag zur Aktion. "20.000 Euro Materialkosten", schätzt er, werden am Ende in dem Projekt stecken. 2000 Arbeitsstunden könnten zusammenkommen. "Das ist etwas ausgeartet", gibt er zu. Doch der Großheubacher, Jahrgang 1961, macht nicht den Eindruck, als ob ihn das sonderlich störe.
Und warum eine Harley?
Allein die Optik des Motors rechtfertigt den Aufwand. Die beiden im V gespreizten Riesen-Zylinder der Harley-Davidson-Triebwerke sind schon im Serienzustand wahre Skulpturen. Im "Papst-Trimm" sind einige Partien des schwarz lackierten 1750-Kubik-Motors, der rund 80 PS leistet, vergoldet. Gülden glänzen auch einzelne Speichen, hinteres Zahnriemenrad und Bremsscheiben. Der weiß lackierte elf-Liter-Tank (beziehungsreich mit Dornen verziert) ist ebenso handgefertigt wie der Fender – das Hinterrad-Schutzblech (auf dem ein Kreuz prangt)–und andere Teile.
Dass die Wahl auf eine Harley fiel, ist kein Zufall. Ideengeber Thomas Draxler fährt selbst eine. Für einen christlich orientierten Menschen sei das die einzig passende Motorradmarke, sagt er, und sein Grinsen ist beinahe im Telefon zu hören: „Harleyluja“ heiße es ja schon in der Bibel.