Der Feierabend ist gekommen. Durchs geöffnete Redaktionsstubenfenster sieht man blauen Himmel, die Vögel singen. Könnte das der richtige Abend für einen ausgedehnten Spaziergang durch den Ochsenfurter Forst sein? Besser mal die Wettervorhersage konsultieren, denkt sich der vorsichtige Kauz, der schon mehr als einmal unverhofft nass geworden ist, und ruft die entsprechende Internetseite auf. Und sieht was? Ein unheilverkündendes Ausrufezeichen in einem roten Dreieck. Gefahr! Wo soll die denn herkommen an einem so schönen Tag?
Die Wetterseite liefert eine Erklärung. Die Gefahr rührt daher, dass schönes Wetter ist. Wetter mit ungewohnt hohen UV-Werten. Und die Info geht noch weiter. Der geneigte Leser erfährt sogar, was er in einer derartigen Extremsituation unternehmen soll: mittags möglichst nicht für längere Zeit nach draußen gehen, und selbst im Schatten ein sonnendichtes Hemd, lange Hosen und einen Sombrero tragen. Und seine Haut mit Sonnencreme einkleistern.
Besser mal einen Südwester aufsetzen
So viel Service ist wirklich rührend. Wie wohl die Empfehlungen für einen Tag mit Starkregen lauten? "Tragen Sie unbedingt eine wasserdichte Jacke und eine Regenhose sowie Gummistiefel (mindestens kniehoch). Zum Schutz des Kopfes eignet sich ein Südwester. Im Freien trocknende Wäsche sollten Sie von der Leine nehmen und bei nicht vermeidbaren Autofahrten unbedingt den Scheibenwischer aktivieren."
Irgendwie scheint es, als ob es kaum noch eine Wetterlage gebe, die keine Empfehlungen für die persönliche Sicherheit eines jeden einzelnen auslöst. Wenn Nebel ist, wird vor Nebel gewarnt. Wenn der Wind weht, muss man Vorkehrungen gegen das Wehen des Windes treffen. Vielleicht empfindliche Pflanzen von der Terrasse holen oder das extra starke Haarspray auftragen (in vier Schichten) und kleine Hunde beim Gassigehen mit zwei Leinen gegen das Abheben sichern. Das einzige Wetter, das ohne Warnung auszukommen scheint, ist Windstille bei leicht bedecktem Himmel mit um die 18 Grad.
Vorsicht vor der Dunkelheit
Ich warte jetzt mal ab bis ungefähr elf Uhr abends und gucke dann nochmal auf die Wetter-Seite. Es sollte mich nicht wundern, wenn ich darauf hingewiesen würde, dass es draußen unter Umständen dunkel sein könnte. Und weiter dann vielleicht so: "Schalten Sie im Haus das Licht ein und nehmen Sie für Aktivitäten außerhalb geschlossener Räume eine Taschenlampe mit. Setzen Sie in jedem Fall Ihre Sonnenbrille ab."
Was, außer dem merkwürdigen Gefühl, dass eigentlich nichts unproblematisch ist, haben wir von solchen Hinweisen? Nun, zumindest die Erkenntnis, dass das Berufsbild des Wettertipp-Schreibers mit ziemlicher Sicherheit Zukunft hat.