Vor einer rekordverdächtigen Zuhörerkulisse hatte die Gemeinschaftsversammlung (GV) der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Röttingen über den bereits bei einer nichtöffentlichen Sitzung am 23. September 2019 beschlossenen Neubau der Grundschule (GS) erneut zu entscheiden. Im Vorfeld gab es sowohl in den vier Gemeindegremien von Bieberehren, Riedenheim, Röttingen und Tauberrettersheim als auch in der Bevölkerung wenig Verständnis für das damalige Vorgehen.
Eine sachliche Diskussion war kaum gegeben, da die Transparenz sehr zu wünschen übrig ließ. Ein für viele Bürger nicht nachvollziehbarer Beschluss vom 23. Juli 2019 hielt eine Beratung in den jeweiligen Gemeindegremien für nicht erforderlich. Erst die Neuwahl des Röttinger Bürgermeistes Hermann Gabel brachte so richtig Licht in die Angelegenheit der 40 Jahre alten Schule, die am Ende gar abgerissen werden sollte. Bereits bei der konstituierenden Sitzung der Gemeinschaftsversammlung stand das Projekt auf der Tagesordnung.
Am 22. April 2020, nur wenige Tage vor Ende der Amtszeiten, wurden in öffentlicher Sitzung der GV die bei der Vorstellung der Mängelliste wegweisenden Schritte zum Neubau beschlossen. Laut der bekannt gewordenen Generalsanierung der Schule würden Gesamtkosten von zwölf Millionen Euro plus x für unvorhergesehene Überraschungen anfallen. Ein Neubau würde ebenfalls zwölf Millionen Euro kosten. An Fördermitteln erwartete man bei einem Neubau 60 Prozent, allerdings nur aus den förderfähigen Kosten von rund acht Millionen Euro.
Acht Millionen Euro
Somit wären für die knapp über 4000 Einwohner der vier kleinen Kommunen immer noch acht Millionen zu stemmen. Gerade diese acht Millionen stellte der neue Gemeinschaftsvorsitzende Gabel in den Mittelpunkt. Beide Varianten, sowohl der Neubau, zwischenzeitlich vom Stuttgarter Architekturbüro auf 13,2 Millionen veranschlagt, da bisher keine Lüftung und derartige Preiserhöhungen eingeplant waren, aber auch eine Generalsanierung mit über zwölf Millionen Euro, seien nicht finanzierbar, so Bürgermeister Gabel.
Bei der Überprüfung der Mängelliste ging der Röttinger Rathauschef als Erstes den Brandschutz an, den vermeintlich kostenintensivsten Punkt. Bereits bei einem Ortstermin mit Kreisbrandrat Michael Reitzenstein konnte Teilentwarnung gegeben werden, denn diese Mängel, wie zweiter Rettungsweg, wurden bereits behoben, oder deren Beseitigung sei nur von geringem Aufwand. Bei der GV Sitzung am 2. September 2021 beschloss das Gremium, dass in den vier Gemeindegremien das Thema nochmals behandelt werden müsse, um dann eine endgültige Entscheidung zu treffen.
Die Ergebnisse wurden nun bei der jüngsten Sitzung zusammengetragen. So berichtet Karin Fries, Bürgermeisterin von Tauberrettersheim, dass ihr Gemeinderat sich einstimmig gegen einen Neubau beziehungsweise eine Generalsanierung ausgesprochen habe. Begründung: Man könne sich sonst in der Kommune in den nächsten Jahren nichts mehr leisten.
Schriftliche Bestätigung
Riedenheims Bürgermeister Edwin Fries teilte mit, dass sich seine Räte für einen Neubaustopp entschieden hätten. Es müsse jedoch ein klares Konzept für eine Instandsetzung mit Überprüfung von Fördermöglichkeiten erfolgen. Seine Zusage verknüpfte er auch mit dem Hinweis zu einer schriftlichen Bestätigung des Kreisbrandrats zur bereits mündlich zugesagten Gewährleistung des Brandschutzes.
Auch Bieberehrens Bürgermeister Engelbert Zobel informierte über das Votum des Rates gegen einen Neubau. Ebenso wie bereits Schulrat Kai Thoma bei der Stadtratssitzung am 20. September 2021 seine Meinung für die zahlreichen Vorteile des derzeitigen Gebäudes darlegte, wiederholte Simone Stachel, Leiterin der GS Röttingen, den stets vorgetragenen Wunsch zur Erhaltung der großzügigen Schule, die ein Neubau nicht ersetzen könne. Gabel ergänzte, dass sich das großzügige Bestandsgebäude bei seinen zahlreichen Schulangeboten gerade jetzt in der Coronapandemie hervorragend bewährt habe. Thoma betonte damals, dass der Schulstandort Röttingen nicht gefährdet sei.
Bei der Abstimmung entschieden sich alle Räte gegen den Neubau beziehungsweise die Generalsanierung und somit für eine Instandsetzung nach einem klaren Konzept. Als Vorbild soll dabei das rund zehn Jahre ältere Konzept der Creglinger Schule dienen, zu dem Bürgermeister Uwe Hehn bereits seine Unterstützung zusagte. Mit diesem Beschluss wurden zwar 770 000 Euro für bisherige Kosten in den Sand gesetzt, aber Millionen für einen Neubau gespart. Die Erleichterung über den Revidierungsbeschluss war sowohl im Gremium als auch unter den Zuhörern nicht zu überhören.
Grünes Licht gab es für den Antrag vom Kämmerer der VGem, Rainer Dollmann, den Überschuss der Grundschul-Photovoltaikanlage den Rücklagen zuzuführen.