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Würzburg
Giftige Chemikalien in Böden und Gewässern?
Vor allem durch Löschschaum von Feuerwehren wurden sie verbreitet: Krankmachende Chemikalien, die Böden und Gewässer belasten - auch in Unterfranken. Die SPD macht mobil.
Ein Feuerwehrmann läuft durch eine Decke aus Löschschaum. Über Jahren enthielt er giftige Chemikalien, die sich in Böden und teilweise im Grundwasser ablagerten.
Foto: Jan-Philipp Strobel, dpa | Ein Feuerwehrmann läuft durch eine Decke aus Löschschaum. Über Jahren enthielt er giftige Chemikalien, die sich in Böden und teilweise im Grundwasser ablagerten.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 27.04.2023 08:58 Uhr

Möglicherweise krebsfördernde Chemikalien belasten an mehr Orten in Bayern den Boden oder das Grundwasser als bislang angenommen. Dies geht aus der Antwort einer Anfrage der SPD-Landtagsfraktion an das Umweltministerium hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Demnach sind neben Industriestandorten und Bundeswehrstützpunkten auch aktive wie ehemalige Gebiete des US-Militärs von der Belastung mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) betroffen. Ebenfalls nachgewiesen wurde PFC in den Flüssen Maisach und Moosach. Insgesamt sind 25 Standorte bekannt, teilweise soll deren Umgebung belastet sein.

Verdacht: krebsfördernd und negativ für Fruchtbarkeit

PFC ist ein schwer abbaubarer Stoff und steht im Verdacht, krebsfördernd zu sein. Neben Hoden- und Nierenkrebs wurde laut Umweltbundesamt unter anderem ein Zusammenhang zu Erkrankungen des Darms und der Schilddrüse nachgewiesen. Außerdem stünden einige PFC im Verdacht, die Fruchtbarkeit negativ zu beeinflussen. Über den Boden können die Chemikalien in Grundwasser und Lebensmittel und schließlich in den Körper gelangen.

Für Unterfranken hat das Umweltministerium bereits im April eine PFC-Belastung für den Nordteil des Flugplatzes Giebelstadt (Lkr. Würzburg) bestätigt. Der SPD-Abgeordnete Florian von Brunn hatte sich nach der Altlastengefahr an bayerischen Bundeswehrstandorten erkundigt - auch an den ehemaligen.

Einsatz von PFC-haltigem Löschschaum bei Feuerwehrübungen

Betroffen von der PFC-Belastung sind vor allem Militärflughäfen.  Dies liegt laut Bayerischem Landesamt für Umwelt (LfU) am langjährigen Einsatz von PFC-haltigen Löschschäumen bei Übungen von Werks- und Flughafenfeuerwehren. Bei modernen Löschmitteln wird heute auf die Verwendung von PFC verzichtet. Gravierende Altlasten sind auch am Nürnberger Flughafen Albrecht Dürer dokumentiert. Hier läuft die Sanierung seit vier Jahren. Laut Umweltministerium handelt es sich um den einzigen PFC-verseuchten Zivilflughafen in Bayern.

Das LfU hatte bereits vor einem Jahr bayernweit 23 Standorte mit PFC-Kontamination im Boden bzw. mit Verdacht darauf benannt, ein Teil davon befand sich bereits in der Sanierung. Außer Giebelstadt listete das LfU damals keine weiteren Problemfälle in Unter- und Oberfranken auf.

Auch im Main zu hohe Werte gemessen

Stark betroffen ist dagegen der Raum Ingolstadt mit seinen Raffinerien sowie das Chemiedreieck in Südostbayern. Im Landkreis Altötting war durch den langjährigen Einsatz in der Chemieindustrie Perfluoroctansäure (PFOA), eine der PFC-Säuren, in Böden und ins Trinkwasser gelangt. Dies löste heftige Proteste der Bevölkerung aus und alarmierte die Politik. 

Seit 2006 untersucht das Landesamt die PFC-Werte im Boden, seit 2007 im Grundwasser - erst seit 2015 in Fließgewässern. Danach ist auch der Main Belastungen ausgesetzt: Bei der Überprüfung 2015/16 wurde an der Messstelle in Erlabrunn (Lkr. Würzburg) der Grenzwert für die Belastung mit Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) in Höhe von 0,65 Nanogramm pro Liter mit einem Wert von 2,83 deutlich überschritten. Im oberfränkischen Hallstadt bei Bamberg wurden 2,03 Nanogramm gemessen. Diese Belastungen hatte das Umweltministerium bereits im Februar 2018 auf Anfrage einiger SPD-Abgeordneter mitgeteilt.

Kommune verlagt Bund wegen Militärflugplatz

Aus Angst vor der giftigen Chemikalie auf dem Gelände des Militärflugplatzes Manching (Lkr. Pfaffenhofen an der Ilm) hat die dortige Kommune Klage gegen die Bundesrepublik eingereicht, bei der es um Schadenersatzansprüche wegen PFC-Belastung geht. Bewohner von Manching fürchten nicht nur um ihre Gesundheit, sondern auch um eine Wertminderung ihrer Grundstücke. Im Juni hatten Behörden zudem davor gewarnt, Fische aus umliegenden Gewässern des Flughafens zu essen.

Michael Weichenrieder, Vorsitzender der Bürgerinitiative PFC Flugplatz Manching, und Schriftführerin Gudrun Lemle mit einem Plakat der Bürgerinitiative am Bach 'Westenhausener Ach'. In Westenhausen dürfen die Bürger bis 2032 ihre Pflanzen wegen der PFC-Belastung nicht mit Grundwasser gießen, etwa aus Brunnen.
Foto: Nadja Tausche, dpa | Michael Weichenrieder, Vorsitzender der Bürgerinitiative PFC Flugplatz Manching, und Schriftführerin Gudrun Lemle mit einem Plakat der Bürgerinitiative am Bach "Westenhausener Ach".

Die Landtags-SPD fordert Grenzwerte für PFC in Lebensmitteln. Bisher gebe es zwar Empfehlungen der EU, wie viel der Chemikalien pro Woche maximal aufgenommen werden sollten, es sei jedoch schwer, aus den gefundenen Mengen in Böden und Wasser genaue Rückschlüsse auf Lebensmittel zu ziehen, sagte SPD-Verbraucherschützer von Brunn. Er sieht die Staatsregierung in der Pflicht und fordert eine flächendeckende Überprüfung von PFC-Werten in Lebensmitteln. Weil die maximale Aufnahmemenge vom Körpergewicht abhänge, seien Kinder besonders von PFC-belastetem Essen betroffen. (mit Material von dpa)

 
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  • Mainheini
    Gehts noch? Jetzt ist die Feuerwehr Krebsverursacher? Was ist besser: Im Auto verbrennen oder ein paar Chemikalien mehr im Wasser? Außerdem werden diese Stoffe schon lange nicht mehr eingesetzt. Aber die reißerische Überschrift mit dem Feuerwehrbild suggeriert etwas anderes.
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