Es gibt ein paar Dinge, die ich einfach nicht kapiere. Mathematische Gleichungen unterschiedlichen Schweregrades gehören ebenso dazu wie die Fotosynthese. Es wird mir auch immer ein Rätsel bleiben, wie meine E-Mails den Weg in mein Smartphone finden, welche Funktion das dünne Kabel hinten links im Motorraum meines Wagens hat und warum Auto fahrende Männer nie Passanten nach dem Weg fragen.
Das ist allerdings alles nicht wirklich schlimm, weil ich im Lauf meines Lebens gelernt habe, dass man nicht alles wissen muss. Dennoch gibt es ein Phänomen, das ich zu gerne ergründet hätte.
Vor ein paar Wochen habe ich versehentlich unseren Gelben Sack am Mittwoch auf die Straße gestellt, obwohl die Stadtreiniger die Dinger alle zwei Wochen montags abholen. Das mit leeren Joghurt-Bechern, Waschmittel-Kanistern und Hundefutterdosen gefüllte Teil lehnte nicht lang allein an einer Straßenlaterne. In zwei Stunden hatte es Gesellschaft von diversen prallen Nachbarsäcken.
Dann kam der Mann an meiner Seite, profunder Kenner des Würzburger Abfallkalenders, nach Hause. „Warum steht unser Plastikmüll auf der Straße?“, fragte er. „Der wird doch morgen abgeholt“, sagte ich. „Nein“, sagte er streng, „erst am kommenden Montag“. Dann begab er sich nach draußen, um das Teil wieder rein zu holen. Merkwürdigerweise setzte dieser Vorgang keinen gruppendynamischen Prozess in Gang: Die anderen Säcke blieben stehen bis zum Montag.
Auch wenn mich die Royalisten und die Apple-Jünger jetzt hassen: Eine Erklärung für das Ausbleiben der Gruppendynamik in diesem Fall würde mich deutlich mehr interessieren als das neue Londoner Königskind und die Apple Watch zusammen.