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Würzburg
Gregor Heimburg: Ein streitbarer Jurist aus Würzburg im Kampf gegen die Kurie
Der Staatsvertrag zwischen der Krone Böhmen, dem Erzstift Mainz und dem Hochstift Würzburg von 1459, besiegelt von König Podiebrad. (Staatsarchiv Würzburg, WU 19/5a)
Foto: Ulrich Wagner | Der Staatsvertrag zwischen der Krone Böhmen, dem Erzstift Mainz und dem Hochstift Würzburg von 1459, besiegelt von König Podiebrad. (Staatsarchiv Würzburg, WU 19/5a)
Ulrich Wagner
 |  aktualisiert: 12.01.2024 03:04 Uhr

In der Würzburger Bischofschronik des Lorenz Fries, des großen mainfränkischen Chronisten des 16. Jahrhunderts, wird mehrfach auf den im Würzburger Umland reich begüterten Juristen Gregor Heimburg Bezug genommen. Heimburg, bekannt als exzellenter und gefürchteter Rechtsgelehrter, der insbesondere auf Prozesse gegen die Kurie spezialisiert war, stammte aus Schweinfurt, war verheiratet mit der Schwester eines Würzburger Domherrn und wohnte mit seiner Familie in Würzburg und Nürnberg. Er stand in Diensten verschiedenster Auftraggeber, unter anderem gewann er Prozesse für Würzburger und Mainzer Bischöfe sowie die Reichsstadt Nürnberg. In seinen späteren Jahren wirkte er als Rat des böhmischen Königs Podiebrad.

Wahl Podiebrads zum böhmischen König

Als am 23. November 1457 der böhmische und ungarische König Ladislaus Posthumus verstarb, wurde am 2. März 1458 Podiebrad, der hussitisch erzogen worden war, im Alter von 38 Jahren im Altstädter Rathaus in Prag zum König von Böhmen gewählt. Nach heimlichem Übertritt zum Katholizismus, der von den böhmischen Ständen gefordert wurde, konnte er 1459 gekrönt werden.

Pergamenturkunde des Papstes Paul II. vom 13. Juli 1466, in der er den neu gewählten Würzburger Bischof Rudolf von Scherenberg auffordert, Erbeinung und Bündnis mit dem Königreich Böhmen zu annullieren. (Staatsarchiv Würzburg, WU 19/5b)
Foto: Ulrich Wagner | Pergamenturkunde des Papstes Paul II. vom 13. Juli 1466, in der er den neu gewählten Würzburger Bischof Rudolf von Scherenberg auffordert, Erbeinung und Bündnis mit dem Königreich Böhmen zu annullieren.

Die Aufspaltung der böhmischen Bevölkerung in zwei Bekenntnisse ging quer durch alle Gesellschaftsschichten. Um eine friedliche Koexistenz zu gewährleisten, versuchte König Podiebrad, eine Regelung durch die sogenannten Kompaktaten, die Prager Artikel von 1420, zu finden. In diesen sollten das Abendmahl mit Kelch für Laien und Priester gleichberechtigt gelten, die Predigten in der Landessprache abgehalten und das Kirchengut säkularisiert, also der weltlichen Hand übergeben werden. Papst Pius II., Enea Silvio Piccolomini, der Podiebrad persönlich kannte, hoffte, den böhmischen König stärker in den Kampf gegen die auf dem Balkan bedrohlich vorrückenden Türken einbinden zu können. Allerdings geriet König Podiebrad intern in Bedrängnis.

Bruch mit der Kurie

Am 31. März 1462 verkündete der Papst, dass er die böhmische Obödienz, das heißt die Gehorsamspflicht der böhmischen Kirche, nicht annehme, solange Böhmen nicht auf die Kompaktaten verzichte. Diese erklärte er für erledigt und begründete dies mit der Gefahr für die Einheit der Kirche und den Frieden. So kam es vollends zum Bruch mit der Kurie.

In Böhmen und seinen Nebenländern brachen Unruhen aus, die nicht zuletzt die Position des "Hussitenkönigs" zu gefährden drohten. Pius II. eröffnete am 16. Juni 1464 den geistlichen Prozess und erklärte Podiebrad zum Ketzer. Am 23. Dezember 1466 verhängte der nachfolgende neue Papst Paul II. über den böhmischen König den Kirchenbann, den Ausschluss aus der Gemeinschaft der Kirche mit dem Verbot der Sakramente, und setzte ihn ab, später folgte der Bann über dessen Familie und dessen Anhänger.

Kurie attackiert Heimburg

Hier kam nun der Jurist Dr. Gregor Heimburg in Spiel. Im Dienst Böhmens verfasste ein Kompromiss-Manifest, in dem er die weltliche Herrschaftsanmaßung der Kurie anklagte. Ein Fürstenkongress und ein Konzil sollten die Streitpunkte ausräumen. Hierzu kam es nicht. Papst Paul II. ordnete ein verschärftes Vorgehen gegen Podiebrad und insbesondere dessen Berater Gregor Heimburg als Unterstützer des hussitischen Irrglaubens an. Auf päpstliche Weisung hin musste der Würzburger Bischof Rudolf von Scherenberg, der dem Juristen Heimburg gewogen war, am 31. August 1468 alle seine Güter und Besitzungen im Hochstift Würzburg, nämlich Grundstücke, Geldanlagen (Renten) und Rechtsansprüche, beschlagnahmen lassen, Jakob, der Sohn Gregors, wurde gefangen genommen, später jedoch wieder freigelassen.

Lorenz Fries schreibt, dass der Bischof angesichts der Verdienste Heimburgs um das Hochstift diesem Gebot nur ungern nachgekommen wäre. Der päpstliche Legat Lorenzo Roverella predigte in Würzburg öffentlich gegen den Juristen, unter anderem sollte Heimburg die christliche Kirche massiv beleidigt haben. Dieser verteidigte sich bei Bürgermeistern und Rat der Stadt Würzburg schriftlich gegen die Vorwürfe. König Podiebrad reagierte zügig: er entschädigte seinen Rat und Diener für den Verlust seiner fränkischen Besitzungen am 1. Juni 1469 mit einem Landsitz in der Nähe von Prag.

Aufhebung des Bündnisses gefordert

Lorenz Fries weist darauf hin, dass das Mißfallen des Papstes nicht daher rührte, dass Heimburg vom christlichen Glaubens abgewichen sei. Ursache sei vielmehr sein Dienst beim böhmischen König gewesen. Dabei hätten früher die Würzburger Bischöfe die böhmischen Herrscher besonders geschätzt und regelmäßig um sogenannte Einungen, das heiß Bündnisse auf gegenseitige Unterstützung, nachgesucht.

Eine solche Einung zwischen dem Hochstift Würzburg und dem Königreich Böhmen war 1459 von Podiebrad in Eger erneuert worden. Dies war Papst Paul II. bekannt und so erklärte er bereits 1466 diesen Staatsvertrag für ungültig. Er befahl dem Würzburger Bischof Rudolf von Scherenberg, diesen Vertrag, der mit einem offenkundigen Ketzer und skandalösen Menschen (notorio heretico et scandaloso homine) geschlossen worden sei, aufzuheben und zu vernichten. Die Urkunde hat sich allerdings im Staatsarchiv Würzburg erhalten.

Majestätssiegel des böhmischen Königs Podiebrad an der erneuerten Erbeinung vom 15. April 1459: Georg von Gottes Gnaden König von Böhmen, im Herzschild der doppelschwänzige, böhmische Löwe. Durchmesser 6,2 Zentimeter. (Staatsarchiv Würzburg, WU 19/5a)
Foto: Ulrich Wagner | Majestätssiegel des böhmischen Königs Podiebrad an der erneuerten Erbeinung vom 15. April 1459: Georg von Gottes Gnaden König von Böhmen, im Herzschild der doppelschwänzige, böhmische Löwe. Durchmesser 6,2 Zentimeter.

Freispruch Heimburgs vom Bann

Die Forschung ist sich nicht sicher, ob Scherenberg die Anweisung umsetzte. Festzustellen ist allerdings, dass im Winter 1470/71 auch im Würzburger Bistum Ablassgelder für einen Kreuzzug gegen Podiebrad gesammelt wurden. Am 22. März 1471 verstarb der böhmische König jedoch überraschend, ohne aus dem Bann gelöst zu sein. Nach dem Tod seines Förderers verließ Heimburg Prag und ging nach Dresden. Er suchte den Ausgleich mit der Kurie.

In der Tat wurde er am 19. März 1472 – nachdem er völligen Widerruf geleistet hatte – in Gegenwart der Herzöge Albrecht und Ernst in Dresden vom Banne gelöst. Bereits im August 1472 ereilte ihn jedoch, ohne seine Würzburger Besitzungen insgesamt wiedergewonnen zu haben, der Tod. Begraben wurde er in der Kirche des Dresdener Franziskanerklosters.

 
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