Trockenheit kann dem Trainingsplatz in Veitshöchheim nichts mehr anhaben. Die Sonne scheint mit aller Kraft auf den neuen Kunstrasen des Sportvereins in der Gemeinde im Landkreis Würzburg, doch bewässert wird der Fußballplatz nicht mehr. In den Jahren zuvor sah das anders aus, erinnert sich der Platzwart: "Uns ist alles verdorrt. Das Gras war stellenweise komplett weg. Mit Bewässerung kam ich kaum hinterher", sagt Peter Lampatzer. Fast fünf Millionen Liter Wasser waren in heißen Jahren notwendig, um die drei Sportplätze des Vereins künstlich zu beregnen. Auch deshalb haben sich die Vereinsmitglieder für eine wassersparende Alternative aus Plastik entschieden.
Viele Vereine in Unterfranken setzen weiterhin auf Naturrasen. Doch wer im Sommer nicht auf verbranntem Gras spielen will, kommt um Bewässerung nicht herum. Zwischen drei und fünf Liter pro Quadratmeter und Tag empfiehlt der Deutsche Fußballbund (DFB) in Trockenperioden. Bei Temperaturen um 30 Grad Celsius sollen Vereine sogar sechs bis acht Liter für die Beregnung einkalkulieren.
Teilweise werden auch Golf-, Tennis- und Reitplätze bewässert
Doch woher kommt das Wasser, das aus den Rasensprengern in Unterfranken spritzt? Offizielle Erhebungen über die Herkunft des Wassers gibt es nicht. Wer Wasser aus dem Boden, aus Flüssen oder Seen entnehmen will, braucht dafür eine Genehmigung von Behörden. Für eine gemeinsame Recherche haben Main-Post und Bayerischer Rundfunk bei allen Kreisverwaltungsbehörden in Unterfranken erfragt, wie viele Entnehmer Wasser aus Oberflächengewässern und dem Grundwasser abpumpen dürfen. Rund 120 Entnahmerechte in den Daten können dem Betrieb von Sportanlagen zugeordnet werden.
Allerdings gibt es in Unterfranken dem Bayerischen Fußballverband zufolge allein knapp 780 Fußballvereine. "Ungefähr ähnlich viele Spielstätten dürfte es geben", sagt Verbandssprecher Fabian Frühwirth. Und nicht nur der Rasen auf Fußballplätzen braucht Wasser. Um Sportlerinnen und Sportlern optimale Bedingungen zu ermöglichen, werden teilweise auch Golf-, Tennis- oder Reitplätze bewässert.
Sportanlagen durften 2022 rund 470.000 Kubikmeter Wasser entnehmen
Die in dem Datensatz verzeichneten Sportanlagen durften im Jahr 2022 zusammen rund 470.000 Kubikmeter Wasser aus Gewässern und dem Boden entnehmen. Zum Vergleich: Das ist fast so viel, wie im gleichen Zeitraum für öffentliche Anlagen wie Parks, Zierbrunnen und Friedhöfe genehmigt worden ist.
Von der genehmigten Entnahmemenge für Sportanlagen entfallen rund 96 Prozent auf Grundwasser, wie die Datenrecherche von Main-Post und Bayerischem Rundfunk ergab. Zwei Prozent macht das Wasser aus dem Main aus. Andere Oberflächengewässer und Entnahmen ohne genaue Zuordnung haben zusammen ebenfalls einen Anteil von zwei Prozent.
Wie viele Sportplätze mit Trinkwasser aus dem öffentlichen Leitungsnetz bewässert werden, weiß niemand. Denn dafür brauchen Sportvereine keine eigene Wasserentnahme-Genehmigung der Behörden. Dass es vielerorts gemacht wird, lässt sich nur erahnen. Im Dürresommer 2022 war das zum Beispiel in Schweinfurt der Fall. Mehrere städtische Sportplätze und auch der Rasen des Sachs-Stadions wurden mit Trinkwasser bewässert, wie eine Sprecherin damals mitgeteilt hat.
Veitshöchheimer Verein senkt Bedarf an Grundwasser für Sportplätze
Der Veitshöchheimer Sportverein darf Wasser aus dem Boden nutzen. Er hat eine Genehmigung, dass er bis zu 5000 Kubikmeter Grundwasser aus dem 100 Meter tiefen Brunnen auf dem Vereinsgelände pumpen darf. Jahr für Jahr – bis 2030. Dann muss das Entnahmerecht erneut beim Landratsamt Würzburg beantragt werden. "Irgendwann wird man uns das einstellen", sagt Peter Lampatzer, der auch Mitglied im Vorstand des Vereins ist.
Bewässerungsverbote gibt es in Bayern in trockenen Zeiten immer wieder. Zuständig hierfür sind die Kommunen, die das Verbot in begründeten Einzelfällen aussprechen dürfen. In Bad Königshofen (Lkr. Rhön-Grabfeld) kam das aufgrund der niedrigen Grundwasserstände in den vergangenen Jahren mehrmals vor. Auch die Bewässerung von Sportplätzen wurde dort eingeschränkt.
In heißen Sommern habe der Veitshöchheimer Verein die erlaubte Menge fast vollständig entnehmen müssen. "Wir verbrauchen jetzt schon deutlich weniger", sagt Lampatzer. Einer von drei Plätzen muss jedoch weiterhin bewässert werden, weil dort noch echtes Gras wächst. Genaue Zahlen hat er im ersten Sommer nach dem Umbau noch nicht.
Nicht alle Sportvereine halten sich an die Vorgaben der Behörden. "Bestimmte Gruppen müssen darauf hingewiesen werden, dass zu viel Wasserentnahme Konsequenzen hat", sagt Umweltamtsleiterin Edith Schulz vom Landratsamt Würzburg. Auf die Nachfrage, welche Gruppen sie damit meint, sagte sie vor einigen Wochen: "Zum Beispiel Sportvereine." Ein Sportverein im Landkreis habe 2022 mehr Wasser entnommen als ihm genehmigt war und sei dafür mit 1191 Euro bestraft worden.
Ein Ausreißer, wenn man Fabian Frühwirth vom Bayerischen Fußballverband fragt. "Der Nachhaltigkeitsgedanke ist bei den Vereinen angekommen", sagt er. Der Verband biete Seminare an, in denen Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen, wie man Fußballplätze wassersparend bewässern kann. "Das ist jetzt schon ein Thema und wird in den nächsten Jahren immer wichtiger", sagt er.
Auch deshalb unterstütze der Verband den Veitshöchheimer Verein beim Umbau des Sportplatzes. Rund 550.000 Euro hat der neue Trainingsplatz gekostet. Die Hälfte bezahlte der Verein, die andere Hälfte haben der Verband und die Gemeinde übernommen. Zusätzlich wurde auf einem benachbarten Kleinfeld ebenfalls Kunstrasen verlegt.
Positiver Nebeneffekt des künstlichen Rasens: Weniger Arbeit für Ehrenamtliche
Der künstliche Rasen spart nicht nur Wasser: "Düngen, mähen, Linien ziehen – das kostet alles auch Geld und Zeit", sagt Platzwart Lampatzer. Auch weil es tendenziell weniger ehrenamtliche Helferinnen und Helfer gebe, die solche Arbeiten übernehmen wollen, sei der Kunstrasen eine gute Investition für den Verein gewesen. Und auch Sportlerinnen und Sportlern seien mit den Eigenschaften des neuen Rasens sehr zufrieden.
Kunstrasen steht allerdings in der Kritik, weil die Spielflächen mit einer Mischung aus Sand und Plastikgranulat aufgefüllt werden. Die Europäische Kommission will sogenanntes Mikroplastik, kleine Kunststoffteilchen mit einem Durchmesser unter fünf Millimeter, verringern, weil es umweltschädlich ist. Doch es gibt eine Alternative: Kork statt Kunststoff. Das natürliche Material ersetzt vielerorts das umweltschädliche Plastik. Auch in Veitshöchheim hat man den natürlichen Rohstoff gewählt.
Manche Vereine bewässern auch Kunstrasen im Sommer – damit der Ball schneller rollt und die Temperatur der Spielfläche sinkt. "Da haben wir uns beraten lassen und dagegen entschieden", sagt Peter Lampatzer. Die 13 Rasensprenger des einstigen Naturrasens habe man nicht wieder eingebaut. "Einen schnellen Ball braucht man vielleicht in der Bundesliga, aber nicht auf unserem Niveau", sagt der 52-Jährige und schmunzelt. Die aktiven Herren des SV 1928 Veitshöchheim spielen in der Kreisklasse.
Auch die technischen Gadgets, die beim Duschen helfen sollen "Wasser zu sparen" halte ich für groben Unfug. Wenn ich unter der Dusche stehe, dann will ich da kein armseliges Getröpfel sondern eine veritable Sintflut, die mit Urgewalt auf mich niederprasselt.