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Giselas heile Welt: Szenen einer Ehe
Giselas heile Welt:  Von Lidl lernen       -  _
Gisela Schmidt
Gisela Schmidt
 |  aktualisiert: 12.05.2015 18:56 Uhr

Das mit dem Muttertag ist so eine Sache. Wenn die Brut noch klein ist, muss Mama sich über mit von klebriger Kinderhand belegten Tortenböden aus dem Supermarkt freuen, hat sie erwachsene Kinder, wird sie, egal ob hungrig oder nicht, zum Essen in ein von Leidensgenossinnen überquellendes Restaurant gekarrt und in Windeseile abgefüttert, weil der Nachwuchs ja schließlich ja noch was anderes vorhat.

Ich mache das anders. Als Entschädigung für die potthässlichen Deckchen, die ich meiner armen Mutter mit ungelenker Kinderhand gehäkelt habe, koche ich seit vielen Jahren am Muttertag für sie. Natürlich darf sie zu der Einladung auch einen Herrn ihrer Wahl mitbringen. Sie entscheidet sich regelmäßig für meinen Vater. Das aber nur nebenbei.

„Meine Eltern kommen heute Abend zum Essen“, erzähle ich dem Mann an meiner Seite beim Sonntagsfrühstück, „es gibt Spargel, neue Kartoffeln und Schinken“. Dann teile ich ihm mit, dass ich das Edelgemüse schon beim Bauern habe schälen lassen und er nur die Kartoffeln enthäuten muss, weil mein von einer Sehnenscheidenentzündung geplagter rechter Arm sich im Streik befindet.

Misstrauisch schaut er in den Kartoffelkorb. „Die haben ja den Durchmesser einer Zwei-Euro-Münze“, protestiert er, „gab es keine größeren?“ „Doch“, antworte ich, „aber diese hier waren die einzigen neuen“. Unter unüberhörbaren Klagelauten macht er sich daran, 1,5 Kilo mallorquinische Kartoffeln mit einem von Tante Rita geerbten Sparschäler von ihrer Haus zu befreien. Die Tante war fast 90, als sie starb, den Schäler hat sie zur Hochzeit bekommen. „Nimm doch das scharfe, kleine, lila Messerchen“, schlage ich meinem Liebsten vor. „Nein“, sagt er, weil er leiden will.

Eine Dreiviertelstunde später sind alle Kartöffelchen nackt. Ich koche sie und den Spargel, ich drapiere den Schinken auf einer Platte, ich bereite eine Spargelsuppe zu, polnische Butter und ein aufwändiges Dessert, ich packe das Muttertagsgeschenk ein, dekoriere den Esstisch . . .

Mutter und Vater treffen ein, freuen sich am Anblick der Tafel und der dampfenden Schüsseln. „Die Kartoffeln habe ich geschält“, sagt der Mann an meiner Seite und strahlt meine Mutter an, „mit einem ganz stumpfen Kartoffelschäler“. Mutter ist entzückt. „Du bist der beste Schwiegersohn der Welt“, sagt sie.

 
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