Jugendsozialarbeit für die Grundschule? In Randersacker? Im Marktgemeinderat überwog Skepsis, bis Rektorin Ira Wolz die Begründung lieferte.
Das wollten die Marktgemeinderäte schon genauer wissen, schließlich würde die Marktgemeinde mit geschätzt 13.000 Euro an den Personal- und Sachkosten beteiligt sein. Und dann war da noch "die Hoffnung, dass in Randersacker die Welt noch in Ordnung ist", formulierte es Bürgermeister Michael Sedelmayer stellvertretend für etliche Marktgemeinderätinnen und -räte, denen beim Vortrag über die Aufgaben und Möglichkeiten der Schulsozialarbeit die Augen aufgingen.
So bestätigte Wolz wohl ein reges und vielfältiges Schul-, Vereins- und Sozialleben in der Gemeinde, welches auch die Kinder im Blick hat und dass man sich vergleichsweise auf einer Insel der Glückseligkeit befinde.
123 Kinder aus sechs Nationen
Gleichzeitig nannte sie die "veränderte Lebenswelt" der Kinder durch familiäre Situationen und die Corona-Pandemie als Herausforderungen für die Schule, die ihrem Selbstverständnis nach eine Grundschule für alle ortsansässigen Kinder sei, "egal mit welchem Begabungspotential welchen kulturellen, sozialen oder sprachlichen Hintergründen". 123 Kinder aus sechs Nationen gehen derzeit in Randersacker zur Schule, die voraussichtlich ab dem kommenden Schuljahr wieder acht Klassen haben wird.
Zweitklässler, mit Defiziten in der Sozialkompetenz, weil sie zwei Jahre keinen Kindergarten, keine Freizeitgruppen und keine erste Klasse besuchen konnten, Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Kinder mit Kriegstraumata benannte Wolz einige der Problemlagen, die sich zwischen Schulverweigerung und Gewaltneigungen ausdrückten – oder auch mangelndem Selbstwertgefühl.
Zu Hause fehlen häufig Regeln
Teils fehle es an Regeln oder es gebe andere Regeln zu Hause, die in der Schule nicht funktionierten. Wolz: "Schule kann die Defizite alleine nicht mehr abfedern. Konflikte sind mittlerweile unser täglich Brot". Gleichzeitig sei die Schule auch der beste Ort, den festgestellten Mangel an Teamgeist, Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit mit Gruppenprojekten und Einzelbetreuung der Jugendsozialarbeit entgegen zu treten. Sie arbeite mit Schülern, Eltern und Lehrern unterstützend und beratend zusammen, fungiere gerade für die Kinder auch als Vertrauensperson außerhalb des Lehrplanbetriebes und des Elternhauses.
Lange Wartezeiten und geringe Kapazitäten bei anderen potentiellen Ansprechpartnern wie Schulpsychologen und Sonderpädagogen seien zusätzliche Schwierigkeiten. Mit 20 Wochenstunden Jugendsozialarbeit sei dagegen frühzeitiges und nachhaltiges Arbeiten an den Problemen möglich. Laut Wolz nutzten bereits 22 Grundschulen im Landkreis, etwa zwei Drittel, die etablierte und evaluierte Arbeitsweise, die per Definition der Unterstützung, Förderung und Prävention diene. "Man tut es nicht für die Schule, dass die entlastet ist", war Wolz wichtig zu betonen, "sondern für die Familien und die Kinder".
Start im kommenden Schuljahr?
Wolz, die die Kofinanzierung der Marktgemeinde für die Antragstellung benötigt, ließ keine Frage offen und überzeugte. Die Beschlussvorlage muss zwar noch erstellt werden, doch bestand letztlich fraktionsübergreifend Einigkeit, wie Sedelmayer abschließend feststellte, dass das Angebot Jugendsozialarbeit auch für die Grundschule in Randersacker angenommen werden soll. Realistisch gesehen könnte sie im nächsten Schuljahr die Arbeit aufnehmen.