Geht es der Biene gut, geht es uns gut“, der Satz habe sich inzwischen eingeprägt, sagt Stefan Berg, Biologe am Fachzentrum Bienen der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg). Bienen – wilde und domestizierte – sorgen bekanntlich durch ihre Bestäubungsleistung zu einem großen Teil dafür, dass unsere Nahrungspflanzen gedeihen.
Allerdings machen wir ihnen die Arbeit oft schwer. Fachleute der LWG forschen, wie den Tieren geholfen werden kann. Und da geht es nicht nur um den Schutz vor todbringenden Parasiten wie der Varroamilbe und den Viren, die sie überträgt, sondern besonders auch um die Nahrungspflanzen der Insekten, um die sich der Mensch kümmert: im Hausgarten und auf dem Acker.
In diesem Sommer ist das Summen in der Flur besonders leise, bestätigt der Vorsitzende des Unterfränkischen Imkerverbandes, Peter Maske aus Schwarzach (Lkr. Kitzingen). Zwar hätten heuer die blühenden Winterlinden mit ihrem Nektar innerhalb einer Woche die Bienenvölker in ihrem Umkreis gut versorgt. „In der Agrarlandschaft wären leider die Bienen schon verhungert, hätte man ihnen kein Futter gegeben“, ist seine Einschätzung. „Es fehlt nach dem Raps eindeutig an Trachtpflanzen.“
Beim Spaziergang zwischen den Feldern fällt das ins Auge. Die Farbe Grün beherrscht im Sommer lange Zeit das Bild. Bunt blühende Ackerrandstreifen werden weniger. Das ist nicht nur ein Eindruck beim Blick über die Flur, sondern das belegen Zahlen des Kulturlandschaftsprogramms (KULAP). Blühflächen oder -streifen werden in der Landwirtschaft unter bestimmten Bedingungen nämlich bezuschusst. 2016 stellen Bauern in Bayern im Rahmen des KULAP etwa 10 500 Hektar an solchen Flächen zur Verfügung, heißt es auf Anfrage beim Landwirtschaftsministerium in München.
2011 hatte Minister Helmut Brunner noch davon gesprochen, dass die Blühflächen 2010 von 6000 auf 19 000 Hektar dank erhöhter Förderung in die Höhe geschnellt seien. „Beim Blühflächenprogramm haben wir dabei wohl des Guten zu viel getan“, so der Minister damals in einem Brief, den der Bayerische Imkerverband auf seiner Homepage veröffentlicht hat. Das Schreiben war die Antwort auf einen offenen Brief der Bienenhalter, die darüber klagten, dass das Ministerium KULAP-Gelder kürzen wollte.
Seit 2015 gibt es allerdings das „Greening“ als Element der Agrarreform, so Maske. Mit EU- und Landesmitteln sollen so nach komplexen Spielregeln Lebensräume und Vielfalt in der Kulturlandschaft gefördert werden. Den Bienen bringe das bisher wenig, so der Bezirksvorsitzende des Imkerverbandes. Im Rahmen des Greening wurden bundesweit gerade mal 15 000 Hektar an Blühstreifen, die für die Insekten nützlich sind, angesät, weiß er. 800 000 Hektar wurden dagegen mit speziellem Gras angesät. Das nütze aber Blüten besuchenden Insekten gar nichts, so Maske.
Ansprechpartnerin für Imker oder Jäger, die sich mehr blühende Ackerstreifen für Bienen und Wild wünschen, ist Anne Wischemann, für Unterfranken zuständige Wildlebensraumberaterin am Fachzentrum für Agrarökologie am Landwirtschaftsamt in Karlstadt (Lkr. Main-Spessart). Sie bremst allerdings allzu hohe Erwartungen: Wegen der Flächenvorgaben bekommen sie oft keine eigenen Ansaaten bezuschusst. „Wir können nur mit der Landwirtschaft gemeinsam handeln.“ Und die Bauern müssten auch ökonomisch denken.
Tröstlich für Imker könnte allerdings sein, was die Biologin Ingrid Illius vom Fachzentrum Bienen der LWG sagt: Das Interesse der Landwirtschaft an fachlicher Beratung zur Anlage blühender Feldrainen sei ungebrochen. Die Veitshöchheimer entwickeln nämlich die passenden Samenmischungen unter anderem dafür, aber auch für die landwirtschaftliche Produktion direkt.
Pastellrosa Cosmeen, Sonnenblumen, gelber Steinklee, pinkfarbene Eselsdisteln – ein Feld, auf dem leuchtende Blumen in solcher Mischung wachsen, tun nicht nur Menschenaugen, sondern auch Bienen gut. So blüht es im Sommer breitflächig auf den Parzellen, auf denen die Veitshöchheimer LWG Wildpflanzenmischungen für die Biogasproduktion testet. Der „Veitshöchheimer Hanf-Mix“ mit 30 Arten sei die aktuelle Mischung für die Biogasproduktion, so Martin Degenbeck, Leiter des Projekts „Energie aus Wildpflanzen“.
Die Formel: „Einmal säen, fünfmal ernten und gleichzeitig Lebensräume schaffen.“ Die Mischung eigne sich für das bayerische Klima und komme speziell in Mainfranken zu guten Ernteergebnissen. Ein solchermaßen bestellter Acker soll Ökologie und Ökonomie vereinen. Und das gelingt offenbar ganz brauchbar, wie Degenbeck schildert.
Wildpflanzen bringen aktuell zwar nur etwa die Hälfte des Methanhektarertrages von Silomais, so Degenbeck. Aber das Anbausystem sei besonders nachhaltig, brauche dank der Luzerne kaum Dünger, keine Pflanzenschutzmittel während der Kulturzeit, bedecke und schütze den Boden ganzjährig. Der Bewuchs biete vielen Tieren Lebensraum. Naturschutz und Landwirtschaft seien also auf derselben Fläche möglich. Mehrjährige Wildpflanzenmischungen zur Biogasproduktion würden auf mindestens 2000 Hektar in ganz Deutschland angebaut, weiß der Fachmann. Den „Veitshöchheimer Hanf-Mix“ hätten allein 2015 Landwirte auf rund 70 Hektar in Mittelfranken angesät.
Die „Veitshöchheimer Bienenbrache“ ist eine Mischung aus 42 Arten, die einfach nur abwechslungsreiche Lebensräume in der Flur bieten soll. Über die Jahre hinweg blühen etwa Ringelblumen, Mariendisteln, Fenchel, Wiesensalbei und Labkraut. „Die Mischung bietet Nektar und Pollen bis in den Spätherbst, Nahrung und Deckung bis in den Winter“, so Degenbeck. Auch Heckenvögel nutzten die dauernd bewachsenen Äcker als Ersatzlebensraum.
Mehr solcher bunter Felder fordert Imker Peter Maske. Denn er sorgt sich um die Tiere, denen Monokulturen zu schaffen machen. Das Bienensterben habe nämlich mehrere Gründe. „Auch ein Mensch ist bei Unterernährung krankheitsanfälliger“, so Maske. „Fehlen den Honig- und Wildbienen Nektar und Pollen nach dem Frühjahr, sind sie anfälliger für Infektionen, und Auswirkungen bestimmter Pflanzenschutzmittel schwächen zusätzlich.“
Drastische Verluste gebe es vor allem bei den Wildbienen. „Die haben keinen Imker, der sie füttern kann“, gibt Maske zu bedenken. Aber gerade die wilden Immen sind wichtig für die Natur und die Nahrung der Menschen, denn sie fliegen schon früh im Jahr, wenn sich die Honigbienenvölker noch vom Winter erholen.
Kritisch sieht Maske, dass es in den Städten mit ihren vielfältigen Grünflächen schon mehr Bienen gibt als auf dem Land. „Wir beobachten bereits eine Übervölkerung“, so der Imker. Ziel des Verbandes sei es aber, eine flächendeckende Bestäubung zu erreichen. Wildlebensraumberaterin Wischemann allerdings lobt den Beitrag, den beispielsweise die Stadt Karlstadt mit Wildblumenstreifen etwa an der Stadtmauer für Insekten leistet.
Ihr ist wichtig, dass alle, die ein Beet, einen Balkon oder Blumentöpfe vor dem Fenster haben, etwas für die Bienen tun.
An manchen Stellen im Garten kann es allerdings noch so bunt sein – für Bienen ist es einfach uninteressant, weil sie gar nicht an Pollen und Nektar kommen. Gefüllte Blüten bleiben nämlich für die Insekten verschlossen, sagt die Biologin Ingrid Illius vom Fachzentrum Bienen der LWG. Wunderbare Rosenzüchtungen, manches lang blühende Heidekraut, klassische Balkonpflanzen wie Geranien gehören dazu.
Wer Bienen etwas bieten möchte, sollte jetzt für nächstes Jahr die Grundlage schaffen, sagt Berg vom Fachzentrum der LWG. Aber auch für diesen Sommer und Herbst können Beete, Kübel und Balkonkästen noch mit bienenfreundlichen Gewächsen bepflanzt werden, ergänzt Illius. Ein Kasten mit blühenden Küchenkräutern etwa biete etwas für Mensch und Tier. Und viele Sommer- und Herbstblumen wie Sonnenhut, Tagetes oder Astern gibt es als bereits blühende Pflanzen zu kaufen.
In Veitshöchheim wird auf einem weiten Feld an den Zweizähnen (bidens), die in Gelb- und Rottönen leuchten, geforscht. Sie seien sehr widerstandfähige Garten- und Balkonpflanzen und für alle Bienenarten sehr verlockend, sagt Illius.
Wischemann sucht nach den Stellschrauben, die sie als Beraterin am Landwirtschaftsamt drehen kann, um zwischen den Bedürfnissen von Imkern, Jägern und Bauern zu vermitteln. Sie ist Bauerntochter mit Forstwissenschaftsstudium. „Und außerdem esse ich gerne Honig von Produzenten, die ich kenne.“ Die Landschaft um ihren Wohnort Leinach (Lkr. Würzburg) gefällt ihr deshalb besonders gut. Dort gebe es Naturschutz- und Rückzugsgebiete für Tiere, Wälder und blühende Streuobstwiesen. „Ich kann eigentlich jede Woche einen bunten Blumenstrauß vom Wegesrand pflücken.“