Die ganze Welt ist voll von Angeboten, bei denen der kulinarisch Interessierte lernen kann, wie man kocht. Dünner gesät, aber eigentlich von viel größerer Bedeutung, sind Kurse, die einem verraten, wie man isst. Sie halten das für überflüssig? Sie meinen, nur weil Ihre Eltern Ihnen beigebracht haben, wie man Messer und Gabel hält, und dass die Suppe nicht laut geschlürft werden sollte, sind Sie in den Olymp der versierten Esser aufgestiegen?
Ich wage das jetzt mal zu bezweifeln. Die Kunst des Essens ist mit mehr Fallstricken verbunden, als Reiskörner ins Risotto wandern. Das geht schon beim Frühstück los. Zumindest für diejenigen, die Honig auf ihrem Brot bevorzugen. Das Honigbrot erfordert beim Verzehr die allerhöchste Aufmerksamkeit. Parallel dazu Zeitung lesen oder auf dem Handy daddeln ist nicht.
Katastrophengebiet Räucherfisch
Denn das Honigbrot muss ständig in perfekter Balance gehalten werden - widrigenfalls ist mit zäh dahin fließenden Honigspuren bis hinunter zum Ellbogen zu rechnen. Wer den Honig besonders dick aufträgt, ist gut beraten, das Brot maßvoll rotierend in ständiger Bewegung zu halten, um dem zum Glück recht trägen Aufstrich keine Möglichkeit zu lassen, sich für eine Seite zu entscheiden.
Oder das Katastrophengebiet Räucherfisch. Ich hatte gestern eine Makrele (im Ganzen). Mit Haut. Und Gräten. Das einzig Positive, das sich über diese Mahlzeit sagen lässt, ist, dass sie nicht in der Öffentlichkeit stattfand. Die wohlerzogenen Kollegen verkniffen sich jeden Kommentar zur dilettantisch mit der Kuchengabel durchgeführten Fisch-Obduktion und mit den Fingern zwischen den Zähnen hervor gezogenen Gräten.
Brei löst alle Probleme
Das geht aber noch viel schlimmer. In einem gut besuchten Restaurant zum Beispiel, wo gelegentlich verzweifelte Esser von frischen Forellen den ganzen Gräten-Kram einfach mit grimmiger Entschlossenheit zerkauen, weil sie nicht unangenehm auffallen wollen.
Das Böse kann aber auch in so harmlos daher kommenden Gerichten wie Penne in Tomatensoße lauern. Penne, doofe kurze und leider runde Nudeln, widersetzen sich nämlich gern der Aufspießung mit der Gabel. Die todesmutigen Versuche der Esser münden häufig im unabsichtlichen Abfeuern ölig-feuchter Nudelgeschosse, die unter der Gabel hervor flutschen. Am besten beraten ist noch derjenige, der die Größe besitzt, die Penne mit dem Löffel in den Mund zu schaufeln.
Da ich den VHS-Kurs "Unfallfreie Nahrungsaufnahme für Jedermann" leider noch nicht ausfindig machen konnte, kaufe ich mir vielleicht einen Pürierstab. Einfach alles zu Brei zerschreddern, Löffel her, auf geht's. Endlich Ruhe.