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WÜRZBURG
Grüne Erfolge, grüne Niederlagen
Kündigen an, das geplante Volksbegehren gegen Flächenverbrauch in Bayern zu unterstützen: Richard Mergner (links) und Sebastian Schönauer vom Bund Naturschutz (BN) beim Jahresgespräch in Würzburg.
Foto: Patty Varasano | Kündigen an, das geplante Volksbegehren gegen Flächenverbrauch in Bayern zu unterstützen: Richard Mergner (links) und Sebastian Schönauer vom Bund Naturschutz (BN) beim Jahresgespräch in Würzburg.
Alice Natter
 |  aktualisiert: 26.02.2018 02:46 Uhr

Richard Mergner war mit dem Kopf halb in Leipzig. Mit dem Zug war der Landesbeauftragte des Bund Naturschutz (BN) am Donnerstagmorgen nach Würzburg gekommen, um „Grüne Bilanz 2017“ zu ziehen und vor der Presse aufs Jahr 2018 zu blicken. Und dass in Leipzig vor dem Bundesverwaltungsgericht zeitgleich über Diesel-Fahrverbote verhandelt wurde, verlieh dem Termin im feinstaubbelasteten Würzburg besondere Aktualität. „Wir brauchen ein Verbot für Dieselfahrzeuge, die Grenzwerte nur auf dem Papier einhalten“, wurde Mergner nicht müde zu wiederholen.

Als Nachfolger von Hubert Weiger im Gespräch

Der Diplomgeograf stammt aus dem Spessart, ist in Ruppertshütten aufgewachsen, seit 1990 beim Bund Naturschutz tätig, seit 2002 verantwortet er die fachliche Arbeit des ältesten und größten Umweltverbandes in Bayern. Mergner ist Verkehrsfachmann, verkehrspolitischer Sprecher – und dass er gerade als Nachfolger des langjährigen BN-Chefs Hubert Weiger im Gespräch ist, machte ihn am Donnerstag, als es um die Fahrverbote ging, nur zu einem noch gefragteren Ansprechpartner.

Weiger hat angekündigt, dass er nach 16 Jahren Amtszeit bei der Landesdelegiertenversammlung Ende April in Eichstätt nicht noch einmal kandidieren will. Der profilierte und umtriebige Umwelt- und Naturschützer will sich künftig auf seine Aufgabe als Vorsitzender des Dachverbandes Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) konzentrieren.

In Unterfranken sind die Mitgliederzuwächse doppelt so hoch

Für das Jahr 2017 ziehen alter und möglicher neuer BN-Vorsitzender „trotz mancher Rückschläge“ eine positive Bilanz. Mit rund 228 000 Mitgliedern und Förderern hat der Umweltverband den höchsten Mitgliederstand in seiner 105-jährigen Geschichte. „Ein Plus von 1,8 Prozent“, sagt der stellvertretende BN-Landesvorsitzende Sebastian Schönauer. Die Ehrenamtlichen hätten mehr als eine Million kostenloser Arbeitsstunden für den Schutz der Natur und für das Gemeinwohl geleistet. In Unterfranken war der Zuwachs besonders hoch: Aktuell hat der BN hier mehr als 23 600 Mitglieder – ein Anstieg von 3,6 Prozent. „Ein Indiz, dass zunehmend Mitbürger unsere Anliegen zu ihren eigenen machen“, sagt Helmut Schultheiß, der Regionalreferent für Unterfranken. „Vor allem junge Familien kommen.“ Stark nachgefragt seien vor allem die Umweltbildungsangebote: „Wir sind grüne Volkshochschule.“

„Freibrief für noch mehr Flächenverbrauch“

Die Rückschläge für Bayerns Natur? Für den BN sind das die Entscheidungen zur weiteren Zulassung von Glyphosat, zur Änderung des Alpenplans am Riedberger Horn und der drohende „Missbrauch“ des Landesentwicklungsprogramms. Ein „Freibrief für noch mehr Flächenverbrauch“, sagt Mergner. Wohl vergebens hat der Bund Naturschutz gegen die Ermöglichung von Gewerbegebieten in unbebauten Landschaften durch das neue Landesentwicklungsprogramm (LEP) protestiert. „Noch bevor die Neuregelung in Kraft tritt, beginnen in den ersten Gemeinden die Planungen für Gewerbegebiete auf der grünen Wiese“, sagt Mergner. Der BN fordere die bayerische Staatsregierung auf, die „geplante Demontage des LEP“ nicht zu beschließen.

„Die Aufweichung ist absurd, wenn der Ministerpräsident in spe sagt, man sei auch gegen Flächenfraß“, so Mergner Richtung Markus Söder. Der Landtag hatte die LEP-Gesetzesänderung im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht, jetzt muss sich das Kabinett noch einmal mit den Stellungnahmen befassen, bevor die Fortschreibung rechtskräftig wird. Das Gesetz würde Gemeinden ermöglichen, neue Gewerbeflächen auch abseits der bislang bebauten Gebiete zu erschließen – „zum Beispiel an allen Autobahnausfahrten in Bayern“, sagt BN-Vize Schönauer, der aus Rothenbuch im Spessart stammt.

Dritter Nationalpark? BN hält am Steigerwald fest

Und dann ist da noch die „unselige Geschichte“ dritter Nationalpark mit dem „Wackelkurs der Staatsregierung“. Wie der Streit um einen möglichen Nationalpark gerade im Spessart „die Leute verhetzt hat, das habe ich mir nicht vorstellen können“, sagt Mergner. Aufgegeben hat der BN das Thema nicht: „Wir halten am Steigerwald fest“, sagt Mergner. Er hoffe, dass Markus Söder, der sich zuletzt besonders zur Rhön skeptisch äußerte, in seiner Regierungserklärung „den Prozess nicht stoppt“ und dass „nach der Landtagswahl ein qualifizierter Suchprozess beginnt“.

Apropos Wahl: Mergner kündigt an, alle Kandidaten umweltpolitisch auf den Prüfstand stellen zu wollen: „Wie halten sie es mit dem Flächenschutz? Wie mit dem Energiesparen? Wollen sie einen dritten Nationalpark in Franken?“

Was den BN 2017 freute

. . . dass die 2016 von der Stadt Aschaffenburg im Obernauer Mainbogen geplante Ausweisung eines 40 Hektar großen Gewerbegebietes nach heftigen Protesten gestoppt wurde: Im neuen Flächennutzungsplan ist das Gebiet, Lebensraum seltener Arten und zugleich Naherholungsgebiet, nicht mehr enthalten.

. . . der Ankauf eines 3,5 Hektar großen Tagfalter-, Fledermaus- und Orchideenlebensraumes bei Schönarts durch die Kreisgruppe Main-Spessart

. . . die geglückte Auswilderung von Wildkatzen. Über speziell präparierte Lockstöcke wurden die Tiere inzwischen nicht nur im Spessart, sondern auch in den Landkreisen Miltenberg, im Odenwald, am Brönnhof bei Schweinfurt und im Gramschatzer Wald nachgewiesen.

. . . dass der Kardinal-Faulhaber-Platz jetzt durch den gewonnenen Bürgerentscheid von einer Parkfläche zum kleinen Stadtpark umgewandelt wurde. nat

 
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