
Früher ging man zum Arzt, wenn man krank war. Heute konsultiert man Facebook. Besonders an langen, verregneten Wochenenden schlagen hier Massen von Fotos auf mit Pusteln an allen möglichen Körperteilen, Schnittverletzungen, Verbrühungen und anderen Unappetitlichkeiten.
„Mein Katze had mich gebisen“, schreibt da ein Stubentiger-Halter, der zu dem überproportional hohen Prozentsatz der Nutzer des sozialen Netzwerks gehört, der mit der Rechtschreibung auf Kriegsfuß steht. „Das dut sauwe. was soll ich tuhn?“ Garniert ist der Text mit dem Bild eines bläulich-roten, kurz vor der Explosion stehenden Zeigefingers.
Die Ratschläge der omni-kompetenten Facebook-Gemeinde sind vielfältig. Während die Pessimisten dem Verletzten einen baldigen und qualvollen Tod prophezeien, raten die Optimisten zu Spülungen der Wunde wahlweise mit Waschbenzin oder Kamillentee. Dann werden homöopathische Globuli empfohlen. Es folgen Tipps zur Anwendung diverser verschreibungspflichtiger Medikamente. Begründung: „Mein Kuseng hat sein Finger in ner Leiter geklemmt und des hat geholfen.
“ Ein besonders hilfsbereiter Facebook-User bietet sogar an, das unter das Betäubungsmittelgesetz fallende Medikament Fentanyl höchstselbst vorbei zu bringen: „Das ist so Flaster. Wenn du echt Schmerzen hast helft das voll. Hab ich noch von mein Opa. Is abgelaufen aber kannste noch nehmen.“ Ganz am Schluss treten diejenigen auf den Plan, die mutmaßen, dass der Mann seine Katze geärgert und deshalb den Biss verdient habe.
Nicht nur die menschlichen, auch die Leiden der Tierwelt werden bei Facebook dokumentiert. „Mein Hund hat kahle Stellen in Fell und leckt sich Foten blutig“, schreibt eine Hundebesitzerin, garniert ihren Text mit dem Foto eines traurigen Collies und will von den bei Facebook in höherer Dichte als sonst wo auf der Welt vorkommenden Experten wissen, was Bello wohl hat.
Die Diagnosen reichen von „Grasmilben“ und „Allergie gegen Getreide im Futter“ über „Räude“, „Flöhe“, „Pilz“, „Schilddrüsenunterfunktion“, „Schilddrüsenüberfunktion“ bis zu „Cushing-Syndrom“ und natürlich „Krebs“. Es folgt eine lange Liste von Salben und Tinkturen, Globuli und Futterempfehlungen und eine weitere der Tierärzte, zu denen der Hundebesitzer auf keinen Fall gehen soll, weil sie nichts taugen. Es sind alle im Umkreis von 100 Kilometern um Würzburg.
Was wir daraus lernen? Krankheit 2.0 findet im Internet statt und ist von jedem halbwegs gutwilligen Laien heilbar. Ein beruhigendes Gefühl.