So, nun wissen wir es. Die eine Hälfte der Würzburger will, dass alles so bleibt wie es ist. Der anderen Hälfte geht es ganz geschmeidig am Allerwertesten vorbei, wer die Geschicke unserer Stadt lenkt.
Nun könnten wir natürlich über diese Ignoranz lamentieren. Das tun wir aber nicht, weil wir es mit dem Schriftsteller Wilhelm Raabe halten, der in seinem Roman „Horacker“ feststellt hat, dass „durch albernes Geheule nie was in der Welt gebessert“ wird. Wir verkneifen es uns auch, den wahlfaulen Würzburgern mitzuteilen, dass in anderen Ländern Menschen ihr Leben riskieren, um frei wählen zu dürfen. Schließlich wissen wir, dass es Spinat verschmähenden Kindern völlig wurscht ist, dass in Indien viele ihrer Altersgenossen verhungern.
Lieber richten wir unseren Blick auf die virtuelle Welt. Im sozialen Netzwerk Facebook sind fast 30 Millionen Deutsche unterwegs. Sie signieren Petitionen für die „Kastration von Kinderschändern“ und das „lebenslange Wegsperren von Tierquälern“. Sie beteiligen sich, sofern es ein iPad oder eine Spielkonsole zu gewinnen gibt, an der Wahl des „niedlichsten Babys“, der „schönsten Katze“ und des „besten Sportwagens“. Sie wissen, was Journalisten, Ärzte, Lehrer und Richter alles falsch machen und dass Autos der Marke BMW zwingend tiefer gelegt werden müssen. Sie fordern den Stopp sämtlicher Entwicklungshilfe-Projekte, Einreiseverbote für Arme und die Abschaffung der Europäischen Union.
Bestimmt sind unter diesen meinungs- und entscheidungsfreudigen Millionen auch ein paar wahlfaule Würzburger. Bestimmt könnte man sie via Facebook und mit der Verlosung eines Smartphones an die Wahlurnen locken. Aber vielleicht ist es auch gar nicht so schlecht, wenn manche Leute nicht wählen.