Der aus Würzburg stammende Maler und Grafiker Gunter Ullrich und seine seit langem hier lebende und arbeitende Kollegin Renate Jung sind seit Jahrzehnten feste Größen in der unterfränkischen Kunstszene. Sie waren auch schon mit von der Partie, als der gebürtige Schweinfurter Gerd Michel, der in Würzburg Grafikdesign studierte, am 16. September 1978 in der Semmelstraße seine ersten Galerieräume unter dem Namen Werkstatt-Galerie eröffnete. Neben eigenen Werken zeigte Michel damals Arbeiten von Jung und Ullrich.
Von der Galerie zum Kunsthaus
Jetzt feiert er das 35-jährige Bestehen seiner Galerie, die heute den Namen Kunsthaus Michel trägt und von der Straßenfront in den rückwärtigen Grundstücksteil gewandert ist. Dazwischen liegen bewegte Jahrzehnte, denn im Kunsthandel hat sich vieles getan. Gerd Michel kann ein Lied davon singen oder besser ein Bild davon malen, aber er tut dies ohne zu jammern.
Vielmehr blickt er zurück auf die Anfangszeiten, als in der Galerie ebenso bekannte wie umstrittene Künstler das Würzburger Kulturleben aufmischten. Gerhard Zwerenz, ein Schüler von Ernst Bloch, der in den 1970er/80er-Jahren mit seinen Büchern für Furore sorgte, war da ebenso wie Wolfgang Weyrauch, der vor allem durch seine Hörspiele bekannt war. Auch Erich Loest, SED-Mitglied in der DDR und später wegen konterrevolutionärer Gruppenbildung im Zuchthaus Bautzen inhaftiert, las in der Galerie Michel. Neben Kunstausstellungen veranstaltete Michel gerne Konzerte und Lesungen, denn die Sparten sind für ihn eng miteinander verbunden. Schon seit längerem ist er mit seinen wöchentlichen Afternetwork-Veranstaltungen wieder zu diesem Konzept zurückgekehrt.
Aber auch an eine Kunstausstellung, die in den Anfangstagen riesigen Wirbel verursachte, denkt Michel gerne zurück. 1982 zeigte er in seinen Räumen erotische Grafiken von Klaus Böttger. Heute würde sich niemand mehr darum scheren, doch damals waren es vor allem ältere Besucherinnen, die den jungen Galeristen aufforderten: „Hängen Sie diesen Schweinkram wieder ab!“ Die Bilder blieben natürlich hängen und Michel hat den Grafiker Böttger heute noch in seinem Sortiment.
Neben seiner Galeristentätigkeit ist Gerd Michel immer auch künstlerisch tätig gewesen. In den Anfangszeiten waren es seine detailliert ausgearbeiteten „Schneckenbilder“ – Radierungen mit Würzburg-Motiven –, heute sind es großformatige Acrylbilder, für die er moderne Computertechnik einsetzt.
Kunstmarkt erholt
Während in den ersten Jahren der Galerie limitierte Lithografien und Radierungen eine wichtige Rolle spielten, brach dieser Markt wenige Jahre später völlig zusammen. Berühmte Künstler überschwemmten den Markt mit riesigen Auflagen und sogar Fälschungen, um das schnelle Geld zu machen. In gleichem Maße sank aber auch ihr Wert. Heute hat sich der Kunstmarkt nach Ansicht Michels wieder erholt. Es gehe nicht mehr so sehr darum, Kunstwerke ausschließlich als Wertanlage zu erwerben. Sondern viele Kunden wollten sich heute wieder dauerhaft mit etwas Schönem umgeben, sagt der Galerist.
Das Galeriejubiläum feiert Gerd Michel am kommenden Freitag, 13. September, in seinen Räumen in der Semmelstraße 42 beim 109. Afternetwork. Um 15 Uhr wird dort eine Ausstellung mit Zeichnungen und Aquarellen von Petra Rau eröffnet. Um 19 Uhr liest die Würzburger Autorin Ulrike Sosnitza aus ihrem neuen Roman „Ein Klick zu viel“ (siehe Artikel auf dieser Seite). Und für 20.30 Uhr ist eine musikalische Überraschung von und mit Peter Auffermann angekündigt.