
Von weither kommt das Mädchen. Das Meer, die Berge, das Feld und der dunkle Wald liegen hinter ihr. Es schneit und das Mädchen zittert vor Kälte. Nun steht es vor einer hell erleuchteten, warmen Hütte. Hier wohnt die Graue. Ganz allein. Ist das Mädchen endlich angekommen? Ist es nicht mehr allein? Kann es bleiben?
Eine Stunde voller Poesie zeigt das Würzburger Theater Chambinzky im KuZu (Kellertheater) mit dem märchenhaften Drama "Das Mädchen von weither" von Emmy Broström. Vorlage für die Drehbuchautorin, Dramatikerin und Dramaturgin aus Schweden ist das gleichnamige Kinderbuch von Annika Thor und Marian Jönsson.
Die Frage nach Gemeinsamkeit und Einsamkeit, nach Nähe und Freundschaft, nach Alt und Jung ist in eine kleine, herzerfrischende Geschichte eingewoben. Sie spielt sich in einer mit viel Liebe zum Detail gestalteten Hütte ab (Bühnenbild und Bühnenbau: Ulrike Schäfer, Andreas Zehnder). Es gibt ein Bett auf dem warmen Ofen, einen Herd, auf dem Milch und Kaffee gewärmt werden. Und Feuerholz, Spinnweben und Eisblumen an den Fenstern. Transparente, bewegliche Stoffbahnen unterstützen Szenen- und Ortswechsel.
Die Graue macht es sich gemütlich
Nach der Regie von Mio Müller macht es sich die Graue in einem gemütlichen Stuhl am Fenster gemütlich. Zufrieden genießt sie den Vollmond draußen, die Stille drin. Gemächlich schmaucht sie ihr Pfeifchen, dehnt und reckt sich zurecht. Ursula Bertelsmann gibt ihr eine zufriedene Ausstrahlung voller Ruhe und Gelassenheit. Sie erschrickt erst, als es zunächst leise, später beherzter und lauter klopft. Mit großen, erschrockenen Augen schaut sie vor die Tür, wo Sturm und Schnee wüten, und entdeckt das kleine, halb erfrorene Mädchen, das gegen ihren Willen schnell ins Warme schlüpft.
Adelıya Sagitova gelingt eine ansprechende Interpretation eines Kindes, das harmlos und unschuldig alles nachplappert, was die Graue sagt. Das voller Freude durch die Hütte springt und Holzscheite in den Ofen schiebt. Das rülpst und vorlaut und frech wird, weil ihm der Kaffee nicht schmeckt. Dessen Unterlippe zittert, wenn Angst und Albträume sie übermannen. Und das zu tropfenden Klaviertönen tanzt, wenn Worte nicht ausdrücken können, was in ihr vorgeht.
Einen Tag und eine Nacht lang nähern sich die Graue und das Mädchen an. Bohren gemeinsam in Ohren und Nase, imitieren sich gegenseitig. Dann muss das Kind gehen... Die zauberhafte Geschichte voller Mystik und Wahrheit ist noch bis zum 24. Juni auf dem Programm und unbedingt sehenswert. Entsprechend ist der Beifall für diese entschleunigte, spannende Vorstellung.
Infos und Karten unter www.chambinzky.com